Alle am Projekt beteiligten im Laudato-Si Garten des Klosters Fahr
Schweiz

Das Kloster Fahr bekommt eine benediktinische WG und einen Bio-Hof

Die Baugerüste auf dem Klosterareal stehen schon. Die neuen Wohnungen in der ehemaligen Bäuerinnenschule sind bereits vergeben. Das nächste Kapitel in der 900-jährigen Geschichte des Benediktinerinnen-Klosters hat mit der Projektpräsentation offiziell begonnen.

Eva Meienberg

Es regnet in Strömen. In der alten Trotte des Klosters Fahr stehen die geladenen Gäste dicht an dicht. Zum ersten Mal seien alle am Projekt beteiligten anwesend, sagt Priorin Irene Gassmann. Es geht um das grosse Umnutzungsprojekt des Klosters Fahr.

Priorin Irene Gassmann begrüsst die geladenen Gäste in der Trotte in Fahr
Priorin Irene Gassmann begrüsst die geladenen Gäste in der Trotte in Fahr

Betroffen ist das Gebäude der ehemaligen Landwirtschaftsschule, das neben der eigentlichen Klosteranlage steht. Während 1944 und 2013 haben dort tausende Frauen die sogenannte Bäuerinnenschule besucht.

Projekte, die den Ort weiterentwickeln

Auch der Landwirtschaftsbetrieb und das Restaurant «Zu den zwei Raben», das bereits saniert wird, gehört zum erweiterten Klosterbetrieb. 2017 lancierte die Klostergemeinschaft eine öffentliche Ausschreibung. Gesucht waren Projekte, um den Ort weiter zu entwickeln. Vor allem sollte die Klostergemeinschaft entlastet werden, sagt Priorin Irene Gassmann. Wie in vielen Klöstern haben auch die Benediktinerinnen in Fahr ein hohes Durchschnittsalter und wenig Nachwuchs.

26 Projekte wurden eingereicht. «Das Kloster ist eine spirituelle Oase. Alles, was hier geschieht, soll auf christlichen Werten basieren», sagt Priorin Irene Gassmann. Die christlich-ethische Pensionskasse Prosperita bekam mit ihrem Wohnprojekt ‘Erfahrbar’ den Zuschlag. Die Fahr-Erlebnis AG machte das Rennen um die Pacht des Gastro- und Landwirtschaftsbetriebes.

Die Projektverantwortlichen in der ehemaligen Turnhalle der landwirtschaftlichen Schule Fahr
Die Projektverantwortlichen in der ehemaligen Turnhalle der landwirtschaftlichen Schule Fahr

Die Projektbeteiligten haben einen langen Atem gebraucht, denn das Kloster steht an der Kantonsgrenze von Kanton Zürich und Aargau. Damit sind Vertreterinnen und Vertreter beider Kantone und der Denkmalschutz beteiligt. Auch die Zonenverordnungen machten die Planung komplex. Joel Blunier, Geschäftsführer der Pensionskasse Prosperita, lobt umso mehr das Wohlwollen aller Beteiligten.

Rendite erwirtschaften und Gutes tun

Peter Augsburger, Stiftungsratspräsident der Pensionskasse Prosperita, freut sich über das Projekt, «das genau auf der Linie der Pensionskasse» liege. Es gehe ihnen nicht nur, aber natürlich auch um die Rendite bei diesem Projekt. Mit den Investitionen könnten sie etwas Gutes tun und eine Rendite für ihre über 6000 Versicherten erzielen.

Thomas Benz von der Fahr-Erlebnis-AG ist ganz aufgeregt, erst vor einer halben Stunde hat er den Pachtvertrag für die Gastronomie unterschrieben. Sein Bruder Andreas Benz, der Betriebsleiter der Landwirtschaft, komme etwas später, er sei gerade nochmals Vater geworden.

Biologisch und partizipativ

Andreas Benz hat vor zwei Jahren den Hof interimistisch übernommen. Ab 1. Januar 2023 wird er den Hof auf biologische Landwirtschaft umstellen. Chemisch-synthetische Hilfsstoffe und genetisch veränderte Produkte dürfen dann nicht mehr verwendet werden.

