Der heilige Ansgar - hier als Eisenplastik vor dem Sankt-Marien-Dom in Hamburg.
Konstruktiv

So unterstützt das Ansgar-Werk die katholische Diaspora im Norden

Der 3. Februar ist der Namenstag des heiligen Ansgar. Er trug zur Christianisierung des Nordens bei. Mit dem Ansgar-Werk engagiert sich der Rapperswiler Pfarrer Felix Büchi seit Jahren für die katholische Diaspora in nördlichen Ländern. Auf die Frage: «Brauchen die im reichen Skandinavien denn Geld?» hat er eine Antwort.

Ueli Abt

Wenn das nicht Glück im Unglück ist: Ansgar wurde heilig gesprochen, obwohl ihm kein Märtyertod vergönnt war. Vergleichsweise unspektakulär kostete ihn schlicht eine Krankheit im Alter von 64 Jahren das Leben. Für seinen Glauben zu sterben, hatte er sich der Legende nach gewünscht. Doch wenn er auch auf seinen Missionsreisen im Norden Europas auch nicht gerade überall mit offenen Armen empfangen wurde: Deswegen getötet zu werden, war ihm nicht vergönnt.

In gemässigten Breiten, so etwa in der Schweiz, gehört Ansgar zu den weniger bekannten Heiligen. Sein Patrozinium ist der 3. Februar. Auf hiesigen Kalendern ist der Platz durch Blasius besetzt.

Vielleicht liegt es ja daran, dass Ansgar, der im 9. Jahrhundert zur Christianisierung in Gebieten des Nordens beitrug, heute ein wenig ein Schattendasein führt? Aber vielleicht zeigt der fehlende Auftritt im Kalender ja eben gerade nur, dass er ohnehin nicht so bekannt ist wie andere Heilige.

Heiliger eines bestimmten Gebiets

Felix Büchi engagiert sich seit rund 40 Jahren für das Ansgar-Werk Schweiz.
Felix Büchi engagiert sich seit rund 40 Jahren für das Ansgar-Werk Schweiz.

Felix Büchi ist Pfarrer in Rapperswil-Jona und Präsident des Ansgar-Werks Schweiz. Dieses hilft durch Unterstützungsprojekte katholischen Pfarreien in nordischen Ländern.

«Mir scheint, dass man in der Schweiz den Blick vor allem auf Heilige aus dem Mittelmeerraum und aus früheren Zeiten richtet», sagt Büchi. Manche Heilige seien populär ihrer Attribute oder Festivitäten wegen, so etwa Agatha und ihr Brot.

Als Bote der Christianisierung im Norden Europas zählt ihn Büchi zusammen mit Bonifatius in Deutschland und Gallus in der Schweiz zu jenen Heiligen, die in einem gewissen Gebiet den Glauben verkündeten. «Mich beeindruckt, dass er nicht aufgab, auch wenn ihn die Normannen als Missionar mancherorts quasi zum Teufel jagten», sagt der 65-Jährige.

Ansgar – Schutzpatron des Nordens

Ansgar kam 801 in Corbie in der Piccardie in Frankreich zur Welt. Als 5-Jähriger Halbwaise wurde er der dortigen Klostergemeinschaft anvertraut. Eine Begegnung mit Karl dem Grossen und eine Lichterscheinung als Dreizehnjähriger sollen ihn dazu bewogen haben, sich für die Christianisierung Europas einzusetzen.

Gemäss Angaben auf der Website des Ansgar-Werks zog er mit 21 Jahren aus seiner Heimat fort, um die Botschaft Christi zu verkünden. Erste Reisen führten ihn nach Ostdeutschland, Dänemark und nach Schweden. Auf der Fahrt dorthin wurde gemäss Überlieferung sein Schiff von Wikingern überfallen und ausgeraubt. Er und seine Gefährten gelangten mit Mühe an Land, wo sie missionierten.

Im Herbst 831 beschloss die Reichssynode in Thionville die Errichtung eines Bischofssitzes in Hamburg. Ansgar wurde zum ersten Bischof gewählt. In seinem Bistum Hamburg versuchte er, kirchliche Strukturen aufzubauen: Klöster, Kirchen und Schulen. Er kaufte junge dänische und slawische Sklaven und Gefangene frei und erzog sie zum Dienste Gottes.

845 überfielen Wikinger Hamburg und liessen es in Flammen aufgehen. Ansgar konnte wiederum nur sein nacktes Leben retten und einige Reliquien. Ansgar führte darauf von Bremen aus seinen Aufbau- und Seelsorgeauftrag weiter.

865 starb er 64-jährig in Bremen nach einer schweren Krankheit. Ansgar wurde kurze Zeit nach seinem Tod durch Papst Nikolaus I. heiliggesprochen. Er wird als Schutzpatron des Nordens verehrt. (kath.ch)

Seit gut 40 Jahren schon engagiert sich Büchi als Präsident des Ansgar-Werks Schweiz, welches die katholische Diaspora im Norden unterstützt.

Schon in jungen Jahren hatte er einen Bezug zu Skandinavien gehabt. Das habe aber noch nichts mit der Kirche zu tun gehabt, wie Büchi mit einem Lachen sagt. «Ich bin Orientierungsläufer, in diesem Zusammenhang sind die skandinavischen Länder bedeutsam.»

