Schwester Scholastika Jurt (Mitte) bei der fünften Synodalversammlung in Frankfurt.
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Zum Ende versöhnliche Töne – der Synodale Weg hat etwas in Bewegung gebracht

Versammlungen und Papiere, dazu Briefe aus dem Vatikan und Tauziehen hinter den Kulissen. Der Synodale Weg in Deutschland stellte die Nerven Vieler auf die Probe. Nun ist er Geschichte. Das Ringen um Reformen in der Kirche geht weiter.

Karin Wollschläger und Joachim Heinz

Mehrmals stand der Dialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland auf der Kippe. Schon die zweite Vollversammlung des Synodalen Weges im Herbst 2021 wurde vorzeitig beendet: Das aus 230 Mitgliedern bestehende Gremium war wegen Abreise zu vieler Teilnehmer nicht mehr beschlussfähig.

Blick durch ein gelochtes Metallkreuz auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Synodalversammlung.
Blick durch ein gelochtes Metallkreuz auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Synodalversammlung.

Aus anderen Gründen stand die vierte Synodalversammlung im Jahr darauf vor dem Aus: Nach intensiven Debatten scheiterte ein Text für eine Liberalisierung der katholischen Sexuallehre am Votum der Bischöfe. Frust und Enttäuschung machten sich breit, Tränen flossen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nahm seine Mitbrüder vor den darauffolgenden Abstimmungen jedes Mal ins Gebet.

Überlebensfähig – allen Unkenrufen zum Trotz

Bis zum Schluss an diesem Wochenende erwies sich das in der Weltkirche bis dahin einmalige Projekt – allen Unkenrufen zum Trotz – als erstaunlich überlebensfähig. Weder die Corona-Pandemie noch kritische Einlassungen aus dem Vatikan machten aus dem Synodalen Weg eine Sackgasse. Stattdessen sollen die Beratungen nun in einem Synodalen Ausschuss fortgeführt werden – während inzwischen viele Forderungen der Initiative auf Ebene der von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode diskutiert werden.

Die Ordensfrau Daisy Panikulam Sabs und der Weihbischof in Trier, Jörg Michael Peters, im Gespräch.
Die Ordensfrau Daisy Panikulam Sabs und der Weihbischof in Trier, Jörg Michael Peters, im Gespräch.

Unter dem Eindruck einer jahrelangen Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal noch verschärfte, hatten die Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) den Synodalen Weg 2019 gestartet. Macht, Rolle der Frauen, Sexualmoral und priesterliche Lebensform lauteten die zentralen Themen. Die Hoffnungen bei Befürwortern waren ebenso gross wie Vorbehalte bei den eher konservativen Vertretern – von denen fünf unmittelbar vor der letzten Synodalversammlung das Handtuch warfen, weil sie die Einheit der katholischen Kirche in Deutschland mit Rom gefährdet sahen.

Spannungen bleiben

Spannungen bleiben. Mit Blick auf die Debatten und Beschlüsse des Synodalen Wegs formulierte es ZdK-Generalsekretär Marc Frings so: Obgleich es in der Synodalversammlung nie eine Fraktionsbildung gegeben habe, «erleben wir eben doch, dass die eine Seite massive Kompromisse eingegangen ist, die von grundsätzlicher und schmerzhafter Natur sind». Bei einigen Bischöfen habe er keine Bereitschaft dazu erkennen können.

Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz.
Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz.

Den Vorwurf, die Bischöfe hätten die Beschlüsse verwässert, wies der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf zurück: «Ist es Sinn und Zweck, Schärfe drin zu lassen, dann aber auch Texte durchfallen zu lassen? Das ist eine Grundsatzentscheidung.» Die Papiere bildeten ja nicht den Abschluss des Prozesses. «Mit den Aussagen dieser Texte wird gearbeitet werden – auch mit Kompromissen.»

Positive Töne überwiegen

Die Kompromissbereitschaft wertete der französische Beobachter des Synodalen Weges, Jérôme Vignon, als ein Merkmal des oft beschworenen «Geistes von Frankfurt». Er würdigte die Debattenkultur und ausdrücklich auch die spirituellen Impulse, die bei den Versammlungen durch die geistlichen Begleiter gesetzt wurden. Es sei «eine gute Nachricht, dass so etwas möglich ist».

Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, und Rainer Gottschalg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken im Gespräch.
Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, und Rainer Gottschalg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken im Gespräch.

Zum Schluss überwogen trotz mancher persönlicher Enttäuschungen positive Töne. «Wir haben viele Texte verabschiedet, von denen ich am Anfang niemals gedacht hätte, dass wir sie mit so grossen Mehrheiten verabschieden, vor allem nicht mit so grossen Mehrheiten bei den Bischöfen», sagte die Franziskanerin Katharina Kluitmann, die zu den prägenden Gestalten des Synodalen Weges gehörte. Ganz ähnlich formulierte es Bischof Bätzing.

Kommunikation hat sich verbessert

Einige der Papiere könnten das Leben an der Kirchenbasis tatsächlich verändern: Segensfeiern für liebende Paare, egal ob hetero- oder homosexuell, sind künftig möglich. Laien sollen auch in Gottesdiensten predigen können.

Die Synodale Isabella Vergata-Petrelli, die sich bei der ersten Synodalversammlung angesichts theologischer Fachdebatten noch gefragt hatte, ob «wir im Mittelalter sind», bilanzierte: «Das miteinander Sprechen ist deutlich besser geworden.» Auch die Sprache in den Texten habe sich in angenehmem Sinne vereinfacht. «Sie sind trotz der Komplexität der Themen für viel mehr Menschen jetzt verständlich.»

Umsetzung der Beschlüsse steht an

Die mit 19 Jahren jüngste Teilnehmerin, Johanna Müller, fasste es so zusammen: «Ich bin dankbar für die bedeutsamen Beschlüsse. Das Ja zur geschlechtlichen Vielfalt fand ich ein krasses, starkes Zeichen.»

Johanna Müller, jüngste Teilnehmerin des Synodalen Weges.
Johanna Müller, jüngste Teilnehmerin des Synodalen Weges.

Auf diesem letzten Treffen des Synodalen Weges rückte mit einer Tanz-Performance im Frankfurter Dom auch der Missbrauchsskandal noch einmal in besonderer Weise in den Mittelpunkt. Dass bis zum Schluss keine Betroffenen stimmberechtigte Mitglieder in der Synodalversammlung waren, bleibt ein Makel der Initiative – den auch Bischof Bätzing ausdrücklich bedauerte.

Das Ringen um Reformen wird dessen ungeachtet weitergehen. «Jetzt geht es darum, die Beschlüsse umzusetzen. Das kann der Synodale Ausschuss nicht allein», sagt Schwester Katharina, die dem neuen Gremium angehören wird. «Da sind die Bischöfe gefragt, aber auch jeder Christ und jede Christin.» (kna)


Schwester Scholastika Jurt (Mitte) bei der fünften Synodalversammlung in Frankfurt. | © Julia Steinbrecht/KNA
11. März 2023 | 15:23
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