Sr. Rut-Maria Buschor löffelt ein Eis
Schweiz

400 Jahre Frauenkloster Sarnen: «Geschlossenes Kloster mitten in der Welt»

Sarnen OW, 31.8.15 (kath.ch) Seit 400 Jahren besteht das Benediktinerinnenkloster St. Andreas in Sarnen. Dass es dieses Jubiläum feiern kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Mit einem Openair-Gottesdienst und einem Tag der offenen Tür wurde am Sonntag, 30. August, seiner bewegten Geschichte gedacht.

Schnellen Schrittes laufen die Gäste vorbei an einem grossen Plakat, das an die Stirnseite des Klosters angebracht wurde. «Dankä Obwaldä» steht dort in grossen Lettern. Es ist das Motto des Jubiläumsjahres, und das Motto zieht sich auch wie ein roter Faden durch diesen Tag. Mehrere hundert Leute haben im Innenhof des Klosters auf den Bänken Platz genommen. Es ist ein Bild, das es hier in den 400 Jahren so noch nicht gab. Gekommen sind Mitglieder der Pfarrei Sarnen, Freunde und ehemalige Novizinnen des Klosters St. Andreas. Bernhard Willi, Pfarrer von Sarnen, bezeichnet das Kloster Sarnen als «geschlossenes Kloster, das dennoch mitten in der Welt ist.»

Redner erinnern an die bewegte Geschichte des Klosters Sarnen: An die Behörden und die Bevölkerung von Obwalden, welche 1615 die Übersiedlung von Engelberg in den Kantonshauptort ermöglichten. Sie erinnern an den jahrzehntelangen Einsatz der Schwestern in den Schulen Sarnens, für den sie jeweils einen bescheidenen Lohn erhielten. Unter den Anwesenden sind viele ehemalige Schüler, die noch Alt-Äbtissin Schwester Martina Martina Naef als Lehrerin erlebt haben. Die weitum geachtete Frau kann an diesem Tag viele Hände schütteln. Nicht fehlen dürfen auch die Schilderungen jenes 22. Augusts 2005, als die Schwestern um 4.30 Uhr vom Sirenenklang hochschreckten und in der Brünigstrasse die ersten Schlauchboote auftauchten. Es war der Beginn des Jahrhunderthochwassers in Sarnen mit schlimmen Folgen für das Kloster.

Welle der Solidarität

In der Klosterküche werden im Minutentakt Pilzragout-Portionen verteilt. Eilig werden sie den Gästen im grossen Speisesaal serviert. Dort, wo die Schwestern ansonsten schweigend an ihren Tischen speisen und Bibelstellen oder der Benediktregel lauschen, herrscht an diesem Sonntag ein fröhliches Palaver. Die Schwestern sitzen vergnügt mitten unter ihren Gästen. Ein seltener Anblick für ein ansonsten geschlossenes Kloster. Immer wieder bedanken sich die Schwestern bei Gästen für ihre Unterstützung während des Hochwassers. Ohne die Welle von Solidarität und Spenden unter anderem durch Stiftungen könnten sie heute diesen Openair-Gottesdienst nicht feiern, wären sie nicht mehr hier. Diese Gewissheit hat alle Beteiligten näher zusammen rücken lassen. Aus dieser Gewissheit heraus wurde 2014 auch der «Freundeskreis Frauenkloster Sarnen» gegründet, der die Beziehungen nochmals intensiviert hat.

Im Saal sitzen viele Personen, die mit diesem Kloster frühe Kindheitserinnerung verbinden. So wie Romy Addor aus Köniz. Alt-Äbtissin Martina Naef ist ihre Tante mütterlicherseits. Der Blick hinter die Klosterfassaden ist für sie eine völlig neue Erfahrung: «Ich kannte das Kloster bislang meist nur von aussen, und wenn ich meine Tante sprechen konnte, war sie hinter einer Art Gitter zu sehen.» Romy Addor freut sich über den Openair-Gottesdienst, weil er für sie die Offenheit der Schwestern signalisiert. Sie glaubt, dass man den Leuten durch solche Anlässe positive, interessante und vielleicht auch überraschende Seiten des Klosterlebens zeigen kann.

Sarner Jesuskind gerettet

Während draussen Eltern ihren Kindern die Zwerggeissen, Hühner und Katzen zeigen, die seit dem Hochwasser 2005 auf dem weitläufigen Gelände leben, führt im Klosterinnern Rut-Maria Buschor durch die einzelnen Räumlichkeiten. Die junge Ordensfrau, die oft mit fliegendem Habit unterwegs ist, agiert im Kloster als Sekretärin, Ansprechpartnerin für Denkmalschützer und Führerin in Personalunion. Mit ihrer frischen Art gewinnt sie auch an diesem Tag die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer sofort. Sie führt sie auch in den Kulturgüterraum, in dem die wichtigsten Textilien- und Musikaliensammlung der Schweiz zu sehen sind. In lebhaften Worten schildert Sr. Rut, wie sich während des Hochwassers Ölbilder in Einzelteile auflösten, wertvolle Bibeln aufquollen und Textilien verdreckten. Ungläubiges Staunen herrscht noch immer beim Anblick der wieder hergestellten Gegenstände. Wie durch ein Wunder blieb auch das Sarner Jesuskind erhalten, jene 50 Zentimeter hohe gotische Holzfigur aus dem 14. Jahrhundert, die von vielen Gläubigen verehrt wird und das Kloster Sarnen zu einem Wallfahrtsort machen.

Rut-Maria Buschor sagt: «Die Solidarität vieler Menschen mit diesem Kloster über die Jahrhunderte hinweg gab den Schwestern hier stets den Mut und die Zuversicht, ihr Gebet und ihre Arbeit weiterzuführen. Da ist auch heute noch so.» (vr)

Hnweis: Bilder zu diesem Beitrag sind direkt bei der Autorin zu beziehen unter: info@veraruettimann.com

Sr. Rut-Maria Buschor löffelt ein Eis |© Vera Rüttimann
31. August 2015 | 16:00
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