Felix Büchi, Präsident von Ansgar-Werk Schweiz.
Felix Büchi, Präsident von Ansgar-Werk Schweiz.

«So wurde ich aufmerksam. Ich fand es faszinierend.»

In den Jahren nach 20 war er dann als Lektor in einer benachbarten Pfarrei tätig. Der Pfarrer dort war Mitglied im Ansgar-Werk. «So wurde ich aufmerksam. Ich fand es faszinierend.»

Später sei er Präsident geworden, «weil es jemand machen musste». Immer wieder war er in den vergangenen Jahren mit der Frage konfrontiert, warum es für Katholiken und Katholikinnen in Ländern mit ähnlichem Lebensstandard wie der Schweiz Unterstützung braucht.

Geduldig erkärt Büchi dann jeweils, dass es sich bei der römisch-katholischen Kirche in diesen Ländern um eine Diaspora-Kirche handelt, der nur ungefähr ein Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner angehören. «Wenn es so wenige sind, fehlt es schlicht am Geld für die Infrastruktur.»

Und: In jüngster Zeit seien durch Migration vor allem Katholikinnen und Katholiken mit eher geringem Einkommen zugewandert, so etwa aus Polen, Südostasien und afrikanischen Ländern.

100 Kilometer-Strecke bis zur Kirche

Kommt als weitere Herausforderung hinzu, dass Skandinavien abseits der Städte äusserst dünn besiedelt ist. Pfarrer Büchi hat dies bei einem Aufenthalt als Aushilfspriester in Norwegen im Jahr 2000 unmittelbar erlebt. Das Einzugsgebiet der Pfarrei St. Torfin, wo er sich aufhielt, ist laut Büchi halb so gross wie die Schweiz, umfasste aber dannzumal lediglich 227 Gläubige. «Da fährt man am Sonntag zum Gottesdienst schnell einmal hundert Kilometer. Das braucht Most, der ist etwa gleich teuer wie bei uns in der Schweiz.»

Büchi erinnert sich zudem an ein extremes Beispiel eines Kindes, das zum Besuch des Firmunterrichts jeweils an einem Wochenende regelrecht eine Reise antrat. «Das Mädchen wurde jeweils am Freitag im Auto zum Hafen gebracht. Dort setzte sie mit der Fähre über. Dann nahm sie den Bus. Dieser brachte sie zu einem Bahnhof. Per Zug kam sie zu uns, wo sie übernachtete. Sie blieb bis am Nachmittag. Dann ging sie zusammen mit einer Kollegin zu ihr nach Hause in 80 Kilometer Entfernung und übernachtete dort. Am anderen Morgen kam sie zur Kirche zurück zum Gottesdienst.»

Katechese über Youtube

Angesichts solcher Wegstrecken sei es hilfreich, wenn die Katechese heute auch über Youtube stattfinden könne. Das Schweizer Ansgar-Werk finanzierte beispielsweise die Produktion von Youtube-Videos für die Katechese.

Schwerpunktmässig engagiere man sich in der Bildung. Da das Ansgar-Werk ein kleines Hilfswerk sei, sei es nicht möglich, ganze Bauprojekte zu finanzieren. Doch kleinere Renovations- und Erneuerungsprojekte habe es in den letzten Jahren immer wieder einmal gegeben, so etwa die Renovation einer Kapelle oder die Fianzierung eines Kreuzwegs.

War Aufhilfspriester in einer norwegischen Pfarrei - der Rapperswiler Pfarrer Felix Büchi.
War Aufhilfspriester in einer norwegischen Pfarrei - der Rapperswiler Pfarrer Felix Büchi.

Einem Gymnasium, das in einem früheren katholischen Spital im norwegischen Bergen entstand, habe das Ansgar-Werk kürzlich eine Lagerwoche für rund hundert Schülerinnen und Schüler ermöglicht. 

Im Auftrag des St. Galler Bischofs

Gerade weil in Skandinavien ein bestimmter Lebensstandard bestehe, stelle das die Kirche vor spezielle Probleme. «In Ländern wie Finnland oder auch Island besteht seitens des Staats der Anspruch, dass Priester einen normalen Lohn haben wie andere Akademiker auch. Weltweit gibt es viele Priester, die nur gerade Kost und Logis erhalten», sagt Büchi. Löhne zu finanzieren, sprenge aber die Möglichkeiten des Ansgar-Werks. Stattdessen beschränke man sich auf einmalige Projekte. Im jeweiligen Land gebe es einen Koordinator, der im Austausch mit dem jeweiligen Bischof abklärt, wo in der Diözese ein Engagement Sinn macht.

Im Ansgar-Werk engagiert sich Büchi zwar ehrenamtlich – dies aber im Auftrag des St. Galler Bischofs Markus Büchel. Laut Büchi gibt es aus jedem Deutschschweizer Bistum einen gesandten Vertreter im Vorstand. So könne es denn auch sein, dass die Kollekte in einem von Büchis Gottesdiensten dem Ansgar-Werk zugute kommt.


Der heilige Ansgar – hier als Eisenplastik vor dem Sankt-Marien-Dom in Hamburg. | © kna
2. Februar 2022 | 05:00
Lesezeit: ca. 5 Min.
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