Frank-Walter Steinmeier
Zitat

Steinmeier in Rom: Die Aufarbeitung des Missbrauches muss weitergehen

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat an Benedikts Requiem in Rom teilgenommen. Er würdigt seinen Landsmann – sprach aber auch das Thema Missbrauch an: «Papst Benedikt hat sich der Aufarbeitung verpflichtet gesehen. Eine Aufarbeitung, die anhält und weitergehen muss.» 

«In einer bewegenden Trauerfeier haben wir Abschied genommen von Papst Benedikt XVI. Der verstorbene Papst war ein grosser Theologe, ausgestattet mit kräftigem Intellekt und ein Mann mit grosser Bescheidenheit. 

Er war der erste deutsche Papst seit mehr als 500 Jahren; in ganz Europa, in der ganzen Welt hoch respektiert und geachtet. Und daran hat sich auch nach seinem Rückzug nichts geändert. Auch deshalb nichts geändert, weil er sich auch danach, soweit es seine Kraft erlaubte, in den Dienst der Kirche gestellt hat. 

Ich bin sehr dankbar, dass ich heute bei diesem Abschied dabei sein konnte. Ich bin auch dankbar, dass Papst Franziskus heute Morgen meine Frau und mich und den deutschen Bundeskanzler, die Mitglieder der deutschen Delegation, insbesondere die Repräsentanten der Verfassungsorgane, freundlich in Empfang genommen hat. 

Papst Benedikt war nicht nur ein Mann mit grossem Intellekt, er hat auch beeindruckt durch seine grosse menschliche Bescheidenheit. Er war tief verankert in den kirchlichen Traditionen, und gleichwohl hat er immer wieder dazu aufgerufen, den Dialog mit anderen Kirchen, mit anderen Religionen zu suchen. Er selbst hat das Gespräch mit Muslimen und auch mit Juden geführt. 

Wir erinnern uns in Deutschland gerne an seinen Besuch 2011, an seine Gespräche mit Gläubigen, an Messen, an den Besuch im Augustinerkloster in Erfurt und natürlich auch an seine Rede im Deutschen Bundestag, in der gemahnt hat, für Gerechtigkeit, für Frieden zu arbeiten – der erste Papst, der vor dem gewählten Deutschen Bundestag gesprochen hat. 

In seine Amtszeit fielen auch die Aufdeckung über sexuellen Missbrauch in der Kirche, die Debatte über die Vertuschung, die es gegeben hat, und die es weiter geben wird. Papst Benedikt hat sich der Aufarbeitung verpflichtet gesehen. Eine Aufarbeitung, die anhält und weitergehen muss. 

Papst Benedikt hat den reichen Schatz der katholischen Kirche gehütet und gepflegt. Er hat vielen Menschen Orientierung gegeben, auch Zuversicht, Hoffnung und Mut. Und er hat den reichen Schatz der katholischen Kirche mit Vernunft und mit Seele an die Gläubigen weitergetragen. Das wird die Erinnerung an ihn prägen.»

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigt nach dem Requiem in Rom den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. (rr)


Frank-Walter Steinmeier | © Oliver Sittel
5. Januar 2023 | 11:37
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!