"Salzburger Äbtekonferenz" im Lassalle-Haus
Schweiz

«Wer, wenn nicht ihr!» – Benediktiner-Äbte sollen Zukunft in die Hände nehmen

Edlibach ZG, 31.3.16 (kath.ch) Über 50 deutschsprachige Benediktiner-Äbte reden in der Schweiz über die Zukunft ihrer Klöster. Die Präsenz von Ordensfrauen an der «Salzburger Äbtekonferenz» (SÄK) unterstreicht, dass die Kirche sich ein Beispiel an den Orden bei der Zusammenarbeit von Frauen und Männern nehmen kann, sagte der SÄK-Vorsitzende, der Augsburger Abt Theodor Hausmann, gegenüber kath.ch. Der Bischof von Feldkirch, Benno Elbs, referierte an der Tagung.

Georges Scherrer

Zur SÄK gehören rund sechzig Gemeinschaften. Davon sind 54 durch den Abt oder den Prior beim Treffen in der Schweiz vertreten. Gäste am Treffen vom 30. März bis 1. April im Lassalle-Haus Bad Schönbrunn in Edlibach ZG sind unter anderem die Vorsitzende der Vereinigung der Benediktinerinnen im deutschen Sprachraum (VBD), Priorin Irene Gassmann vom Kloster Fahr, sowie Schwestern von anderen Benediktinerklöstern.

In der Aussprache im Plenum unterstrichen die Äbte die Schwierigkeiten, vor welchen viele Klöster wegen Überalterung, wachsenden ökonomischen Verpflichtungen wegen der Anstellung von Personal und der Sicherstellung des Klosterbetriebs stehen. Dieser neuen «Betriebsamkeit» dürfe das «Innere, was die Ordensleute zusammenhält», nicht geopfert werden.

Viele Klöster müssten neue Akzente setzen und sich aufgrund der Überalterung auf die inneren Werte besinnen, ohne dabei einem «Narzismus» zu verfallen. Nach der «reichen Ernte» gelte es, den Samen des Evangeliums neu zu säen. Angesprochen wurde auch das Spannungsfeld, das im Zusammengehen von Ordensleuten, Angestellten und freiwilligen Helfern im Klosterleben entstehen kann.

Kloster und überalternde Gesellschaft

Die alternden Gemeinschaften in den Klöstern durchlebten heute eine Entwicklung, welche auch in der europäischen Gesellschaft zu beobachten sei, sagte der SÄK-Vorsitzende Hausmann. In den kommenden zwanzig Jahren werde auch die Gesellschaft «überaltern».

Den Kopf nicht hängen zu lassen, riet der österreichische Bischof Benno Elbs aus Feldkirch: «Wer, wenn nicht ihr!» soll im Alter positive Impulse für das Leben geben. Die Kirche dürfe nicht in der Vergangenheit leben, sondern im Heute, forderte Elbs.

Die Priorin des Benediktinerinnenklosters Fahr bei Zürich, Irene Gassmann, rief die Ordensleute dazu auf, einander zu ermutigen, und mahnte zu mehr Kooperation «mit dem Umfeld um uns herum». Dazu gehöre auch der Einbezug von Freiwilligen. Im Schrumpfungsprozesses, den die Kirche in Europa durchmache, müsse die «Führung Gottes anerkannt werden», meinte der Abt von Mariastein bei Basel, Peter von Sury, im Plenum.

«Optimal zu bewirtschaften»

Von Sury kennt die aktuelle Situation von Klöstern bestens. Er verglich diese mit KMUs. Viele «kleine und mittlere Unternehmen» sähen sich einer staatlichen Bürokratie gegenüber, die der Verwaltung der Firmen, also auch von Klöstern, vieles abverlange, sagte er gegenüber kath.ch. Viele Klöster müssten die Arbeiten durch Angestellte ausführen lassen. Die Einnahmen nähmen ab, die Ausgaben zu. Das Benediktinerkloster Mariastein setze alles daran, den Wallfahrtsort auch in Zukunft fit zu halten, also «optimal zu bewirtschaften». Kosten und Ausgaben müssten in Einklang gehalten werden.

Die SÄK-Treffen begrüsste von Sury als eine Möglichkeit des Austausches zwischen Benediktineräbten «auf Augenhöhe». Der Abt von Disentis, Abt Vigeli Monn, meinte gegenüber kath.ch, er komme in der Konferenz mit vielen Klosterverantwortlichen zusammen, «also Personen, welche die gleiche Verantwortung tragen und offen über die Problematik reden, die in Klöstern bestehen kann». Diese Kontakte könnten dazu beitragen, dass aufgrund der ausgetauschten Erfahrungen Fehler im eigenen Haus verhindert werden.

Auf das Gemeinsame im Kloster besinnen

Der Abt von Engelberg, Christian Meyer, sieht im Treffen die Möglichkeiten, die Erfahrungen der Klöster europaweit zu teilen. Eine Abtei in schwieriger Situation müsse sich auf die gemeinsamen Wurzeln der Gemeinschaft besinnen. Dabei kämen dem Abt vor allem auch zweierlei Aufgaben zu. Dieser sei Verwalter sowohl für die weltlichen Angelegenheiten wie auch für die spirituellen Bedürfnisse der Mitbrüder.

