Präimplantationsdiagnostik
Schweiz

Überparteiliches Komitee ergreift Referendum gegen Fortpflanzungsmedizingesetz

Bern, 1.9.15 (kath.ch) Am 14. Juni haben sich die Schweizer Stimmbürger für die Zulassung von Embryotests ausgesprochen. Die Anwendung des Verfahrens, der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID), wird im revidierten Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt. Gegen dieses Gesetz ergreift nun ein Komitee aus rund 50 Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Parteien das Referendum. Ziel sei es, eine «flächendeckende willkürliche» Anwendung der PID, insbesondere des Chromosomen-Screenings, zu verhindern, teilte das Komitee am Dienstag, 1. September, mit.

Mit dem Ja zur Verfassungsänderung vom 14. Juni sind genetische Untersuchungen an Embryonen erlaubt, die im Reagenzglas erzeugt wurden. Der Embryonenschutz wurde damit aus der Verfassung gekippt. Neu dürfen so viele Embryonen ausserhalb des Körpers der Frau entwickelt werden, «als für das Fortpflanzungsverfahren notwendig sind», heisst es in der revidierten Verfassungsbestimmung. Der Zwang zur sofortigen Einpflanzung entfällt.

Die Anwendung der PID wird im Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt, das 2014 vom Parlament verabschiedet wurde. Laut dem Gesetz sollen alle Paare, die eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen, das Verfahren nutzen können – und nicht nur Paare mit einer genetischen Vorbelastung. Unfruchtbare Paare haben neu die Möglichkeit, ihre Embryonen vor der Übertragung in den Mutterleib auf Chromosomenstörungen untersuchen zu lassen (Aneuploidie-Screening).

Werden Krankenkassen bald Leistungen verweigern?

Das überparteiliche Referendumskomitee aus Vertretern von BDP, CVP, EDU, EVP, Grünen, SP und SVP befürchtet nun, dass ein «flächendeckender Chromosomen-Check» mittelfristig zu einer Diskriminierung von Behinderten sowie zu einer «schleichenden Entsolidarisierung» der Gesellschaft führt. «Menschen mit einer Behinderung werden als unerwünschte und vermeidbare Risiken betrachtet, ihre Eltern könnten dafür zunehmend zur Rechenschaft gezogen werden», schreibt das Komitee weiter. Sogar Leistungsverweigerungen von Sozialversicherungen und Krankenkassen könnten die Folge sein.

Das Komitee kritisiert, dass die Änderungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes viel zu weit gingen. Es ergreift das Referendum, um zu verhindern, dass die PID «willkürlich und unbegrenzt» angewendet werden darf. In der Mitteilung erinnert es daran, dass der Bundesrat ursprünglich die PID lediglich für Paare vorgesehen hat, die Träger schwerer Erbkrankheiten sind.

Die Politiker lehnen auch die Erhöhung der Anzahl von Embryonen ab, die pro Behandlungszyklus entwickelt werden dürfen. Neu sind es zwölf statt wie bisher drei. Sie befürchten, dass eine «immense Anzahl» sogenannter überzähliger Embryonen entsteht. Diese dürfen laut dem revidierten Gesetz tiefgefroren werden. Es sei wissenschaftlich noch völlig unbekannt, welche Schäden Embryonen dabei davontragen könnten, warnt das Komitee.

Basler Appell gegen Gentechnologie ergreift ebenfalls das Referendum

Auch die Organisation «Biorespect», der frühere Basler Appell gegen Gentechnologie, ergreift das Referendum. Der Verein, der die Entwicklung auf dem Gebiet der Biotechnik beobachtet, ruft dazu auf, «am Prinzip einer solidarischen Gesellschaft, in der auch behinderte und kranke Menschen ihren Platz haben, festzuhalten», heisst es in einer Mitteilung vom Dienstag, 1. September.

Am Dienstag, 1. September, wurde das Fortpflanzungsmedizingesetz im Bundesblatt publiziert. Damit beginnt die 100-tägige Referendumsfrist zu laufen. Nötig sind 50’000 Unterschriften, damit das Referendum zustande kommt. (bal)

EVP-Präsidentin Streiff zum Referendum gegen Fortpflanzungsmedizingesetz: «Anwendung der PID muss in möglichst engen Grenzen gehalten werden»

Präimplantationsdiagnostik | © Amedes-Gruppe
1. September 2015 | 14:59
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