Generalvikar Josef Annen: «Weniger am PC, näher bei den Menschen sein»

Zürich, 23.5.15 (kath.ch) Unter dem Titel «Weite, Nähe, Tiefe» formuliert Josef Annen, Generalvikar für die Kantone Zürich und Glarus, Ideen, die zur Förderung des kirchlichen Lebens beitragen können. Das Schreiben richtet sich als Pfingstbrief an alle Seelsorgenden im genannten Gebiet. Annen sieht seine Gedanken als Anregung zum Dialog und bittet explizit um Rückmeldungen.

Unter dem Stichwort «Weite» stellt der Generalvikar fest, dass die Welt zu einem globalen Dorf geworden sei und Menschen aus verschiedenen Ländern zu unseren Nachbarn. Er leitet daraus verschiedene Handlungsmöglichkeiten für  kirchliche Mitarbeiter ab, so nennt er etwa die Solidarität mit Flüchtlingen im Gebet oder Herausforderungen durch die Migrantenpastoral, wenn es darum geht, kirchliche Räume zu teilen. Auch den 16 christlichen Gemeinden aus byzantinischer und altorientalischer Tradition sollen vermehrt die Türen geöffnet werden, findet Annen.

Im Dialog mit Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik ortet der Generalvikar «mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit, als wir ahnen». Und im Hinblick auf das Reformationsgedenken der kommenden Jahre fragt er, ob dieses nicht «Anlass zu gemeinsamen Projekten» sein könnte.

Junge Leute sind laut

Das zweite Stichwort seines Pfingstbriefes lautet «Nähe». Seelsorgenden müsse es ein Herzensanliegen sein, «weniger am PC zu sitzen und mehr bei den Menschen zu sein». Kirchen und Pfarreiräume sollten Orte des Willkommens sein, auch wenn junge Leute gerne laut seien und Anderssprachige sich oft anders verhielten als Einheimische. «Doch lieber verkratzte Kirchenbänke als leere, lieber verbrauchte Räume als geschlossene», schreibt Annen, dessen Worte an den Satz von Papst Franziskus erinnern, dem eine verbeulte Kirche lieber ist als eine aufgrund ihrer Verschlossenheit kranke, wie er in Evangelii Gaudium schreibt.

Annen plädiert ausserdem für eine faire Streitkultur auch unter Mitarbeitenden der Kirche. Denn «wo Konflikte verdrängt werden, entwickeln sie ein zerstörerisches Potential.»

Kritischer Blick auf Liturgie

Unter dem letzten Stichwort, der «Tiefe», greift Annen die von Papst Franziskus benannte Gefahr auf, dass der Glaube im Pragmatismus des kirchlichen Alltags verloren gehen kann. Annen sucht in der Folge nach Orten, wo der Hunger nach Spiritualität gestillt werden kann und hinterfragt dabei auch die Liturgie kritisch: «Sind unsere Gottesdienste zu wortlastig? (…) Gibt es Momente der Stille und Zeiten des persönlichen Verweilens vor Gott?» Er ruft dazu auf, die vielfältigen Formen der Liturgie zu entdecken und nennt dabei auch ökumenische Formen von Segensfeiern oder Meditationen, wo auch Laien ein weites Betätigungsfeld hätten.

Wichtig ist ihm, dass Seelsorgende «selber als Suchende auf dem Weg bleiben». Ausdruck davon sei unter anderem deren Präsenz in Sonntagsgottesdiensten. «Es widerspricht dem gemeinsamen Unterwegssein als Volk Gottes, wenn hauptamtlich angestellte Seelsorger und Seelsorgerinnen nicht regelmässig am Sonntagsgottesdienst teilnehmen», so Annen, der damit zu einem authentischen Leben aufruft.

In seinem Vorwort zum Pfingstbrief hält Annen fest, dass es sich bei den formulierten Impulsen um Anregungen handle: «Der Brief lädt zum Dialog ein.» Der Generalvikar bittet die Seelsorger explizit um Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge. (sys)

Pfingstbrief von Generalvikar Josef Annen.

23. Mai 2015 | 17:06
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