Spaniens Justizminister Felix Bolanos
International

Spaniens Regierung entschädigt kirchliche Missbrauchsopfer

Bei der Entschädigung von Missbrauchsopfern ziehen Spaniens Regierung und die Bischöfe in unterschiedliche Richtungen. Nun gehen die regierenden Sozialisten nach vorn – und hoffen, dass die Kirchenleitung folgt.

Die spanische Regierung will Betroffene sexuellen Missbrauchs durch Geistliche oder im kirchlichen Umfeld entschädigen – mit oder ohne Unterstützung der katholischen Kirche. Das beschloss der Ministerrat am Dienstag. Wie verschiedene spanische Medien weiter berichten, soll vor allem Opfern geholfen werden, deren Fälle strafrechtlich verjährt sind.

Bischöfe zögern

Der sozialistische Justizminister Felix Bolanos hofft demnach, die Kirche noch zu einer Beteiligung am staatlichen Entschädigungsfonds bewegen zu können. Bisher hat die Bischofskonferenz aber noch keine Entscheidung getroffen. Deren neuer Vorsitzender, Erzbischof Luis Argüello, machte eine Beteiligung vor allem davon abhängig, ob neben den kirchlichen alle Opfer sexualisierter Gewalt in den Entschädigungsplan einbezogen werden. 

Papst Franziskus übergibt das Pallium an Luis Javier Argüello Garcia, Erzbischof von Valladolid (Spanien) am 29. Juni 2022 im Vatikan.
Papst Franziskus übergibt das Pallium an Luis Javier Argüello Garcia, Erzbischof von Valladolid (Spanien) am 29. Juni 2022 im Vatikan.

Aufgrund der als teils unzureichend kritisierten Reaktionen der katholischen Kirche sowie einer jahrelangen «Leugnung und Verharmlosung des Problems» wolle sich die Regierung aber speziell um die Entschädigung minderjähriger Missbrauchsbetroffener im kirchlichen Bereich kümmern, hieß es. Das lehnt Spaniens Bischofskonferenz ab.

Annahme: 440’000 Missbrauchsopfer

Justizminister Bolanos geht von bis zu 440’000 Opfern aus, denen insgesamt bis zu 70 Millionen Euro zustehen könnten. Die Zahl basiert auf dem Bericht einer vom Parlament beauftragten Kommission vom Oktober. Die katholische Kirche führte eine eigene, interne Studie durch, die für die vergangenen 40 Jahre 1057 minderjährige Betroffene sexueller Übergriffe im kirchlichen Umfeld verzeichnet.

Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Pedro Sanchez plant unterdessen auch einen politischen Akt, bei dem die damals minderjährigen Opfer sexueller Gewalt im kirchlichen Bereich öffentlich anerkannt und um Entschuldigung gebeten werden. (kna, Zahl korrigiert, 17.45 Uhr))

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Spaniens Justizminister Felix Bolanos | © Keystone/EPA/Ronald Wittek
23. April 2024 | 16:00
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