Anhörung im Strafprozess um den Finanzskandal im Vatikan am 27. Juli 2021.
Vatikan

Strafverfolger reicht beim Vatikan-Finanzprozess neue Beweis-Akten ein

Beim Vatikan-Strafprozess rund um den Finanzskandal und den angeklagten Kardinal Giovanni Angelo Becciu geht es einen kleinen Schritt weiter. Die Strafverfolgung hat ihre Anklageschrift mit neuen Beweismaterialien überarbeitet und erneut dem Gericht übergeben. Der Prozess beginnt nun erst am 18. Februar.

Anna Mertens

Von der Überarbeitung betroffen sind vorrangig der ehemalige Sekretär von Becciu, Mauro Carlino, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Mailänder Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Fabrizio Tirabassi. Letzterer war unter Becciu im Staatssekretariat für Investitionen zuständig.

Auch hinsichtlich Becciu und dem Vorwurf der Anstiftung zur Falschaussage gibt es demnach neue Akten. Zugleich räumte Pignatone dem Strafverfolger Alessandro Diddi eine weitere Woche ein, um Lücken in den bereits vorliegenden Beweismaterialien zu schliessen.

Der Vorsitzende Richter Giuseppe Pignatone vertagte in Anbetracht dieser neuen Situation den Prozess auf den 18. Februar.

Verteidiger fordern Einstellung des Verfahrens

Wie mehrfach zuvor beanstandeten die Verteidiger die Beweismaterialien als unvollständig und unzureichend. Auch seien bei der Befragung des Hauptzeugen Alberto Perlasca gravierende juristische Fehler begangen worden. Eine Einstellung des Verfahrens sei daher dringend gefordert.

Angebliche Affäre des Kardinals

Erstmals war Kardinal Becciu nicht im Gerichtssaal anwesend. Seine Anwälte begründeten dies mit den unangenehmen Inhalten in den Beweismaterialien. Darunter seien Gespräche zwischen der Strafverfolgung und Perlasca über eine angebliche Affäre von Becciu und der ebenfalls angeklagten Beraterin Cecilia Marogna. Um die strittige Befragung Perlascas drehen sich die Verhandlungstage seit Prozessbeginn.

Pignatone hatte zuletzt bekräftigt, dass der Prozess «eine offene Baustelle» sei und ein richtiger Beginn frühestens im Februar denkbar sei. Nach langem Hin und Her hatte die Strafverfolgung den Verteidigern Anfang November Einsicht in Audio- und Videoaufnahmen sowie schriftliche Protokolle ihrer Vernehmungen gewährt.

Offenbar gibt es hier aber Differenzen zwischen Protokollen und Aufnahmen. Die Strafverfolgung verteidigt indes weiter ihr Vorgehen und begründet fehlende Abschnitte stets damit, dass diese entweder der Geheimhaltung unterlägen oder irrelevant seien.

Hauptgrund: Investitionen in Londoner Luxusimmobilie

In dem vielbeachteten Prozess geht es um verlustreiche Investitionen des vatikanischen Staatssekretariats in eine Londoner Luxusimmobilie. Angeklagt sind Kardinal Becciu, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, die Sicherheitsberaterin Marogna sowie die ehemaligen Verantwortlichen der vatikanischen Finanzaufsicht (AIF), Tommaso di Ruzza und Rene Brülhart.

Bei vier zunächst ebenfalls Angeklagten, darunter Carlino, war nach dem zweiten Verhandlungstag die Anklageschrift zur weiteren Bearbeitung an die Strafverfolgung zurückgegeben worden. Diese reichte sie nun neu ein. (cic)

Anhörung im Strafprozess um den Finanzskandal im Vatikan am 27. Juli 2021. | © KNA
25. Januar 2022 | 17:53
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!