Stabwechsel im neuen Jahr: Roland Loos übernimmt das RKZ-Präsidentenamt von Renata Asal-Steger an der Plenarversammlung der RKZ am 1. Dezember 2023.
Schweiz

Roland Loos: «RKZ und Bischofskonferenz sollten auf Augenhöhe kommunizieren»

Der neue RKZ-Präsident Roland Loos übernimmt das Amt in stürmischen Zeiten. Die Beziehungen zwischen RKZ und SBK gelten als angespannt. Roland Loos möchte «für eine entspanntere Atmosphäre sorgen». Trotzdem sei es wichtig, Druck aufrechtzuerhalten und die im Herbst vorgestellten Massnahmen zu implementieren. Das Thema Missbrauch wird auch in den nächsten Jahren einen grossen Stellenwert einnehmen.

Annalena Müller

Herr Loos, als neuer RKZ-Präsident treten Sie ein schweres Erbe an. Die Veröffentlichung der Hauptstudie zum Missbrauch im kirchlichen Umfeld wird in Ihre Amtszeit fallen – wie blicken Sie auf die nächsten Jahre?

Roland Loos*: Das ist einfach eine Realität. Sicher, ich könnte jetzt sagen: Mir wäre es lieber, dieses Thema wäre nicht auf dem Tisch oder: wir hätten es schon hinter uns. Aber es ist wie es ist und wir werden uns den Problemen stellen und sie lösen.

Der neue RKZ-Präsident Roland Loos (links) im Gespräch mit  Charles Martig Anfang Januar in Zürich.
Der neue RKZ-Präsident Roland Loos (links) im Gespräch mit Charles Martig Anfang Januar in Zürich.

Welchen Raum wird das Thema in den kommenden Jahren einnehmen?

Loos: Das Thema Missbrauch wird auch in den nächsten vier Jahren wichtig sein. Es ist so viel Schlimmes passiert, das kann man nicht zurücknehmen und dem müssen wir uns stellen. Dafür muss alles, was passiert ist, auf den Tisch. Und dabei die Opfer nicht vergessen. Und gleichzeitig müssen wir in die Zukunft schauen.

Wie kann das aussehen?

Loos: Es wird jetzt vor allem darum gehen, die verschiedenen beschlossenen Massnahmen umzusetzen…

… die nationale Meldestelle, der Strafgerichtshof, die Professionalisierung des Personalwesens…

Loos: Genau. Diese und weitere von der RKZ geforderte Massnahmen sollen die Strukturen schaffen, damit so etwas künftig nicht mehr passieren kann.

«Gänzlich vermeiden kann man Missbrauch nicht.»

Natürlich muss man realistisch sein. Gänzlich vermeiden kann man Missbrauch nicht – nicht in der Kirche und nicht in der Gesellschaft. Aber man kann und muss die notwendigen Strukturen und Prozeduren implementieren, um in einem solchen Fall richtig zu handeln und Vertuschung zu verunmöglichen.

Das klingt sehr nüchtern.

Loos: Wenn ich das so analytisch sage, dann nicht, weil es mich nicht betroffen macht oder weil ich wie ein Roboter reagieren würde. Sondern weil es einfach dazugehört: Das Problem, das man erkannt hat, muss man bestmöglich lösen.

Der Ingenieur Roland Loos ist Technik- und Weltraumfan.
Der Ingenieur Roland Loos ist Technik- und Weltraumfan.

Kommt hier der Ingenieur Roland Loos zum Vorschein?

Loos: Ich denke sicher recht kartesianisch oder ingenieursmässig. So gehe ich an Dinge immer heran: Wenn es ein Problem gibt, dann muss man es analysieren, man muss Lösungen suchen und man muss diese implementieren.

«Es ist wichtig, sich nicht nur auf Probleme zu fokussieren.»

Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass man sich jetzt nicht nur auf die Probleme fokussiert. Und auch für das RKZ-Präsidium ist es wichtig, dass man auch weiterhin an anderen Projekten arbeitet und die positiven Engagements der Kirche nicht vergisst.

Die Westschweizer Kirche gilt im Vergleich zur Kirche in der Deutschschweiz als konzilianter. Werden Sie den Reform-Druck fortsetzen oder suchen Sie den Ausgleich?

Loos: Ich glaube, es muss beides gehen. Einen gewissen Druck für die Umsetzung der notwendigen Reformen aufrechtzuerhalten ist wichtig. Aber es ist auch wieder für eine entspanntere Atmosphäre zwischen RKZ und SBK zu sorgen. Ausserdem gibt es ja auch den klaren Auftrag der Delegierten an das Präsidium aus dem Dezember…

Die Kantonalkirchen haben den Einsatz des Finanzhebels als Druckmittel grossmehrheitlich abgelehnt…

Loos: Richtig. Und ich stehe hinter dem, was das Präsidium der RKZ im September gesagt hat. Es war nötig, dass wir im Herbst etwas forscher aufgetreten sind. Selbst wenn jetzt einige deswegen motzen, man muss auch sehen: Es wurde einiges in Bewegung gesetzt und das ist gut und wichtig.

