Ein Priester bei der Gabenbereitung.
Schweiz

St. Galler Reformbewegung fordert einheitlichen Umgang mit laisierten Priestern

Sicherheit für ein Leben nach dem Zölibat. Das fordert die St. Galler Initiative «Reformen jetzt» von den Bischöfen. Zwar steht Priestern, die mit dem Zölibat auf Dauer unglücklich sind, die Laisierung offen. Doch danach finden sie sich je nach Diözese in einer unterschiedlichen Situation. Die Bischöfe sollen sich zudem in Rom für eine «partielle Rechtsgebung» stark machen, heisst es in einem Offenen Brief – und so den Weg für eine Abschaffung des Pflichtzölibats ebnen.

Barbara Ludwig

Die St. Galler Initiative «Reformen jetzt» bildete sich im vergangenen September – nach der Publikation der Pilotstudie zum Missbrauch in der katholischen Kirche Schweiz. Ihre erste Aktion war ein Inserat im «St. Galler Tagblatt», in dem 107 kirchliche Mitarbeitende ihre Betroffenheit und ihren Wunsch nach einem System- und Kulturwandel zum Ausdruck brachten.

Der Offene Brief von «Reformen jetzt» mit Datum vom 21. Februar konzentriert sich auf die Themen Priesterbild und die Personalauswahl. Adressaten sind Bischof Felix Gmür, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), und das Präsidium der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Das ist der Dachverband der katholischen Kantonalkirchen.

Rückgang der Priesterweihen auch wegen Pflichtzölibat

Seit Jahren gehe die Zahl der Männer in der Schweiz, die sich zum Priester weihen lassen, zurück. Den Grund dafür sieht die Reformbewegung unter anderem in der lebenslangen Verpflichtung zum Zölibat. «Für die römisch-katholische Kirche stellt die Entscheidung für einen Wechsel zu einem freiwilligen Zölibat seit langem ein Desiderat dar», heisst es im Brief. Denn immer wieder stellten Priester nach einem längeren Leben im Zölibat fest, «diese Lebensform nicht dauerhaft führen zu können».

Priester des Bistums Lugano vor der Kathedrale Lugano, an ihrer Versammlung am 31. August 2022. Hinten, in der Mitte, der emeritierte Bischof Pier Giacomo Grampa.
Priester des Bistums Lugano vor der Kathedrale Lugano, an ihrer Versammlung am 31. August 2022. Hinten, in der Mitte, der emeritierte Bischof Pier Giacomo Grampa.

Ihnen stehe die Laisierung offen, also die Entbindung von den Rechten und Pflichten, die sie mit der Weihe eingegangen sind. Nach Abschluss des Laisierungsprozesses werde in einem gesonderten Verfahren über die Aufhebung der Zölibatspflicht durch den Papst entschieden. «Wir stellen fest, dass diese Situation Kirchenleitungen, Betroffene und Gläubige sehr herausfordert», schreibt die Theologin Ann-Katrin Gässlein von der Katholischen Kirche im Lebensraum St. Gallen in dem Brief.

Quälende Fragen

Einen Laisierungsantrag zu stellen sei «keine leichtfertige Entscheidung». Viele Betroffene quäle die Frage, was mit einem bereits existierenden, aber geheim gehaltenen Privatleben geschehe oder wie ihre berufliche Zukunft aussehe. «Kein Priester soll sich gezwungen fühlen, aus Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung oder ökonomischer Perspektivenlosigkeit im Zölibat zu bleiben», findet die Initiative.

Handauflegung bei einer Priesterweihe durch Bischof Markus Büchel.
Handauflegung bei einer Priesterweihe durch Bischof Markus Büchel.

Die Reformbewegung stellt fest, dass Laisierungsgesuche heute schneller behandelt werden – und dass ihnen in der Regel stattgegeben wird. Dem Bischof stehe es offen, einen laisierten Priester weiterhin im kirchlichen Dienst zu beschäftigen. Dies sei eine Frage des bischöflichen Ermessens und Engagements.

Einheitliches Prozedere gefordert

Bedauerlicherweise sei die Situation in der Schweiz aber nicht einheitlich. «Während in manchen Diözesen laisierte Priester an einem neuen Ort eine Leitungsaufgabe übernehmen, wird ihnen dies in anderen Diözesen nicht ermöglicht», kritisiert der Brief. Dies erschwere auch den örtlichen Wechsel für einen beruflichen Neuanfang.

Nach der Laisierung hat der Priesterkragen ausgedient.
Nach der Laisierung hat der Priesterkragen ausgedient.

Die Reformbewegung richtet deshalb einige Erwartungen an die Adressaten des Offenen Briefs. So sollen die Schweizer Bischöfe ein «einheitliches Prozedere» für den Umgang mit laisierten Priestern finden. Sie sollen den Betroffenen die gleichen beruflichen Möglichkeiten einräumen wie Seelsorgenden ohne Weihe. Man erwarte, dass die staatskirchenrechtlichen Organe ihre Verantwortung für das kirchliche Personal ernst nehmen «und diese Schritte mit Verweis auf Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung nachdrücklich einfordern».

In Rom mehr Handlungsspielraum herausholen

Doch die Reformbewegung will noch einen Schritt weiter gehen: Die Bischöfe sollen nämlich ihre Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen und «in Rom den maximalen Spielraum für eine partielle Rechtsgebung einfordern, um angehende und bereits geweihte Priester von der Zölibatsverpflichtung entbinden zu können». Damit würde der Pflichtzölibat abgeschafft.

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Erwin Koller, SKF-Präsidentin und Zöfra stehen dahinter

Zu den Mitunterzeichnern zählen Andreas Barna, Pfarrer und Priester im Kanton Luzern, Armin Fässler, Seelsorger und Pfarreibeauftragter in Brülisau/Schwende AI, Erwin Koller, Theologe und ehemaliger Präsident der Herbert Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche, Felix Terrier, pensionierter Pastoralraumleiter im Kanton Basel-Land.

Unterschrieben haben zudem Mentari Baumann, Mitglied der Steuergruppe der «Allianz Gleichwürdig Katholisch», Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SKF) sowie der Vorstand des Vereins Zöfra. Die Abkürzung steht für vom Zölibat betroffene Frauen.


Ein Priester bei der Gabenbereitung. | © KNA
23. Februar 2024 | 14:00
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