Nach Römer Synode-Vorbereitungstreffen: Bischof Gmür wünscht vertiefte theologische Diskussionen

Solothurn/Rom, 29.5.15 (kath.ch) Rund vier Monate vor Beginn der Bischofssynode zur Familie im Vatikan nehmen die Vorbereitungen Fahrt auf. Offizielle und weniger offizielle Vorbereitungstreffen sorgen für Gesprächsstoff. Ein offizielles Treffen fand diese Woche statt. An einem internationalen theologischen Studientag in Rom nahmen aus der Schweiz die Bischöfe Jean-Marie Lovey (Sitten) und Felix Gmür (Basel) teil.

Thomas Jansen / Georges Scherrer

Lovey nimmt im Herbst für die Schweiz an der Familiensynode teil. Gmür vertrat an der Studientagung am Montag, 25. Mai, den Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz, den St. Galler Bischof Markus Büchel. Gmür betonte nach seiner Rückkehr in die Schweiz gegenüber kath.ch, dass es vertiefte theologische Diskussionen brauche, damit die Synode etwas Neues sagen könne. «Vielversprechend ist, dass Diskussionen in einem offenen Geist geführt werden können», erklärte er weiter. Zu konkreten Inhalten des Treffens äusserte er sich nicht.

Manche Medien witterten in der Begegnung von Montag ein «Geheimtreffen» progressiver Kräfte zur Absprache einer gemeinsamen Strategie für die Synode. Am Treffen nahmen Bischöfe, Theologen und Kurienmitarbeiter aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz teil. Veranstalter dieses «Studientags zur Bischofssynode» an der Päpstlichen Universität Gregoriana waren die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der drei Länder. Zwei von ihnen, Kardinal Reinhard Marx und sein französisches Pendant, Erzbischof Georges Pontier von Marseille, waren dazu nach Rom gereist.

Hohe Erwartungen erreichen «Konzilsniveau»

Die Veranstaltung mit dem Titel «die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute» sollte nach Aussage der Veranstalter einer «theologischen Vertiefung» der Synodenthemen dienen. Hier gebe es erheblichen Nachholbedarf. Die Erwartungen an die Synode hätten mittlerweile «Konzilsniveau» erreicht. Die theologische Debatte halte einem Vergleich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) jedoch bislang nicht stand, sagte ein Teilnehmer. Grund dafür sei auch, dass es – anders als beim Konzil – keine theologischen Kommissionen als beratende Organe gebe.

Spekulationen über das Treffen wurden auch dadurch genährt, dass die Deutsche Bischofskonferenz erst am Dienstag in einer Pressemitteilung über den Studientag informierte. Die vortragenden Theologen – unter ihnen eine Ratzinger-Preisträgerin und ein Ex-Mitglied der Internationalen Theologenkommission des Vatikans – seien dem progressiven Lager zuzuordnen, war in einem italienischen Bericht zu lesen. Andere Medien behaupteten, nur wenige Mitglieder der betroffenen Bischofskonferenzen seien überhaupt informiert worden.

Gesamte Verkündigung einbeziehen

Auf dem Programm standen sechs theologische Vorträge, die anschliessend im Plenum debattiert wurden. Hierbei ging es um Ehe und Sexualität aus biblischer, moraltheologischer und dogmatischer Sicht. Es wurde betont, dass Jesu Worte zu Ehe und Ehescheidung nicht isoliert betrachtet werden dürfen und stets vor dem Hintergrund seiner gesamten Verkündigung und der Tradition der Kirche zu deuten seien.

Mehrere Teilnehmer merkten an, der Begriff des Sakraments müsse mit Blick auf die Ehe noch vertieft werden. Es wurde als Mangel gewertet, dass sich die Theologie und vor allem das Kirchenrecht bislang einseitig auf den Eheschluss konzentriere. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass das Eherecht de facto immer noch sehr von dem mittlerweile überholten Modell der Ehe als Vertrag geprägt sei, und zu wenig von der Definition der Ehe als Lebens- und Liebesgemeinschaft, wie sie seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil üblich und auch im Kirchenrecht von 1983 grundsätzlich enthalten sei.

Suche nach der neuen Theologie

Es fehle eine «Theologie der Liebe», die Sexualität als Ausdruck der Liebe begreife und eine «Theologie der Biografie», in der die Verantwortung des Einzelnen für seinen Lebensentwurf ernst genommen werde. Eine solche theologische Aktualisierung eröffne auch neue Möglichkeiten etwa im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen.

Mit Blick auf die Bischofssynode wurde die Einschätzung geäussert, dass der Papst wohl kaum zwei Bischofsversammlungen zu diesem Thema angesetzt hätte, wenn er alles beim Alten lassen wolle. Es dürfe allerdings nicht um eine Anpassung an den Zeitgeist gehen, sondern um eine Entwicklung der bestehenden kirchlichen Lehre zu Familie, Ehe und Sexualität. Eine solche Entwicklung habe es in der Kirchengeschichte immer wieder gegeben.

Papst Franziskus hat für 2015 zu einer Bischofssynode eingeladen. Vom 4. bis 25. Oktober trifft die XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode unter dem Thema «Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute» in Rom zusammen. (gs)

Felix Gmür, Bischof von Basel | © Sylvia Stam
29. Mai 2015 | 17:04
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