Für das Moskauer Patriarchat sind die Beziehungen zum Vatikan eingefroren.
Story der Woche

Bibbern beim Beten: Wie kalt wird es in den Kirchen im Winter?

Der Winter könnte ungemütlich werden – auch für die Kirchen. Nach zwei Corona-Jahren droht wegen der Energiekrise jetzt eine Advents- und Weihnachtszeit mit kalten Gotteshäusern. Doch ganz ohne Wärme geht’s nicht.

Wolfgang Holz

Kann man das Vaterunser in einem kalten Gotteshaus beten? Womöglich mit dem Atemhauch vor dem Gesicht und eingehüllt in eine dicke Wolldecke?

Knappe und teure Energie

Es gibt verschiedene Schreckensszenarien angesichts der Energiekrise, die im Winter nicht nur private Gebäude betreffen wird. Auch die Kirchen, vor allem Gotteshäuser mit grossem Innenvolumen, müssen sich überlegen, wie sie mit der teuren und knappen Energie umgehen wollen.

Laut Expertinnen und Experten brauchen Kirchen lang, bis sie entsprechend beheizt sind. Da ist zum einen die Basistemperatur von durchschnittlich acht bis zwölf Grad im Winter. Und auf der anderen Seite ist da die Nutzungstemperatur: In vielen Kirchen wird die Temperatur zu den Sonntagsgottesdiensten einmal pro Woche auf 12 bis 15 Grad hochgefahren – vielfach ein enormer Aufwand.

Wie kalt wird es diesen Winter beim Gottesdienst?: Pfarrkirche St. Hilarius in Näfels.
Wie kalt wird es diesen Winter beim Gottesdienst?: Pfarrkirche St. Hilarius in Näfels.

Kirchen haben ein sehr träges Temperaturverhalten: Messungen haben gezeigt, dass massives, altes Mauerwerk durchaus zehn Stunden Zeit braucht, um nur ein Grad wärmer zu werden. Demgegenüber kommen andere Kirchen seit Jahrhunderten ohne Beheizung aus. Erst in den vergangenen 70 Jahren wurden Heizungen als Standard eingebaut. Und viele Kirchen sind energetisch nicht entsprechend saniert.

«Schon die Reduktion um ein Grad Celsius ermöglicht ein Energiesparpotential von rund zehn Prozent.»

Milena Hartmann, Umweltbeauftragte oeku-Kirchen für die Umwelt

14 bis 16 Grad Celsius

Milena Hartmann, Umweltbeauftragte von «oeku – Kirchen für die Umwelt», rät Kirchgemeinden, die Heizung so einzustellen, dass die Innentemperatur während der Gottesdienste maximal 14 bis 16 Grad erreicht – und auf der Empore maximal 18 Grad: «Schon die Reduktion um ein Grad Celsius ermöglicht ein Energiesparpotential von rund zehn Prozent.»

Wenn die Steuerung von Sitzbankheizungen es ermöglicht, so kann gezielt nur der vordere Bereich im Kirchenschiff beheizt werden. Dabei solle nicht vergessen werden, die Kirchenbesuchenden entsprechend darüber zu informieren, sagt Milena Hartmann.

Problem Orgel

Ein Problem sei die Orgel. «Um die Orgel zu schonen, sollte die relative Feuchte im Raum nur langsam verändert werden», so Milena Hartmann. Daher dürfe die Temperaturänderung im Kirchenraum 1,0 bis 1,5 Grad pro Stunde nicht überschreiten.» Die relative Luftfeuchtigkeit sollte während der Heizperiode zwischen 45 und 70 Prozent betragen. Dauerhaftes Überheizen der Kirche könne wegen zu tiefer Luftfeuchtigkeit zu Schäden an Orgel und an Kunstwerken führen.

Orgeln brauchen zwischen 40 und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit.
Orgeln brauchen zwischen 40 und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit.

So manche Kirchgemeinde steckt momentan mitten in den Überlegungen, welches Energiesparkonzept in der Heizperiode umgesetzt wird. So auch die katholische Pfarrei St. Martin in Baar, die über ein grosses und stattliches Gotteshaus mit wunderschönen Barockornamenten verfügt.

«Wichtig ist für uns jedoch eine konstante Temperatur wegen den Kulturgütern in der Kirche.»

Stefan Doppmann, Kirchenschreiber Baar

Kein Extra-Pullover

«Es gibt zum Energiemanagement noch keine konkreten Entscheidungen», sagt Kirchenschreiber Stefan Doppmann. Die Heizung könnte niedriger eingestellt werden. «Wichtig ist für uns jedoch eine konstante Temperatur wegen den Kulturgütern in der Kirche.» Dass die Gläubigen einen Extra-Pullover für den Besuch des Gottesdiensts anziehen müssen, davon geht Doppmann nicht aus: «Die meisten kommen ja schon im Mantel in die Kirche.»

Sakristan Ueli Hotz bestätigt, dass in Baar bislang eine konstante Temperatur in der St. Martins-Kirche herrsche. «Die Kirche ist in der Vergangenheit während des ganzen Winters über wegen den wertvollen Fresken beheizt gewesen, zwischen 16 und 17 Grad warm. Wenn es draussen kälter oder wärmer ist, passt ein Thermostat automatisch die Innentemperatur in der Kirche an.»

Fixpunkt in Baar: Die grosse St. Martinskirche an der Dorfstrasse.
Fixpunkt in Baar: Die grosse St. Martinskirche an der Dorfstrasse.

Die Luftfeuchtigkeit kann Hotz wegen der Orgel im Winter nicht speziell regulieren. Im Sommer lüfte er durch das Öffnen der Fenster den Innenraum: «Unsere Orgel ist elektrisch-pneumatisch und hochwertig.»

Gottesdienst im Pfarreizentrum?

Und was ist, wenn es doch sibirisch kalt wird diesen Winter, und die Gotteshäuser mangels knapper und teurer Energie stark auskühlen? «Dann gibt es immer noch die Möglichkeit, Gottesdienste in kleineren Räumlichkeiten in den Pfarreizentren abzuhalten», empfiehlt Kevin Ischi, Projektleiter für Nachhaltigkeit der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.


Für das Moskauer Patriarchat sind die Beziehungen zum Vatikan eingefroren. | © pixabay
9. September 2022 | 05:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!