Not von Frauen für ausländerfeindliche Haltung missbraucht

Bern/Luzern, 22.1.16 (kath.ch) «Sexuelle Gewalt ist sexuelle Gewalt und sie ist abscheulich.» Mit Blick auf die aktuelle Debatte um die sexuellen Übergriffe auf Frauen in Köln in der Silvesternacht melden sich zwei engagierte kirchliche Frauenorganisationen zu Wort. Ihre Kritik an der aktuellen Diskussion: Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist nichts Neues. Es sei aber auch bedenklich, wenn ein solches Ereignis noch zur Hetze gegen Ausländer verwendet werde.

Die öffentliche Gewalt gegen Frauen sei kein Novum, schreiben die Interessengemeinschaft Feministischer Theologinnen und die Frauenkirche Zentralschweiz in einer gemeinsamen Stellungnahme, auch wenn «Medien, Politik und öffentliche Meinung» dies nach den Vorfällen von Köln so vermitteln wollten. Dass junge, meist alkoholisierte Männer sich in Gruppen zusammentun und Frauen sexuell belästigten, finde auf der ganzen Welt statt.

Sexuelle Gewalt ist alltäglich

Die aktuelle Debatte um die Übergriffe in Köln «vernebelt die Tatsache, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen ein alltägliches Phänomen ist, das sich zum weitaus grössten Teil im nahen sozialen Umfeld» ereigne, heisst es in der von Doris Strahm und Regula Grünenfelder unterzeichneten Stellungnahme weiter. In einer «nach wie vor weitgehend patriarchalen Welt» zeige sich die Macht der Männer häufig in sexualisierter Gewalt gegen Frauen und das auch im Freundes- und Familienkreis.

Hart ins Gericht gehen die Organisationen aber auch mit der Art und Weise der Auslegung der Vorfälle in Köln. Hier würden sexuelle Gewalt mit Fragen der Migration vermischt und passe so «nur zu gut in die allgemeine Ausländerfeindlichkeit, die durch die Durchsetzungsinitiative derzeit nochmals so richtig angeheizt werde», schreiben die Interessengemeinschaft Feministische Theologinnen und die Frauenkirche Zentralschweiz.

Zwei Mal doppelt Leidtragende

Auf diese Weise würde eine – wir die Organisationen schreiben längst überfällige – öffentliche Debatte über sexuelle Gewalt gegen Frauen für die «Hetzte gegen Ausländer und Fremde» instrumentalisiert. Die Leidtragenden seien so die Frauen, die unter den erfolgten Übergriffen zu leiden haben, und «deren Not für ausländerfeindliche Propaganda» missbraucht werde. Leidtragende seien aber auch die Migranten, Menschen die hier Schutz suchen und durch die Art und Weise wie die Diskussion aktuell geführt werde «unter Generalverdacht» stehen würden.

So machen die beiden Organisationen in ihrer Stellungnahme denn klar, dass sexuelle Gewalt in jedem Fall in aller Schärfe zu verurteilen ist, «unabhängig davon, welche kulturelle Herkunft oder welche Religionszugehörigkeit» ein Täter habe. Die Stellungnahme schliesst denn auch mit einem doppelten Aufruf: «Sagen wir Nein zu jeder Form von sexueller Gewalt! Sagen wir Nein zu jeder Form von fremdenfeindlicher Hetze!» (ms)

IG Feministische Theologinnen Deutschschweiz-Liechtenstein

Frauenkirche Zentralschweiz

Kirchlicher Aufruf gegen Gewalt am Kölner Dom | © Georges Scherrer
22. Januar 2016 | 10:11
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Frauenrechtlerin wünscht sich Köln als sichere Modellstadt

Die deutsche Frauenrechtlerin Monika Hauser wünscht sich Köln nach den Übergriffen in der Silvesternacht als europäisches Modellprojekt «sichere Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Mädchen». Kölns Bürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) könne federführend vorangehen, sagte die Gründerin der Organisation «medica mondiale«, die traumatisierte Frauen hilft, der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» von Freitag, 22. Januar.

Die Partnerorganisation Olkah führe in Indien seit dem vergangenen Jahr ein solches Projekt durch. Dazu gehöre eine Regelfinanzierung für die Anlaufstellen von betroffenen Frauen, eine bessere Umsetzung der Gesetze, eine gut ausgebildete Polizei und ein Verbot sexistischer Werbung. Eine breite Debatte «könnte die Ereignisse der Silvesternacht auch die traurige, aber ganz grosse Chance eröffnen, dass Frauen künftig besser geschützt werden», sagte Hauser. (kna)