Das ehemalige Kloster Fontevraud
Schweiz

Zwölf eigenwillige Töchter Gottes: Pétronille von Fontevraud gewann gegen zwei Bischöfe

Frauen haben in der Geschichte der Kirche und des Glaubens seit jeher mitgemischt. Sie waren Apostelinnen, Klostergründerinnen, Befreierinnen und Philosophinnen. Sie haben Grenzen ausgetestet und diese (bewusst) übertreten. kath.ch stellt zwölf Beispiele vor. Heute: Pétronille von Fontevraud, die sich mit den Bischöfen anlegte.

Annalena Müller*

1115 wurde Pétronille de Chemillé die erste Äbtissin von Fontevraud. Der Äbtissin zum strengen Gehorsam verpflichtet waren nicht nur die Nonnen, sondern auch die Kanoniker des schnell wachsenden Ordens. Pétronille, die dem westfranzösischen Adel entstammte, war eine begnadete Politikerin, welche die Interessen ihrer Ordensgemeinschaft auch gegen vermeintlich mächtigere Gegner durchzusetzen wusste. 

Ein Hungerstreik setzt den Bischof unter Druck

Ihren ersten grossen Machtkampf focht Pétronille mit Bischof Leger aus, dem Bischof von Bourges. In dessen Diözese verstarb der Gründer von Fontevraud, Robert von Arbrissel, im Februar 1116. Robert wurde bereits zu Lebzeiten als Heiliger verehrt. 

Zwölf eigenwillige Frauen.
Zwölf eigenwillige Frauen.

Bischof Leger, wohl auf Pilgerströme hoffend, wollte dessen Überführung nach Fontevraud verhindern und verweigerte die Herausgabe des Leichnams. Pétronille trat daraufhin mit den örtlichen Nonnen von Orsan in einen Hungerstreik. Die Frauen zogen in einer Prozession im Büssergewand vor den Bischofssitz in Bourges, wo sie öffentlich bekannten, nicht essen und nicht weichen zu wollen, bis der Bischof ihnen den Leichnam übergeben würde. Der mächtige Bischof musste sich schliesslich dem Druck der Frauen beugen. 

Beschwerde beim Papst

Um 1140 ereilte den Bischof von Angers, Ulger, eine ähnlich schmähliche Niederlage. Im Streit mit Pétronille um Brückenzölle griff der Bischof zu Gewalt und die Äbtissin erneut zum Druck der Öffentlichkeit zurück. In einem Offenen Brief kritisierte Bernard von Clairvaux Ulger heftig und Papst Innozenz II. enthob den Bischof 1142 sogar temporär seines Amtes. Am Ende lagen hier wie auch sonst die Siege bei Pétronille und nicht bei den Männern, welche die Äbtissin herausforderten.

* Die Historikerin Annalena Müller forscht an der Uni Freiburg zur wirtschaftlichen und politischen Macht von Äbtissinnen und Frauenklöstern im mittelalterlichen Europa.


Das ehemalige Kloster Fontevraud | © Annelena Müller
12. Januar 2023 | 19:18
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