Abtprimas Notker: Gemeinsam viel erreichen

Das erfolgreiche Beispiel der deutschsprachigen «Salzburger Äbtekonferenz» ist für den Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, der willkommene Anlass, in anderen Sprachgruppen des Ordens auf die Schaffung ähnlicher Konferenzen zu drängen. Denn der Orden sei nicht zentralisiert. Darum müsse er an der Basis zusammenarbeiten. «Man kann unglaublich viel tun, wenn man zusammenarbeitet», sagte der Abtprimas gegenüber kath.ch.

Seine Arbeit als Abtprimas sehe er darin, zu motivieren und zu animieren. Die SÄK entspreche voll seinem Wunsch nach Subsidiarität. «Die Erfahrungen, die ich noch als Abt von Sankt Ottilien in der SÄK gemacht habe, habe ich in mein neues Amt hineingetragen. In der Konferenz bin ich hoffentlich ein gern gesehener Gast.»

Das Thema des SÄK-Treffens in der Schweiz bezeichnete der Abtprimas als «sehr spirituell. Die Ordensleute haben kein Privateigentum. Aber als Gemeinschaft müssen wir schauen, wie wir überleben. Da müssen alle zusammen daran arbeiten. Das ist sehr wohl spirituell, auch wenn es keine Kontemplation ist.»

Lassalle-Haus als gute Adresse

Das Treffen bot den Äbten die Möglichkeit, das frische renovierte Lassalle-Haus der Jesuiten in Bad Schönbrunn kennenzulernen. Die SÄK führt ihre Treffen jeweils in Tagungshäusern in Deutschland, der Schweiz und Österreich durch. Das Lassalle-Haus biete die geeigneten Räumlichkeiten, um eine derart grosse Konferenz aufzunehmen, sagte der  SÄK-Vorsitzende gegenüber kath.ch.

Der Bischof von Basel, Felix Gmür, begleitete die Ordensleute am Donnerstag an die Wirkungsstätte des Heiligen Bruder Klaus im Flüeli-Ranft. (gs)

«Salzburger Äbtekonferenz» im Lassalle-Haus | © 2016 Georges Scherrer
31. März 2016 | 15:43
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Seelsorge ist kein Amt

Die Präsenz der Frauen am Treffen unterstreiche, dass der Orden aus Schwestern und Brüdern besteht, sagte der Vorsitzende der «Salzburger Äbtekonferenz», Abt Theodor Hausmann, gegenüber kath.ch. Die Schwestern bildeten im Orden einen deutlich höhere Anteil als die Brüder. Der Abt bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen Schwestern und Brüdern bei den Benediktinern im deutschen Sprachraum als sehr gut. «Sie wächst, weil wir merken, dass wir viele gemeinsame Aufgabe haben. Eines der Zeichen der Zeit für die Klöster ist, dass wir vielmehr kooperieren müssen, als wir es in den zurückliegenden Jahrzehnten getan haben.»

Die Stimme der Frauen werde in der SÄK gehört. «Es ist natürlich zu hoffen, dass es zu einem Prozess kommt, in dem möglicherweise Frauen und Männer in einer Organisation zusammenfinden.» Das Mönchtum habe zur Frage «Frauen und Männer in der Kirche» seit 1700 Jahren eine ganz eigene Antwort anzubieten. Es gehe nicht darum, zu fragen: Wer ist ordiniert? Äbtissinnen hätten ihre eigene Jurisdiktion, ihre Klöster, und seien auch geistliche Lehrerinnen. «Wenn Seelsorge nicht eine Frage der Ordination, der Weihe oder einer bischöflichen Beauftragung ist, sondern des Vertrauens zu anderen Menschen, dann sind selbstverständlich auch Frauen, die geistliche Kompetenz haben, Seelsorgerinnen.» Die SÄK bringe diesen Gedanken in die Kirche ein. «Und es ist zu wünschen, dass auch die Gesamtkirche diesen Impuls der Mönche und des Mönchtums aufnimmt, Seelsorge in ganz neuer Dimension zu denken.»

Vom Einzelnen ausgehen

Die Kirche solle sich nicht auf die Weihe festlegen, sondern, «wie das von den Müttern und Vätern der Wüste überliefert wird», darauf bauen, dass «Menschen kommen und sagen: Gib mir ein Wort – und erst dann etwas in Gang kommt.» Seelsorge müsse etwas sein, «dass vom einzelnen Mensch ausgeht und nicht, weil es einen Seelsorge-Bezirk oder einen amtlichen Auftrag gibt».

Das Beispiel der Orden könne jenen in der Kirche, welche vor der Zusammenarbeit mit Frauen «Ängste habe», diese wegnehmen. «Wir sind erst dann wieder auf der Höhe der Zeit, wenn wir aushalten, dass es wie Hildegard von Bingen Frauen gibt, die öffentlich predigen und Zeugnis geben.» Die Kirchenlehrerin habe wesentliche mittelalterliche Reformen angestossen.

Priorin: Beispiel Einsiedeln und Fahr

Das Doppelkloster Einsiedeln/Fahr in der Schweiz könne ein Vorbild dafür sein, «dass gerade im Mönchtum Frauen und Männer zusammenarbeiten und die Kirche daraus lernen kann», sagte Priorin Irene Gassmann gegenüber kath.ch. Diese Zusammenarbeit bestehe seit Jahrhunderten als ein Selbstverständnis im klösterlichen Alltag. Die Kirche solle sich an dem orientieren, «was möglich ist. Gerade an uns Benediktinerinnen und Benediktinern ist es zu zeigen, was möglich ist. Wir dürfen nicht unter den Scheffel stellen, was gut funktioniert.» (gs)