Denis Knobel
Schweiz

Schweizer Botschafter: «Der Posten am Heiligen Stuhl ist aussenpolitisch sehr interessant»

Denis Knobel hat die neue Schweizer Botschaft am Heiligen Stuhl im Vatikan mit aufgebaut. «In Rom konnte ich mich viel besser vernetzen», sagt der zuvor im slowenischen Ljubliana stationierte Diplomat. Der abtretende Botschafter erlebte seinen Abschiedsbesuch bei Papst Franziskus als «intensiven Moment».

Regula Pfeifer

Wie waren Sie involviert in die Errichtung der neuen Schweizer Botschaft am Heiligen Stuhl?

Deniks Knobel: Das Projekt, eine residierende Botschaft beim Heiligen Stuhl zu eröffnen, hat mich stark beschäftigt. Es begann im Jahr 2020 – anlässlich des 200. Jubiläums der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen und dauerte über drei Jahre. In dieser Zeit leistete ich diplomatische Arbeit im Vatikan und unterstützte gleichzeitig die Zentrale in Bern. Im letzten Jahr war ich mit dem konkreten technischen, logistischen und administrativen Aufbau der neuen Botschaft vor Ort beschäftigt.

Botschafter Denis Knobel (l.) und Bundespräsident Ignazio Cassis vor der neuen Botschaft in Rom.
Botschafter Denis Knobel (l.) und Bundespräsident Ignazio Cassis vor der neuen Botschaft in Rom.

«Die private Audienz ist ein Privileg der residierenden Botschafter und Botschafterinnen.»

Wann haben Sie Papst Franziskus getroffen – und wie haben Sie ihn erlebt?

Knobel: Es war bei meinem Abschiedsbesuch am 10. Juli 2023. Das war ein intensiver Moment. Der Papst war wie immer offen und herzlich – und es ging ihm gesundheitlich gut. Eine private Audienz ist ein Privileg der residierenden Botschafter und Botschafterinnen. Sie ist immer ein schönes und eindrückliches Erlebnis.

Was war besonders an Ihrer Zeit im Vatikan – im Unterschied zu vorherigen Botschaftstätigkeiten?

Knobel: Der Posten beim Heiligen Stuhl ist anspruchsvoll und aussenpolitisch sehr interessant – während etwa wirtschaftliche oder konsularische Probleme kaum auftreten. Man hat es mit einer universellen Institution zu tun, die weltweit vertreten und aktiv ist, von Niamey (Niger), über Juba (Südsudan), Beirut (Libanon) bis Bogota (Kolumbien) – und ebenso in meinem zukünftigen Posten in Lissabon.

Neujahrsansprache von Papst Franziskus: Botschafter Denis Knobel (roter Kreis) inmitten der Diplomatinnen und Diplomaten.
Neujahrsansprache von Papst Franziskus: Botschafter Denis Knobel (roter Kreis) inmitten der Diplomatinnen und Diplomaten.

Sehen Sie Parallelen zwischen der Schweiz und dem Vatikan?

Knobel: Die Schweiz und der Vatikan verfolgen ganz ähnliche Zielsetzungen, wenn es um Frieden, Menschenrechte oder internationales Recht ganz allgemein geht. Aber auch beim Multilateralismus, bei der globalen Gouvernanz, der Armutsbekämpfung oder nachhaltigen Entwicklung gibt es Synergien. Bei friedenspolitischen Themen ist der Austausch besonders dynamisch und von gegenseitigem Interesse geprägt. Hinzu kommt natürlich die päpstliche Schweizergarde, eine wunderbare, ganz einmalige Institution – nicht nur für den Schweizer Botschafter.

«Es gibt immer mehr Frauen auch in den obersten Etagen, das wirkt sich äusserst positiv aus.»

Hatten Sie ausschliesslich zu männlichen Würdenträgern Kontakt?

Knobel: Nein, es gibt immer mehr Frauen; auch in den obersten Etagen des Staatssekretariats und der Dikasterien. Und das wirkt sich äusserst positiv aus. Die gezielte und systematische Förderung von Frauen auf allen möglichen Positionen entspricht der neuen Personalpolitik von Papst Franziskus. Für die Kurie in Rom und die internationale Kirche ist das natürlich ein langfristiges Unterfangen.

Wie haben Sie den Unterschied erlebt zwischen ihrer Stationierung als Diplomat am Heiligen Stuhl in Ljubliana – und in Rom? Was hat die Nähe gebracht?

Knobel: Es ist eine ganz andere Situation, wenn ein diplomatischer Vertreter seine Aufgabe vor Ort wahrnehmen kann. Abgesehen von der erwähnten päpstlichen Audienz erhielt ich in Rom alle Einladungen an Konferenzen, Veranstaltungen und Briefings. Ich konnte mich viel besser vernetzen und war Teil des diplomatischen Corps.

Trauerfeier für Papst Benedikt XVI. Der Schweizer Botschafter Denis Knobel steht hinter der belgischen Königin Mathilde und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Trauerfeier für Papst Benedikt XVI. Der Schweizer Botschafter Denis Knobel steht hinter der belgischen Königin Mathilde und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

«Der persönliche Kontakt ist in der Diplomatie des Heiligen Stuhls ein entscheidender Faktor.»

Der persönliche Kontakt ist in der traditionsbewussten Diplomatie des Heiligen Stuhls ein entscheidender Faktor. Mit einem grossen Einweihungsfest im Kasernenhof der Garde konnten wir auch erstmals die Präsenz und das Bild der Schweiz besser vertreten.

*Botschafter Denis Knobel war von Sommer 2018 bis 2022 von Ljubljana aus als Schweizer Diplomat für den Vatikan zuständig, als sogenannte Seitenakkreditierung. Im Sommer 2022 wechselte er nach Rom und blieb ein volles Jahr als residierender Botschafter beim Heiligen Stuhl, bis Ende August. Auf September wechselt er nach Lissabon in Portugal.

Das Interview wurde schriftlich geführt.


Denis Knobel | © Oliver Sittel
14. August 2023 | 06:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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