Polizisten kommen in die Hotel-Lobby, um Ladislav Koubek des Hotels zu verweisen.
International

Synodaler Prozess in Prag: Warum die Polizei einen Missbrauchsbetroffenen und LGBTQ-Aktivisten abführt

Am ersten Sitzungstag der Europa-Synode ruft Kardinal Jean-Claude Hollerich zur Inklusion auf. Kurz darauf erscheinen sechs Polizisten in Schutzausrüstung. Der Grund: Der LGBTQ-Aktivist Ladislav Koubek verteilt in der Hotel-Lobby Flyer. Er will, dass LGBTQ und Missbrauchsopfer in der tschechischen Kirche endlich gehört werden. Er ist beides.

Annalena Müller

«Die Kirche muss allen Menschen Zugang zu Christus bringen, ob sie unseren moralischen Ansprüchen genügen oder nicht. Ob sie uns gefallen oder ob sie uns nicht gefallen. Gott ist grösser als unser menschliches Herz.» So beendet Kardinal Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, Jesuit und Papst-Vertrauter, seine Predigt am Montagmorgen.

Ablehnung und Schweigen

Nur eine Stunde später verweisen sechs bewaffnete Polizisten einen Mann des Tagungshotels. Er hatte Zettel an die Delegierten verteilt, auf denen er seine Geschichte erzählt. Eine Geschichte voller institutioneller Ablehnung.

Ladislav Koubek (42) lebt mit seinem Partner in Prag und ist Vater eines zweijährigen Sohnes. In der Vergangenheit hat er sich immer wieder hilfesuchend an die Kirche gewandt. Dort sei er nur auf Ablehnung und Schweigen gestossen, erzählt er im Gespräch mit kath.ch. 

Priester will das Kind nicht taufen

Als er sich seiner Homosexualität bewusst wird, sagen ihm Priester, dass er sich heilen lasse solle. Oder sie ignorieren ihn. Vor drei Jahren kontaktiert Koubek den Bischof von Brünn. Er erzählt ihm von dem Missbrauch, den er als Teenager durch einen Mitarbeiter der örtlichen Kirche erfahren hat. Der Bischof sei empathisch gewesen, habe aber nichts unternommen, sagt Koubek. 

Ladislav Koubek (rechts), sein Partner und ihr Sohn.
Ladislav Koubek (rechts), sein Partner und ihr Sohn.

Als vor zwei Jahren Koubeks Sohn geboren wird, wollen die beiden Väter das Baby taufen lassen. Das Datum steht schon fest. Aber am Tag der Geburt habe der Priester das schwule Paar öffentlich in der Messe verurteilt und angekündigt, den Jungen nicht taufen zu lassen. Den beiden Vätern sagt er nichts. Kurz darauf muss Koubek, der 20 Jahre lang Organist in Velká Bíteš war, die Schlüssel zur Kirche abgeben. Der junge Vater sei hier nicht mehr erwünscht. 

Den Glauben verloren, aber er will für andere kämpfen

Diese Erfahrungen haben Koubek tief verletzt. Im Interview mit kath.ch sagt er, dass er darüber seinen Glauben verloren habe. Dennoch will er kämpfen. Anderen soll es nicht so ergehen wie ihm.

Aber die tschechische Kirche will, dass Leute wie Koubek schweigen. Es waren ihre örtlichen Repräsentanten, die die Polizei gerufen haben. Im Tagungssaal fragt der deutsche Bischof Georg Bätzing, wo die Betroffenen von Missbrauch und Machtmissbrauch seien. Draussen teilen die Polizisten Koubek mit, er dürfe das Tagungshotel nicht mehr betreten.

6.2.2023, 20.30 Uhr: Wir haben den letzten Abschnitt ergänzt.


Polizisten kommen in die Hotel-Lobby, um Ladislav Koubek des Hotels zu verweisen. | © Raphael Rauch
6. Februar 2023 | 15:38
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!