Schwester Pirmin gibt ihr Heilungszeugnis ab.
Schweiz

Wunder gibt es immer wieder: Über Nacht wurde die sterbenskranke Schwester Pirmin gesund

Schwester Pirmin Schwitter (83) hat ein Martyrium hinter sich: «Ich war nur noch Haut und Knochen, wog 36 Kilogramm, hatte Krämpfe und spastische Lähmungen.» Sie dachte, sie würde sterben, und betete zu Gott. Dann hätten sie zwei Hände an der Hüfte gepackt, geschüttelt – und wie aus einer grossen Höhe hinabgeworfen. Plötzlich war sie gesund, erzählt die Ursuline.

Sarah Stutte

«Maria unbefleckte Empfängnis» ist im Wallis ein staatlicher Feiertag. An die 60 Menschen kommen am Donnerstag in die Kirche St. Niklaus. Sie wollen alles über die wundersame Heilung von Schwester Pirmin erfahren.

Auf einmal sterbenskrank

Zu Beginn spricht der Autor Hubert Theler. 2016 hat er zum ersten Mal Schwester Pirmin Schwitter (83) kennen gelernt. Er war «gleich beeindruckt von ihrer unerschütterlichen Fröhlichkeit und ihrer Zuversicht allem gegenüber, was ihr im Leben passiert war», erzählt er heute. 

Adventliche Stimmung in der Kirche St. Niklaus
Adventliche Stimmung in der Kirche St. Niklaus

Vor 55 Jahren, im Jahr 1967, wurde Schwester Pirmin Schwitter schwer krank. Geschwollene Finger und Füsse waren die ersten Anzeichen. Die Ärzte diagnostizierten erst Gelenkrheumatismus, später Parkinson. «Es kam immer etwas Neues hinzu und niemand wusste genau, an was ich nun leide», sagt Schwester Pirmin. Das hätte sie frustriert. «Ich war nicht immer einfach als Patientin, habe auch aggressive Phasen durchgemacht und viel mit mir selbst gerungen.»

Kurz vor dem Tod

Die Schmerzen wurden schlimmer. Erst kamen die Krücken, dann der Rollstuhl. Zuletzt wurde sie zum bettlägerigen Pflegefall. «Ich war nur noch Haut und Knochen, wog 36 Kilogramm, hatte Krämpfe und spastische Lähmungen, nahm starke Medikamente und sah fast nichts mehr», berichtet Schwester Pirmin. Die Ärzte hätten die Hoffnung aufgegeben. Und sie? «An meinem Glauben habe ich nie gezweifelt. Ich habe mich am Kreuz festgehalten.» 

Hubert Theler und Schwester Pirmin
Hubert Theler und Schwester Pirmin

20 Jahre lang dauert die Krankheit an. In der Kirche St. Niklaus erzählt sie davon. Als sie die Stufen zum Podest emporsteigt, meint sie, dass sei «eine kleine Bergtour», aber ja nichts Neues für sie. Die Besucherinnen und Besucher lachen. Dann berichtet sie, wie eine schwarze Nacht sie Anfang November 1987 schliesslich vor dem nahenden Tod rettete.

Neue Hände, neues Leben

In einem letzten Gespräch mit Gott, in diesem Gebet, hätten sie auf einmal zwei Hände an der Hüfte und an der Lende gepackt, mit einer ungeheuren Kraft geschüttelt und wie aus einer grossen Höhe hinabgeworfen. Schwester Pirmin dachte, sie stirbt nun.

Schwester Pirmin und ihre Lebensgeschichte
Schwester Pirmin und ihre Lebensgeschichte

Sie fiel in einen tiefen Schlaf. Und als sie aufwachte, konnte sie ihre Hände bewegen, die zuvor noch verkrampft waren. Sie konnte sogar aufstehen und bis zum Fenster gehen. «Ich hatte neue Hände», sagt die Nonne und zeigt sie stolz. Es erstaunt, wie jung diese aussehen. 

Gott und die Wissenschaft

Doch obwohl ihr Körper geheilt war, blieb lange die Angst, dass die Krankheit wiederkommt. Dass dies alles nicht wirklich passiert sei. «Ich musste um mein Vertrauen kämpfen und mir sagen: Gott macht keine halben Sachen», erzählt Schwester Pirmin. 

Das Buch von Hubert Theler über Schwester Pirmin ist frisch erschienen.
Das Buch von Hubert Theler über Schwester Pirmin ist frisch erschienen.

Nach drei Jahren medizinischer Beobachtung wurde sie dann in ihr neues Leben entlassen, «glockengesund», wie sie sagt. Der Arzt meinte damals, sie hätte die Wissenschaft ganz schön über den Haufen geworfen, worauf Schwester Pirmin erwiderte: «Das war nicht ich, das war Gott». 

