Regina Elsner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZOiS in Berlin. Sie kennt sich in der Russischen Orthodoxie bestens aus.
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Theologin kritisiert Zuppis Moskau-Besuch als «Hohn für Moskaus Opfer in der Ukraine und Russland»

Die katholische Theologin Regina Elsner wirft dem päpstlichen Sondergesandten Kardinal Matteo Zuppi ein unkritisches Auftreten gegenüber dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. vor. «Es ist ein Hohn für Moskaus Opfer in der Ukraine und Russland, wie überaus freundlich Zuppi mit Kyrill gesprochen hat», sagte die Ostkirchen-Expertin der Universität Münster.

Die Theologin bezog sich dabei auf ein fast achtminütiges Video, welches das Moskauer Patriarchat am Donnerstagabend vom Beginn der Unterredung veröffentlicht hatte.

«Verbrechen weisswaschen»

Moskau habe Zuppis Besuch genutzt, «um seine Verbrechen weisszuwaschen; und der Vatikan macht mit und lächelt noch dabei», sagte Elsner weiter. Der Heilige Stuhl lasse sich von der «verbrecherischen Leitung der russisch-orthodoxen Kirche sehr vereinnahmen».

Der italienische Kardinal Matteo Zuppi (m.) zu Besuch bei Patriarch Kyrill I. (r.) von Moskau und ganz Russland, 29. Juni 2023
Der italienische Kardinal Matteo Zuppi (m.) zu Besuch bei Patriarch Kyrill I. (r.) von Moskau und ganz Russland, 29. Juni 2023

Das stärke Moskau und schade Kiew und auch dem humanitären Engagement des Vatikans in der Ukraine selbst. Der Kreml und das Moskauer Patriarchat bekämen Legitimität und nutzten das schamlos aus, sagte die Expertin.

Zuppi auf vatikanischer Friedensmission

Papst Franziskus hatte Zuppi, der Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz sowie Erzbischof von Bologna ist, Ende Mai zum Leiter einer vatikanischen Friedensmission für die Ukraine ernannt.

Vor drei Wochen war der Kardinal bereits in die Ukraine gereist und hatte dort unter anderen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj gesprochen.

Austausch von Kriegsgefangenen

In Moskau sprach er neben Kyrill auch den aussenpolitischen Berater von Kreml-Chef Wladimir Putin, Juri Uschakow. Dabei ging es unter anderem um den Austausch von Kriegsgefangenen zwischen Russland und der Ukraine.

Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna, ist Leiter der vatikanischen Friedensmission.
Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna, ist Leiter der vatikanischen Friedensmission.

Treffen mit «Kriegsverbrecherin»

Elsner kritisierte ebenfalls Zuppis Treffen mit Russlands Kinderrechtsbeauftragter Maria Lwowa-Belowa in Moskau. Sie sei verantwortlich für die Deportation von Tausenden ukrainischen Kindern und Jugendlichen durch die russischen Besatzungsbehörden. «Das ist eine international anerkannte Kriegsverbrecherin», so die Theologin.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte im März Haftbefehle gegen Lwowa-Belowa und Putin wegen der Verschleppung ukrainischer Kinder ausgestellt. Moskau gibt an, die Kinder vor den Kämpfen in Sicherheit gebracht zu haben.

Instrumentalisierung durch Moskau

Der Vatikan brauche eine Strategie, um dem Missbrauch dieser Treffen durch Moskau zuvorzukommen. «Es kann nicht sein, dass die Medien mit freundlichen Bildern und Lwowa-Belowas Verweis aufs Christentum berichten, während der Vatikan nicht deutlich macht, worüber man gesprochen hat», so Elsner.

Wenn klar sei, dass man eine Instrumentalisierung nicht vermeiden könne, solle man sich nicht mit solchen Leuten wie Lwowa-Belowa treffen. «Solche Treffen schaden dann den Opfern, und es scheint mehr um eine Profilierung der Kirchen als um Hilfe für die Unterdrückten zu gehen.» (kna)


Regina Elsner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZOiS in Berlin. Sie kennt sich in der Russischen Orthodoxie bestens aus. | © Raphael Rauch
1. Juli 2023 | 09:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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