Trauer um Gerfried Hunold.
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Trauer um den grossen Moraltheologen Gerfried Hunold

Wer sich in der Theologie mit dem Thema Identität auseinandersetzte, kam an Gerfried Werner Hunold nicht vorbei. Er war ein Schüler des Glarner Moraltheologen Franz Böckle und hätte dessen Nachfolger in Bonn werden sollen. Doch Hunold blieb lieber in Tübingen, wo er Generationen von Studierenden geprägt hat. Der Franziskaner ist am Montag im Alter von 84 Jahren gestorben. 

Raphael Rauch

Laut dem Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn, Jochen Sautermeister, ist Gerfried Hunold am frühen Montagmorgen nach schwerer Krankheit in Tübingen gestorben. Auch wenn Hunolds Name mit der Uni Tübingen verbunden ist, gibt es auch einen Bezug zur Bonner Fakultät. Hunold arbeitete von 1967 bis 1970 als Assistent des Glarner Moraltheologen Franz Böckle an der Uni Bonn. 

Er sollte Böckles Nachfolger in Bonn werden

Hunold wurde 1981 dann Professor für Moraltheologie in Tübingen. 1986 erhielt er einen Ruf auf den Bonner Lehrstuhl als Nachfolger von Franz Böckle, den er jedoch ablehnte. Er war unter anderem Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Moraltheologie. 2003 wurde er in Tübingen emeritiert.

Er stammte aus Glarus und lehrte in Bonn: Franz Böckle, römisch-katholischer Moraltheologe.
Er stammte aus Glarus und lehrte in Bonn: Franz Böckle, römisch-katholischer Moraltheologe.

«Gerfried Hunold hat massgeblich zur Weiterentwicklung und Erneuerung der Moraltheologie beigetragen, indem er sie für das interdisziplinäre Gespräch mit den Human-, Sozial- und Kulturwissenschaften öffnete», sagt Jochen Sautermeister zu kath.ch. «Seine theologisch-ethischen Arbeiten zur Identität und zum moralischen Subjekt sind bis heute wegweisend. Sein Stil und seine Haltung des Moraltheologie-Treibens in der Medizin- und Bioethik, in der Beziehungs- und Persönlichkeitsethik, in der Medienethik oder in der interkulturellen Ethik wirken bis heute weiter.»

Menschen waren ihm wichtiger als Bücher

Der Dekan der Bonner Fakultät ist überzeugt: Hunolds Ethik atme «eine Lebensfreundlichkeit, Weite und Hoffnung, die nichts an ihrer Aktualität verloren hat. Aus seinem grossen Schülerkreis ist international eine beträchtliche Zahl an Professoren und eine Professorin erwachsen.»

Jochen Sautermeister ist Moraltheologe und Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn.
Jochen Sautermeister ist Moraltheologe und Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn.

Für Jochen Sautermeister steht fest: «Es bleibt die Dankbarkeit für und die dankbare Erinnerung an einen beeindruckenden Menschen und grossen Moraltheologen.» Und: «Gerfried Hunold hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es nicht die Moraltheologie gibt, sondern Menschen, die Moraltheologie treiben.»

Und der Bonner Dekan verweist auf einen autobiografischen Text, den Hunold mit den Worten beendet: «Was ich, rückblickend gesehen, vermittelt habe, lebt nicht zwischen Buchdeckeln.»


Trauer um Gerfried Hunold. | © kath.ch
15. November 2022 | 00:01
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