Ein Buchprojekt entsteht

Auf die Frage, was es für sie bedeute, ein Heilungszeugnis wie hier in St. Niklaus abzugeben, meint sie: «Es ist jedes Mal eine Herausforderung. Als ob ich ein Stück von mir weggebe. Aber ich möchte den Menschen Mut machen.» Deshalb hatte sie schon länger die Idee, ein Buch über ihre Erfahrungen zu schreiben. Doch die Idee blieb erstmal in der Schublade. Bis sie Hubert Theler begegnete.

Familie Theler musiziert, eine Reihe dahinter: Schwester Pirmin und Hubert Theler.
Familie Theler musiziert, eine Reihe dahinter: Schwester Pirmin und Hubert Theler.

«Ich kehrte von einem beruflichen Aufenthalt in Zürich wieder zurück ins Wallis und wollte einige Lebensfragen für mich klären», erzählt dieser. Ein Priester empfahl ihm, sich an Schwester Pirmin zu wenden. Damals habe er keine Ahnung gehabt, wer sie war. «Doch schnell trafen wir uns regelmässig zu Gesprächen und dabei erzählte sie mir auch ihre Lebensgeschichte», so Theler. Diese durfte nicht vergessen gehen, fand er – und fing an, Schwester Pirmins Erzählungen aufzuzeichnen.

Verständnis für den Glauben

Die Herausforderung an diesem Projekt sei für ihn dabei gewesen, die Schwester in ihren eigenen Worten zu belassen und die richtige Form zwischen Biografie und Sachbuch zu finden. Denn in dem vorliegenden Werk sind auch Arztberichte und Diagnosen zur Krankheitsgeschichte von Schwester Pirmin abgedruckt. «Gerade, wenn es um ein solches unerklärbares Ereignis geht, ist jede wissenschaftliche Dokumentation wichtig», bekräftigt Theler. 

Der Nikolaus von St. Niklaus über dem Kirchturm.
Der Nikolaus von St. Niklaus über dem Kirchturm.

Hubert Theler wurde in St. Niklaus kurz von seinen Emotionen übermannt. Im letzten Jahr erkrankte er an Corona und lag auf der Intensivstation in Visp. Erst als er selbst zwischen Himmel und Erde schwebte, verstand er plötzlich die Einsamkeit und Angst von Schwester Pirmin, aber auch ihren Glauben, an dem sie sich festhielt.

Wunder gibt es immer wieder

«Als wir uns begegneten, habe ich ihre Geschichte nur mit dem Verstand beurteilt, die Fakten gesammelt und aufgearbeitet. Die seelische Komponente konnte ich lange nicht nachvollziehen», meint er. Deshalb sei dieser gemeinsame Weg letztendlich auch eine sehr wertvolle Begegnung für ihn persönlich gewesen. Wunder gibt es immer wieder. Auch im Wallis.

Hubert Thelers Buch «Auf Flügeln des Glaubens – Die wundersame Heilungs- und Lebensgeschichte von Schwester Pirmin Schwitter» ist im Verlag Edition Cultur erschienen.

Von St. Gallen ins Wallis

Schwester Pirmin Schwitter wuchs als ältestes von vier Kindern in Pfäfers im Kanton St. Gallen auf. «Ich habe immer um meinen Glauben gekämpft», sagt die Nonne zu kath.ch. «Mein Vater war ein guter Christ, aber er war im Clinch mit der Kirche. Er fand diejenigen, die am Sonntag in den Gottesdienst gehen, aber nur so fromm tun, heuchlerisch.»

Die Eltern sterben, als sie 14 ist

Da sie schon mit drei Jahren einen Rosenkranz in der Hand hatte, stand für sie schnell einmal die Berufung zur Klosterfrau fest, berichtet die Schwester. Aber dann seien die Eltern kurz hintereinander gestorben – da war sie 14 Jahre alt. Der Pfarrer des Dorfes übernahm zwar die Vormundschaft der Kinder, doch Schwester Pirmin musste erst einmal für ihre jüngeren Geschwister da sein und Geld verdienen.

Eingang des Klosters St. Ursula in Brig.
Eingang des Klosters St. Ursula in Brig.

Sie wurde Kindergärtnerin, liess sich zur Katechetin ausbilden und trat erst mit fast 28 Jahren ins Kloster St. Ursula in Brig ein. Dort bildete sie angehende Kindergärtnerinnen aus. «Ich wollte erst nach Paris. Doch andere waren dagegen und so musste ich dort absagen. Doch ich wollte dem lieben Gott nicht erst meine alten Knochen geben», sagt die heute 83-Jährige lachend. 

Heute lebt sie in Brig

«Ich wollte in ein Kloster, in dem man einander noch kennt», berichtet Schwester Pirmin. In einem Schullager sei sie den Ursulinerinnen begegnet. Die haben sie nach Brig eingeladen. «Die Schwestern dort haben mich herzlich empfangen. Insgesamt waren dort um die 100 Nonnen. Das passte», erzählt Schwester Pirmin. Auch heute noch lebt sie in Brig. (sas)


Schwester Pirmin gibt ihr Heilungszeugnis ab. | © Sarah Stutte
10. Dezember 2022 | 13:05
Lesezeit: ca. 5 Min.
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