Papst Franziskus setzt Robert Walter McElroy (r.), Bischof von San Diego (USA),das Birett aus beim Konsistorium am 27. August 2022 im Petersdom im Vatikan.
Vatikan

Von Kalifornien bis zur Mongolei: 20 neue Kardinäle verstärken das «Team Francis»

Die Kardinäle sind ein exklusiver Club. 226 Geistliche gehören dazu – davon sind 20 am Samstag neu hinzugekommen. Da Woelki und Marx mit sich beschäftigt sind, gilt Kurt Koch nun als wichtigster deutschsprachiger Kardinal.

Ludwig Ring-Eifel

Eindrucksvolle Rituale mit Eidesformeln auf Latein, aber auch allerlei Informelles stand am ersten Tag desviertägigen Kardinals- und Papstmarathons in Rom auf dem Programm.

Exklusiver Club der Papstberater

Das «Ordentliche Konsistorium» im Petersdom, bei dem 20 Geistliche vom Papst gemäss einem alten Ritual feierlich in den Kardinalsstand erhoben wurden, stand zum Auftakt am Samstag zwar formal im Mittelpunkt. 

Doch in Wahrheit war es der Tag des Schaulaufens der Neuen im exklusiven Club der Papstberater, von denen 16 nun auch zum noch kleineren Club der Papstwähler zählen.

Der Bischof von San Diego spielt im «Team Francis»

Am Vormittag hatten Medienleute Gelegenheit, die Neo-Eminenzen kennenzulernen und zu interviewen. In engem Gedränge und streckenweise chaotisch ging es dabei zu, weil im vatikanischen Pressesaal immer zehn solche Begegnungen parallel stattfanden. Doch am Ende hatten die Medienvertreter Gelegenheit, mit einigen der Neuen ganz aus der Nähe zu sprechen und sich mit Gesichtern, Stimmen und Sprechweisen vertraut zu machen.

Robert Walter McElroy, Bischof von San Diego (USA), am 27. August 2022 im Vatikan.
Robert Walter McElroy, Bischof von San Diego (USA), am 27. August 2022 im Vatikan.

Einige unter ihnen stachen hervor. Darunter der andere an Körpergrösse überragende neue Kardinal von San Diego, Robert Walter McElroy (68). Er pries in bester amerikanischer Rhetorik die pastoralen Schwerpunkte des Papstes und outete sich damit als Teil des «Team Francis».

Ein Südkoreaner leitet die Klerus-Behörde

Oder der jüngste unter den neuen Kardinälen, der auch der mit der kleinsten Schar von Gläubigen ist: Giorgio Marengo (48). Er zählt in den Weiten der Mongolei nicht mal 2000 Katholiken zu seiner Herde – und ganze zwei Kirchengebäude zu seinem Bestand. Vielleicht gerade deswegen ist der jugendlich wirkende Missionar mit dem gewinnenden Lachen sofort zu einem der Medien-Lieblinge beim Kardinalstreffen in Rom geworden.

Bischof Giorgio Marengo, Apostolischer Präfekt von Ulaanbaatar (Mongolei), am 27. August 2022 im Vatikan.
Bischof Giorgio Marengo, Apostolischer Präfekt von Ulaanbaatar (Mongolei), am 27. August 2022 im Vatikan.

Ein eher stiller Star ist der Leiter der vatikanischen Klerus-Behörde, der Südkoreaner Lazzarus You Heung-sik (70). Unter den neuen Kardinälen ist er mit Abstand der Mächtigste – ist seine Behörde doch für die disziplinarischen und kirchenrechtlichen Belange von mehr als 330’000 Priestern und Diakonen weltweit zuständig.

Pastorale Neuausrichtung der Kirche

Freundlich und unaufgeregt stand er den Fragen meist asiatischer Journalistinnen und Journalisten Rede und Antwort. Längst ist er neben dem philippinischen Kardinal Luis Antonio Tagle (65) zum Gesicht Ostasiens in der römischen Kurie geworden.

Leonardo Ulrich Steiner
Leonardo Ulrich Steiner

Sehr nachgefragt war auch der neue Brasilianer im Kollegium, der deutschstämmige Erzbischof von Manaus, Leonardo Ulrich Steiner (71). Je nach Bedarf auf Portugiesisch, Italienisch oder Deutsch beantwortete er Journalistenfragen zu Ökologie und Parteipolitik, aber auch zu kirchlichen Reizthemen wie synodalen Reformen und Frauendiakonat. Wie die anderen neuen Eminenzen betont auch Steiner die dienende Funktion des Kardinalats und die überragende Rolle des Papstes – sei es in der Ökologie oder in der pastoralen Neuausrichtung der Kirche. 

Woelki, Marx, Müller isoliert

Der theologische Sound klingt trotz unterschiedlicher Persönlichkeiten immer wieder ähnlich – von derMongolei bis nach Amazonien. Für die deutschsprachigen Medienleute wurde der Brasilianer Steiner rasch zum «Ersatzdeutschen» – zumal die echten Deutschen im Kardinalskollegium derzeit weitgehend abgetaucht sind.

Ganze drei Deutsche sind derzeit potenzielle Papstwähler, doch jeder von ihnen ist aus einem anderen Grund derzeit wenig präsent: Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki (66) ist von den langen Querelen im grössten deutschen Erzbistum angezählt und hat bereits vor einem halben Jahr dem Papst seinen Rücktritt eingereicht.

Kardinal Kasper nimmt auf den deutschen Kurs Einfluss

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx, früher überall präsent, hat sich seit seinem abgelehnten Rücktrittsgesuch im Juni 2021 aus der Medienöffentlichkeit zurückgezogen. Und der einst mächtigeGlaubenspräfekt Gerhard Ludwig Müller (74), den Papst Franziskus vor fünf Jahren in den Ruhestand schickte, spielt ebenfalls keine wichtige Rolle mehr. 

Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal, im Jahr 2015
Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal, im Jahr 2015

Ähnliches gilt für die deutschen Kardinäle in der Ü80-Liga, von denen lediglich Kardinal Walter Kasper (89) mitunter noch als Berater des Papstes und deutscher Bischöfe diskret Einfluss nimmt.

Kurt Koch: Karlsruhe, Kasachstan – und bald auch Kiew?

Dafür hat ein anderer deutschsprachiger Kardinal derzeit so viel zu tun wie schon lange nicht mehr: der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch. Nächste Woche beginnt in Karlsruhe ein grosses Ökumene-Treffen. Und Mitte September geht’s mit dem Papst nach Kasachstan. Und vielleicht kommt bald eine Kiew-Reise hinzu. (cic/rr)


Papst Franziskus setzt Robert Walter McElroy (r.), Bischof von San Diego (USA),das Birett aus beim Konsistorium am 27. August 2022 im Petersdom im Vatikan. | © KNA
27. August 2022 | 18:06
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