Andreas Benz, Betriebsleiter der Landwirtschaft Kloster Fahr
Andreas Benz, Betriebsleiter der Landwirtschaft Kloster Fahr

«Ich möchte, dass sich auf unserem Hof Produzenten und Konsumenten treffen», sagt Andreas Benz. Am besten im Hofladen, wo es die hofeigenen und weitere regionale Produkte zu kaufen gibt. Die putzigen Hasen vor dem Kuhstall und der alte Holzwagen mit Kürbissen täuschen darüber hinweg, dass der landwirtschaftliche Betrieb über 47 Hektaren Land, Wein- und Obstplantagen verfügt.

Die Fahr-Erlebnis AG bietet Kurse und Seminare an: Bier brauen, Schnitzen mit dem Sackmesser, Weinseminar. Nicht vorgesehen ist die aktive Mitarbeit der zukünftigen Bewohnenden des Wohnprojekts ‘Erfahrbar’.

Wohnungen schon vergeben

Julia Neuenschwander ist die Präsidentin des Vereins. In der ehemaligen Landwirtschaftsschule entstehen 16 Neubauwohnungen für das Wohnprojekt. Auf der Baustelle sind die Einzelzimmer für die sechseinhalb Zimmer-Clusterwohnung mit gemeinsamer Küche im obersten Stock schon gebaut. Hier turnten früher die zukünftigen Bäuerinnen.

Die Wohnungen haben zwischen zweieinhalb und fünfeinhalb Zimmer. Der Mietzins sei marktüblich im mittleren Bereich. Genauer will Julia Neuenschwander nicht werden. Muss sie auch nicht, die Wohnungen sind bereits vergeben.

Julia und Ueli Neuenschwander, Vorstand des Vereins 'Erfahrbar', vor ihrem zukünftigen Zuhause
Julia und Ueli Neuenschwander, Vorstand des Vereins 'Erfahrbar', vor ihrem zukünftigen Zuhause

Zwei Appartements stünden Menschen in Not zur Verfügung, die für eine begrenzte Zeit dort eine Bleibe finden können. Ansonsten werden die Wohnungen als Gästewohnungen gebraucht.

Die Idee für das Projekt hatte das Ehepaar Julia und Ueli Neuenschwander zusammen mit zwei befreundeten Ehepaaren, mit denen sie in einer Hausgemeinschaft wohnten. Diese wollten sie erweitern, weil sie «eine Sehnsucht nach mehr» hatten, sagt Julia Neuenschwander. Mehr bedeute: Gott im Alltag suchen, nachhaltig und einfach leben. So wie die Schwestern im Kloster Fahr, wo Julia Neuenschwander oft hinkommt, um zu beten. «Die Benediktinerinnen sind unsere Vorbilder.»

Benediktinisches Wohnprojekt

Das Wohnprojekt entpuppt sich als Hybrid: Ein bisschen selbstverwaltete Baugenossenschaft, ohne dass Genossenschafterinnen und Genossenschafter die Immobilie besitzen. Leben einer benediktinischen Spiritualität, ohne aber eine Kommunität zu sein. Sie seien auch keine Kommune, betont Julia Neuenschwander an ihrer Präsentation in der Kapelle des Kloster Fahrs. Dennoch wollen sie teilen, was möglich ist: Autos, Haushaltgeräte, Dienstleistungen.

Wichtig ist dem Vorstand des Vereins ‘Erfahrbar’, dass die Bewohnenden sich in ihren Kirchgemeinden engagieren. Auch die Teilnahme an lokalen Vereinen ist erwünscht. Einmal in der Woche sollen die Bewohnenden gemeinsam essen, einmal die Woche gemeinsam beten. Wie genau ist noch unklar. Julia Neuenschwander sagt, sie wollten gemeinsam mit den Bewohnenden bestimmen, wie ihre Vision umgesetzt werden soll.


Alle am Projekt beteiligten im Laudato-Si Garten des Klosters Fahr | © Eva Meienberg
24. September 2022 | 20:02
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!