Pierre Cornu und Brigitte Tag unterstützten Bischof Bonnemain bei der kanonischen Voruntersuchung
Pierre Cornu und Brigitte Tag unterstützten Bischof Bonnemain bei der kanonischen Voruntersuchung

Was ist Ihrer Meinung nach ein Beispiel dafür, dass der RKZ-Druck etwas bewirkt hat?

Loos: Ein besonders positives Beispiel war die Zusammenarbeit mit Bischof Joseph Maria Bonnemain, um die beiden externen Fachpersonen für die kanonische Voruntersuchung auszuwählen mit ihnen Verträge abzuschliessen. Dies verlief sehr einvernehmlich und positiv.

Wie hat Bischof Bonnemain im September reagiert, als die RKZ ihn von der Forderung nach externer Unterstützung informiert hat?

Loos: Ich glaube schon, dass er erstaunt war, aber es auch begrüsst hat. Es war mehr die Art und Weise, die ungewohnt war, weil wir haben ja einfach mitgeteilt: «Wir werden das morgen so im «SRF-Club» kommunizieren».

«Eigentlich kommunizieren RKZ und SBK nach Absprache.»

Das war schon ein ungewohnter Ton, denn eigentlich kommunizieren RKZ und SBK nach Absprache. Das war hier nicht der Fall, und ist auch nicht immer der Fall in die andere Richtung. Aber ich finde auch, es war eine Ausnahmesituation und muss eine solche bleiben. Prinzipiell gilt für mich: RKZ und SBK kommunizieren auf Augenhöge. Ich weiss, nicht alle hören das gerne. Aber als getaufte Christen, als Katholiken und Katholikinnen, sind wir gleich. Ich respektiere Leute, nicht Titel.

Urs Brosi stellte im September 2023 im "SRF-Club" die RKZ-Forderungen vor. Darunter auch die Entkopplung von Missio und Lebensführung.
Urs Brosi stellte im September 2023 im "SRF-Club" die RKZ-Forderungen vor. Darunter auch die Entkopplung von Missio und Lebensführung.

Haben Sie schon einen Plan, wie die Beziehungen zwischen RKZ und SBK nach einem heissen Herbst entspannt werden können?

Loos: Ich bin ein Fan der persönlichen Begegnung und des informellen Gesprächs. Ich sage immer: «Allons manger une pizza ensemble» («Gehen wir eine Pizza essen»). Ob es dann wirklich eine Pizza ist, ist ja egal. Aber zusammen essen und trinken, das sind Momente, in denen man sich als Menschen begegnen kann. Das ist eine schöne waadtländische Tradition, die ich hier gelernt habe und die ich sehr schätze. Beziehungen entspannt man selten im grossen formalen Kreis, sondern im kleinen Rahmen. Ich werde sicherlich versuchen, die Bischöfe informell zu treffen. Erste Termine sind abgemacht.

«Wer finanziert, darf auch mitreden.»

Reichen Waadtländer Gemütlichkeit und Wein aus dem Lavaux, um die Probleme zu lösen?

Loos: Ich denke, Entspannung ist jetzt wichtig und das Bekenntnis: Wir gehen den Weg gemeinsam. Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass es ein Weg ist, auf dem noch viel zu tun bleibt. Dazu gehört die Frage nach der Entkopplung des Privatlebens und der Missio; aber auch die der Umsetzung der Meldestelle und des geplanten nationalen Straf- und Disziplinargerichtes und die Festlegung ihrer Kompetenzen. Das sind nur einige der drängendsten Probleme, die wir als Kirche Schweiz lösen müssen. Und es wird auch da irgendwann um die Frage der Finanzierung gehen. Und ich bin Unternehmer genug um zu finden: Wer finanziert, darf auch mitreden.

Ein ausführliches Porträt des neuen RKZ-Präsidenten lesen Sie morgen auf kath.ch.

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*Roland Loos (62) ist seit dem 1. Januar 2024 neuer Präsident der RKZ. Der gebürtige Luxemburger ist Vizepräsident der Waadtländer Kantonalkirche FEDEC. Der Ingenieur und Unternehmer ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern


Stabwechsel im neuen Jahr: Roland Loos übernimmt das RKZ-Präsidentenamt von Renata Asal-Steger an der Plenarversammlung der RKZ am 1. Dezember 2023. | © zVg
22. Januar 2024 | 12:00
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