Messehalle in Basel
Schweiz

Winterkleider, Decken und Hygieneartikel: Grosse Hilfsaktion in Basel für die Türkei

Nach dem Erdbeben in der Türkei und Syrien hat Ahmet Catar eine grosse Sammelaktion in Basel gestartet. Bereits zwei vollgepackte LKWs sind unterwegs in seine Heimatregion. Viele Freiwillige packen in der Messehalle Kartons – das helfe die Situation zu ertragen.

Jacqueline Straub

Ein grosser LKW vollbeladen mit Kartons verlässt diesen Mittwoch das Messegelände in Basel. Eine Türkeiflagge am Kühler lässt das Ziel erkennen. Es ist der bereits zweite LKW innerhalb der vergangenen 48 Stunden. Ahmet Catar ist Kurde. Er und sein Bruder haben eine grosse Hilfsaktion in Basel auf die Beine gestellt. Inzwischen konnten sie 20 Tonnen an Kleider und Hygieneartikel sammeln.

Ahmet Catar hat eine grosse Sammelaktion in Basel ins Leben gerufen.
Ahmet Catar hat eine grosse Sammelaktion in Basel ins Leben gerufen.

Da die Lagerräume seines Unternehmens zu knapp wurden, hat Ahmet Catar eine grosse Halle angemietet. «Bis Ende Februar werden wir nun in der Messehalle in Basel sein.»

Vater lebend aus den Trümmern geborgen

Ahmet Catars Vater befand sich unter den Trümmern in der vom Erdbeben betroffenen Türkei. «Sie konnten ihn finden. Lebendig. Er musste aber operiert werden», sagt Ahmet Catar. «Den Umständen entsprechend geht es ihm gut. Aber er ist noch in einem Schockzustand.» Bei Ahmet Catar ist der Schock noch nicht angekommen. «Ich funktioniere einfach nur. Ich habe keine Emotionen im Moment.»

Viele Helfer sind vor Ort.
Viele Helfer sind vor Ort.

In der grossen Messehalle sind alle hochkonzentriert. Es bedarf viel Logistik, all die Spenden zu sortieren und abholbereit zu machen. Dutzende Hände helfen mit. Viele sprechen Türkisch. Aber es sind auch andere Nationalitäten vor Ort.

Elif Yilmaz  am Kleider sortieren.
Elif Yilmaz am Kleider sortieren.

Elif Yilmaz ist an ihrem freien Tag auch in der Halle anzutreffen. Sie geht warme Pullover durch und packt sie in Kartons. Viele ihrer Familienangehörigen leben in der Erdbebenregion. «Ich erreiche sie nicht. Ich weiss nicht, ob sie noch leben», sagt Elif Yilmaz mit Tränen in den Augen. Einzig ihr Onkel konnte bislang gerettet werde. Im vergangenen Jahr war die Baslerin in der Türkei. Auch sie erlebte ein Erdbeben in der Stärke 5.4. «Wir sind aus den Wohnungen gerannt, weil wir solche Angst hatten.»

«Ich bete für alle»

Das Erdbeben vor zwei Tagen traf die Türkei und Syrien mit einer Stärke von 7.7. Inzwischen sind mehr als 11’000 Menschen tot geborgen worden. An diese Zahl will die Kurdin nicht denken. Sie wird auch morgen wieder in der Messehalle sein. «Das tut mir gut.» Es gebe ihr Kraft, dass so viele gekommen sind, um zu helfen. «Ich bete für alle. Ich hoffe, dass es gut kommt.»

Ein Helfer bringt eine Liste für die Warenannahme an.
Ein Helfer bringt eine Liste für die Warenannahme an.

In der Halle hängen Schilder an den Wänden: «Winterkleider», «Decken/Schlafsäcke». Davor stapeln sich Kartons. Helferinnen und Helfer tragen Güter in die Halle. Ein Mann, der seinen Namen nicht im Internet lesen möchte, bringt an der Lagerhalle eine Liste an. «So weiss jeder, was benötigt wird», sagt er. Denn es wurden auch schon Vasen vorbeigebracht. Das benötigen die vom Erdbeben betroffenen Überlebenden nicht.

Tüten mit Kleider stapeln sich in der Messehalle Basel für die Opfer des Erdbebens.
Tüten mit Kleider stapeln sich in der Messehalle Basel für die Opfer des Erdbebens.

Gebraucht werden Winterkleider, Decken, Schlafsäcke, Winterschuhe, Hygieneartikel, Powerbanks. Damit die Helferinnen und Helfer wissen, was sich in den Spenden befinden, sollen die Kartons und Säcke beschriftet werden. «Und bitte trennen», sagt Ahmet Catar.

Hatice Masyan kann nachts nicht mehr schlafen

Hatice Masyan geht eine der vielen Kleidersäcke durch. Sie hat Familienangehörige aus dem Krisengebiet. «Sie leben noch. Aber sie leben nun auf der Strasse. Sie frieren und haben nichts zum Essen», sagt Hatice Maysan. Nachts kann sie nicht mehr schlafen, ihre Sorgen drehen sich um die Menschen in der Türkei und Syrien. Kiste um Kiste zu füllen, hilft ihr mit der schweren Situation umzugehen.

Etliche Kartons wurden schon gepackt.
Etliche Kartons wurden schon gepackt.

Ahmet Catar hat sich bewusst dafür entschieden, Hilfsgüter in die Türkei zu bringen. Von Geldspenden hält er nicht viel. «Ich weiss nicht, wo das Geld landet.» Und die Hilfsgüter? Ahmet Catar zuckt mit den Schultern. Es wurden bereits Transporter gestoppt. Es könne sein, dass die türkische Regierung Teile der Hilfsgüter aus Basel abfängt. Denn in den betroffenen Regionen lebten überwiegend Kurden und Aleviten. «Die sind dem Präsidenten weniger wichtig.» Das halte den Kurden aber nicht davon ab, weiter zu sammeln und Transporter in seine Heimat zu schicken, sagt Ahmet Catar und geht wieder an die Arbeit.

Sachspenden und Hilfsgüter können täglich ab 16 Uhr an der Messe Basel (Halle 5) abgegeben werden.


Messehalle in Basel | © Jacqueline Straub
8. Februar 2023 | 15:55
Lesezeit: ca. 3 Min.
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