Zwölf eigenwillige Frauen.
Porträt

Zum Beispiel Maria Magdalena: kath.ch stellt zwölf eigenwillige Töchter Gottes vor

Frauen haben in der Geschichte der Kirche und des Glaubens seit jeher mitgemischt. Sie waren Apostelinnen, Klostergründerinnen, Befreierinnen und Philosophinnen. Sie haben Grenzen ausgetestet und diese (bewusst) übertreten.

Annalena Müller*

Frauen haben sich Räume geschaffen (Beginen) und Kirchenprälaten auf ihre Plätze verwiesen (Pétronille, Hildegard) und dabei geholfen, Kriege zu gewinnen (Jeanne d’Arc).

Sie haben reformiert (Renée) oder ungewollte Reformer in die Flucht geschlagen (Klingental). Häufig diffamiert und unterschätzt, waren Frauen in und um die Kirche schon immer viel – aber nie waren sie stille, duldende Untertaninnen, welche den ihnen von Männern zugewiesenen Platz einfach akzeptiert hätten. Heute nicht – und früher auch nicht.

Annalena Müller
Annalena Müller

kath.ch stellt in den nächsten zwölf Tagen zwölf Frauen aus den ersten 17 christlichen Jahrhunderten vor, die alle auf ihre jeweils eigene Art alles andere als passive Empfängerinnen der kirchlichen Lehre waren, sondern in ihrer Zeit und ihrem Umfeld kräftig mit- und zum Teil auch aufgemischt haben. Frauen wie Maria Magdalena:

Maria Magdalena (*c. 12) – Die diffamierte Zeugin

Neben Eva ist Maria Magdalena diejenige biblische Frauenfigur, die lange Zeit das Paradebeispiel für die Schwäche des weiblichen Geschlechts war. Dabei war sie nicht nur für Jesus eine Bezugsperson, sondern auch für die Verbreitung seiner Botschaft zentral. Die Evangelien berichten, dass Maria Magdalena – im Gegensatz zu seinen männlichen Jüngern – nicht floh, sondern bei der Kreuzigung Jesu blieb. Es war Maria Magdalena, die das leere Grab entdeckte und ihr erschien der auferstandene Jesus vor allen anderen. Entsprechend wurde sie in der Frühkirche als eine zentrale Figur im Zirkel Jesu gesehen. Der Verlust ihres guten Rufes folgte später – nämlich ab dem 6. Jahrhundert.

Gregor der Grosse stellte sie als Sünderin dar

Für das negative Bild der Maria Magdalena ist Gregor der Grosse (†604) massgeblich verantwortlich. Der Papst fasste verschiedene Bibelstellen so zusammen, dass aus Maria Magdalena der Zeugin, Maria Magdalena die Sünderin wurde. Im 13. Jahrhundert schmückt die Goldene Legende, eine Heiligengeschichte aus Dominikanerzirkeln, diese Darstellung weiter aus.

Der Legende zufolge soll sich Maria Magdalena nach dem Tode Jesu der Wollust hingegeben haben, bevor sie in Marseille in einer Höhle hausend, als Eremitin bereute und büsste. Aus der Zeugin und Getreuen Jesu war endgültig die Sünderin und Büsserin geworden.

In der Ostkirche blieb sie die Zeugin

Allerdings nur in der Westkirche – in den Ostkirchen blieb sie die Zeugin, welche später die Botschaft Jesus predigend in Rom bekanntmachte. Seit den 1960er Jahren hat Maria Magdalena auch in der katholischen Kirche eine Rehabilitierung erfahren.

* Die Historikerin Annalena Müller forscht an der Uni Freiburg zur wirtschaftlichen und politischen Macht von Äbtissinnen und Frauenklöstern im mittelalterlichen Europa.

In den nächsten Tagen lesen Sie:

  1. St. Radegund (†587) – Königin, Klostergründerin, Heilige
  2. Pétronille von Fontevraud (†1149) – Zwei Bischöfen zum Verhängnis
  3. Hildegard von Bingen (†1179) – Gelehrte, Predigerin und gefürchtete Kritikerin
  4. Sancha Garcia von Las Huelgas in Burgos (1205–1230) – Äbtissin und Priesterin
  5. Katharerinnen – Abtrünnige Christen mit gleichberechtigten Priesterinnen
  6. [«Kollektivbiografie»]
  7. Jeanne d’Arc (†1431) – Kriegerin, Hexe, Heilige
  8. Beginen – oder: Eine Stadt der Frauen [«Kollektivbiografie»]
  9. Isotta Nogarola (†1466) – Humanistin und Verteidigerin Evas
  10. Die Klingentalerinnen und die Reformer – Basel, 1480 [«Kollektivbiografie»]
  11. Renée de Bourbon (†1534) – Machtbewusste Reformerin
  12. Elisabeth von der Pfalz (1616-1680) – Calvinistische Äbtissin und Korrespondentin Descartes
Zwölf eigenwillige Frauen. | © kath.ch
10. Januar 2023 | 16:41
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