Vitus Huonder, Bischof von Chur
Schweiz

Vitus Huonder rechtfertigt und entschuldigt sich

Chur, 13.8.15 (kath.ch) Bischof Vitus Huonder nimmt in einem über zweiseitigen Brief an die Mitarbeitenden seines Bistums Stellung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. In seinem Schreiben macht er deutlich, dass die zitierten Levitikus-Stellen nicht als seine persönliche Gesinnung zu verstehen seien und er mitnichten zu Gewalt gegenüber Homosexuellen auffordere. Huonder räumt jedoch ein, dass seine Rede zu Missverständnissen habe Anlass geben können und entschuldigt sich bei allen, die sich dadurch verletzt fühlten. In der Sache allerdings bleibt er dem katholischen Katechismus treu, der Homosexuelle zur Keuschheit aufruft.

«Selbstverständlich trete ich nicht für die alttestamentarische Forderung nach der Todesstrafe für homosexuell empfindende Menschen ein», so Huonder in seinem Schreiben vom 12. August. Der Churer Bischof verdeutlicht im Folgenden, dass er die Erläuterung der erwähnten Levitikus-Stellen in seinem Vortrag in zwei Teile gegliedert habe, einerseits ging es um die theologische Bewertung homosexueller Handlungen im Rahmen des Alten Testaments, andererseits um das Handeln der Kirche aus heutiger, neutestamentlicher Sicht.

«Die rechte Wende»

Mit seinem Nachsatz, die beiden Bibelstellen würden genügen, «der Frage der Homosexualität aus der Sicht des Glaubens die rechte Wende zu geben», habe er nicht sagen wollen, «diese Bibelstellen seien für die Kirche eine Anweisung für ihr Handeln.» Vielmehr habe er sagen wollen, dass es in Levitikus eine drastische Ablehnung homosexueller Handlungen gebe «und dass wir uns als Christen dessen bewusst sein müssten». Huonder stellt den oben zitierten Nachsatz in den Kontext der kommenden Bischofssynode, hier werde eine «pastorale Wende» in Bezug auf die theologische Bewertung homosexueller Handlungen gesprochen. In seinem Nachsatz habe er deshalb in der mündlichen Rede das Wort «Wende» und nicht, wie im veröffentlichten Manuskript stand, das Wort «Wendung» benutzt.

Zur Keuschheit aufgerufen

Erst nach diesen theologischen Reflexionen sei er auf das seelsorgerliche Handeln zu sprechen gekommen. Hier habe er festgehalten, dass kirchliches Handeln immer Hilfe zum Leben sei, und daher auch homosexuell empfindende Menschen «zum Leben als Kinder des Lichts» zu führen seien, und zwar mit «Mitgefühl und Takt», nicht mit Herabsetzung. Was dies konkret bedeutet, erläutert Vitus Huonder anhand des katholischen Katechismus: Homosexuelle Handlungen seien «in keinem Fall zu billigen», vielmehr seien homosexuelle Menschen «zur Keuschheit gerufen», zitiert Huonder den Katechismus. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung könnten sie sich der christlichen Vollkommenheit annähern.

Entschuldigung

Bischof Huonder gesteht ein, dass man die Levitikus-Stellen als seine persönliche Gesinnung missverstehen könne. Für ihn sei es jedoch immer klar gewesen, dass diese Bibelstelle «nicht als Anleitung für unser pastorales kirchliches Handeln zu verstehen ist». Er räumt ein, dass er bei der Einschätzung der möglichen Wirkung seines Textes «nur an die akademisch-reflexive Ebene» und den innerkirchlichen Fachdiskurs gedacht habe, auch habe er die gesamtgesellschaftliche Situation, etwa die Gräueltaten des «Islamischen Staates» und anderer Gruppen, die sich auch gegen Homosexuelle richteten, zu wenig im Auge gehabt. Infolge von Abwesenheiten durch Sommerferien habe auch keiner seiner Mitarbeiter den Text gegengelesen. «Gewiss hätten mich meine Mitarbeiter auf die Gefahren aufmerksam gemacht».

Entsprechend entschuldigt sich Vitus Huonder bei allen Menschen «die sich durch meinen Vortrag verletzt gefühlt haben.» Die Kirche wolle niemanden ausgrenzen, sondern für alle da sein. (sys)

Brief von Vitus Huonder im Wortlaut.

 

 

Vitus Huonder, Bischof von Chur | © Georges Scherrer
13. August 2015 | 08:20
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