Roland Loos - als junger Pfadfinder und heute.
Konstruktiv

Roland Loos heisst bei der Pfadi «geschäftiger Dachs»

Das Bundeslager ist für die Familie Loos ein Pflichttermin. RKZ-Vizepräsident Roland Loos (61) ist Pfadfinder aus Leidenschaft – und in den nächsten zwei Wochen im Wallis im Einsatz. Bei der Pfadi hat er einst seine Frau kennen gelernt.

Sarah Stutte

Sind Sie ein Pfadfinder aus Leidenschaft?

Roland Loos*: Unbedingt. Ich wurde 1968 Pfadfinder, noch in meiner Heimat Luxemburg. Für mich ist das auch ein Stück Tradition, Familiengeschichte. Meine Eltern haben sich in der Pfadi kennengelernt, genauso wie meine Frau und ich. Unsere drei Kinder waren ebenfalls alle Pfadfinder und unser ältester Sohn Martin ist nun schon seit zehn Tagen im Goms mit der Vorbereitung beschäftigt. Seit fünf Jahren ist er an der Planung des Bundeslagers beteiligt. 

Hier sieht man den gelben Holzturm der Funker im BuLa. Die Kirche steht auf der anderen Seite des Turmes.
Hier sieht man den gelben Holzturm der Funker im BuLa. Die Kirche steht auf der anderen Seite des Turmes.

Was sind Ihre Aufgaben im Bundeslager im Goms?

Loos: Das Lager ist eingeteilt in Kontinente, diese wiederum in Quartiere und letztere bestehen dann aus den einzelnen lokalen Einheiten, die aus der gesamten Schweiz anreisen. Ich bin in einem Team engagiert, das für die Kommunikation zwischen der Lagerleitung und den einzelnen Einheiten zuständig ist. Dabei geht es vor allem darum, Augen und Ohren dafür offen zu halten, was gut läuft und wo es vielleicht Probleme oder Konflikte gibt. 

«Hier kann sich jede und jeder wohlfühlen, unabhängig von Konfession und Glaubensrichtung.»

Was unterscheidet die Pfadi in Luxemburg zu derjenigen in der Schweiz?

Loos: Die Pfadi-Bewegung Schweiz (PBS) ist religionsneutral. Hier kann sich jede und jeder wohlfühlen, unabhängig von Konfession und Glaubensrichtung. Gleichzeitig gibt es auch den Verband katholischer Pfadinderinnen und Pfadfinder (VKP), der die katholischen Einheiten in der Deutschschweiz zusammenbringt. In vielen Ländern gibt es konfessionelle Verbände. In Luxemburg ist der grösste Pfadfinderverband ein ursprünglich katholischer, der heute christlich orientiert ist und durch die katholische Kirche unterstützt wird. Auch dieser nimmt Kinder und Jugendliche aller Religionen auf.

Im Goms wird gerade das Pfadi-Bundeslager aufgebaut.
Im Goms wird gerade das Pfadi-Bundeslager aufgebaut.

Allgemein sind die verantwortlichen Leiterinnen und Leiter in Luxemburg schon älter als in der Schweiz. Luxemburg hat sich stets stark nach Frankreich ausgerichtet und sich schon in den 1970er-Jahren dem pädagogischen Ziel verpflichtet, Gleichberechtigung zu fördern und Konzepte zu entwickeln, wie Mädchen und Jungen koedukativ gefördert werden können. 

«Es gibt Orte und Möglichkeiten, an denen junge Menschen vorbehaltlos Freunde sein können.»

Welche Erinnerungen haben Sie an die Pfadi-Zeit? 

Loos: Spontan kommt mir ein Ereignis an einem Jamboree in den Sinn – das ist ein Weltpfadfindertreffen, das alle vier Jahre stattfindet. 1975 wurde es in der Nähe der norwegischen Stadt Lillehammer ausgerichtet. Knapp zwei Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg gab es im Lager sowohl israelische wie palästinensische Gruppen, die alle gemeinsam Fussball spielten. 

Ich war damals 14 Jahre alt und hatte zuvor all die schrecklichen Nachrichten über den Krieg gelesen. Für mich war es deshalb ein Lichtblick, festzustellen, dass es Orte und Möglichkeiten gibt, an denen junge Menschen vorbehaltlos zusammenkommen und Freunde sein können. Auch ich habe in diesen Jahren lebenslange Freundschaften geschlossen, die mir bis heute wichtig sind. 

Roland Loos
Roland Loos

Was konnten Sie für sich aus dieser Zeit mitnehmen?

Loos: Die Pfadi ist eine Bewegung, in der Kinder und Jugendliche sehr früh Respekt gegenüber anderen und der Natur lernen und Verantwortung übernehmen. Handwerkliche Fähigkeiten werden genauso gefördert wie Spiritualität. Zudem lernt man zu organisieren, zu vermitteln und mit den unterschiedlichsten Menschen auszukommen. Das hat mich durch meine ganze berufliche Tätigkeit stets begleitet und war sehr hilfreich für mich. 

«Ich heisse ‘blaireau affairé’ – geschäftiger Dachs.» 

Wie ist Ihre Pfadi-Taufe abgelaufen und was ist Ihr Pfadiname?

Loos: Eine Taufe und einen Pfadinamen gibt es in Luxemburg nicht. Ich wurde erst mit etwa 21 Jahren als Abteilungsleiter in Lausanne getauft und bekam den Namen «blaireau affairé». Das bedeutet auf Deutsch etwa: geschäftiger Dachs. 

Das müssen Sie noch ein wenig erläutern…

Loos: Einerseits spielt der buschige Schwanz des Dachses auf den ziemlich dicken und relativ struppigen Bart an, den ich damals hatte. Die Bezeichnung hat aber eine Doppelbedeutung. Auf Französisch ist mit «blaireau» auch der Rasierpinsel gemeint.

Roland Loos (6. von links) ist RKZ-Vizepräsident.
Roland Loos (6. von links) ist RKZ-Vizepräsident.

Können Sie sich heute noch damit identifizieren? 

Loos: Nein (lacht). Als ich meine Frau kennenlernte, war die Gesichtsbehaarung schnell weg. Seit dieser Zeit hatte ich nie mehr einen Bart. 

Sie sind an Raumfahrt interessiert. Wird der Forschungsdrang in der Pfadi speziell gefördert? 

Loos: Als Ingenieur leite ich das Solarstratos-Projekt und mache einen Solarflieger flott, damit dieser in die Stratosphäre fliegen kann. Ich glaube schon, dass meine Begeisterung für die Raumfahrt auf der Pfadi-Idee fusst, Fragen zu stellen und neugierig zu sein. Dem Wunsch, die Welt verändern zu wollen und daran zu glauben, etwas Positives dazu beitragen zu können, um sie besser zu verlassen. Meinen Forschungsdrang hat sie sicherlich beeinflusst. 

* Roland Loos (61) ist Vize-Präsident der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ) und langjährig in der Pfadfinder-Bewegung Schweiz (PBS) aktiv. In den 90er-Jahren war er Mitglied der Bundesleitung der PBS und verantwortlich für die internationalen Beziehungen. Er stammt ursprünglich aus Luxemburg.


Roland Loos – als junger Pfadfinder und heute. | © zVg
20. Juli 2022 | 06:10
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