Blick auf den Petersdom in Rom.
Vatikan

Vatikan dementiert nahenden Finanzkollaps

Der Vatikan hat Vermutungen zurückgewiesen, dass er vor einem finanziellen Kollaps oder der Insolvenz stehe. «Das stimmt einfach nicht», so der Leiter der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA), Bischof Nunzio Galantino, in einem Interview mit der italienischen katholischen Tageszeitung «Avvenire» am Dienstag.

Galantino wies damit entsprechende Aussagen des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi zurück. Dieser schildert in einem neuen Buch den Vatikan als vor kurz vor dem Ruin stehend. Er widersprach Thesen zu einer angeblich bevorstehenden Insolvenz. Die finanzielle Lage des Heiligen Stuhls wie auch des Vatikanstaates gleiche der «in jeder Familie oder in vielen Staaten». Derzeit unterziehe der Vatikan seine Bilanzen einer Ausgabenprüfung, so Galantino, ohne Zahlen zu nennen.

Anders als Staaten habe der Vatikan weder Steuereinnahmen noch ein öffentliches Defizit. Seine Einnahmen stammten alle aus Spenden von Gläubigen, Zuwendungen von Bistümern, Anlagerenditen in mehreren Ländern, Eintrittsgeldern der Vatikanischen Museen und Mieteinnahmen.

«Ausserordentliche Intervention»

Tatsächlich habe die Haushaltsführung der APSA 2018 mit einem Plus von über 22 Millionen Euro abgeschlossen, so der Bischof auf die Vorwürfe. Die negative Bilanz sei «ausschliesslich auf eine ausserordentliche Intervention zurückzuführen, die darauf abzielt, den Betrieb eines katholischen Krankenhauses und die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter zu retten.» Im Übrigen habe die APSA auch keine geheimen oder Nummern-Konten. Weitere konkrete Zahlen nannte Galantino nicht.

«Andere Sichtweisen entsprechen einer Art ‹Da Vinci Code›»

Bischof Nunzio Galantino

Mit Bezug auf geschilderte Machtkämpfe oder Gegensätze zwischen Papst und Kurie sagte der APSA-Chef: «Wir alle arbeiten weiter daran, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen, und tun damit genau das, was der Papst will.» Andere Sichtweisen entsprächen eher einer Art «Da Vinci Code» in Anspielung auf die Verfilmung eines Buchs von Dan Brown über Verschörungstheorien in der Kirche.

Der frühere Sekretär der Italienischen Bischofskonferenz Galantino war im Juni 2018 vom Papst zum Chef der wichtigen Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhls ernannt.

Bild des Vatikans in schwerer Krise

Der am Montag in Rom präsentierte Band «Giudizio universale» («Das Jüngste Gericht») des Journalisten Nuzzi zeichnet die katholische Kirchenzentrale in einer schweren Krise durch rückläufige Einnahmen, Misswirtschaft, Korruption und interne Kämpfe. Der 50-jährige Autor, der unter anderen an der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente im Vatileaks-Skandal 2011 beteiligt war, setzt damit thematisch die Reihe seiner fünf früheren Publikationen fort. Der Autor kritisiert auch, der Vatikan vermiete seine Immobilien nicht gewinnbringend

Im Rahmen des Interviews hat der Vatikan erstmals Zahlen zu einem Teil seines Immobilienbesitzes nun bekannt gegeben. Demnach gehören der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls insgesamt 2400 Wohnungen, hauptsächlich in Rom und Castel Gandolfo, ausserdem 600 Geschäfte und Büros.

Viele der Apartments dienten als Dienstwohnungen oder Kurien-Büros. Daher würden aus ihnen wenig oder keine Mieteinnahmen erzielt, erklärte Galantino. 60 Prozent der Wohnungen seien zu einem reduzierten Mietzins an Vatikanangestellte vermietet.

Unterschiedliche Messlatten

Zur Kritik sagte Galantino: Wenn grosse Unternehmen «diese Art von Sozialwohnungen» anbieten, spreche man von einem «lobenswerten Umgang mit Angestellten». «Wenn der Vatikan solches tut, heisst es, wir seien inkompetent oder schlimmer, wüssten nicht, Vermögen zu verwalten.»

Auch lasse sich der Wert von Immobilien oft nur schlecht objektiv beziffern. Das gelte etwa für die Häuser an der «Piazza Pio XII.» unmittelbar vor dem Petersplatz. «Wenn wir sie zu Luxushotels machen, ist das eine Sache, wenn Sie dort die Büros der Römischen Kurie unterbringen, wie jetzt, sind sie nichts wert.» (cic)

Blick auf den Petersdom in Rom. | © Andrea Krogmann
22. Oktober 2019 | 10:10
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Keine Auskunft zu Immobilienspekulation

Der durch Medienberichte über ein verlustreiches Immobiliengeschäft unter Druck geratene Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu will sich zu der Affäre derzeit nicht öffentlich äussern. Auf eine Anfrage des CIC lehnte er eine Stellungnahme zu seiner Rolle bei den Investitionen und zu einer möglichen persönlichen Verantwortung ab. Zur Begründung verwies er auf laufende interne Untersuchungen.

Laut Recherchen verschiedener Medien hatte im Jahr 2014 eine damals von Becciu geleitete Abteilung des vatikanischen Staatssekretariats umgerechnet 160 Millionen Euro in Anteile an einem Bürohaus in London investiert, das sich anschliessend als defizitäre Anlage entpuppte. Für die Übernahme des kompletten Gebäudes und die Ablösung einer Hypothek zahlte der Vatikan laut der Zeitung «Financial Times» anschliessend weitere rund 340 Millionen.

Einer Indiskretion der vatikanischen Gendarmerie zufolge wurde Anfang Oktober unter anderem ein früherer Sekretär Beccius suspendiert. Offiziell gab der Vatikan bisher nur die Durchsuchung mehrerer Büros und die Beschlagnahmung von Beweismaterial bekannt. Mögliche Straftatbestände wurden in dem Zusammenhang nicht genannt.

Papst Franziskus hatte seinen langjährigen «Innenminister» Becciu bereits im Mai 2018 an die Spitze der weniger einflussreichen Heiligsprechungskongregation versetzt. (cic)