Rita Famos
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Rita Famos: Quasi-Religionspolitik durch die Hintertür

Die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Rita Famos fürchtet um die Einschränkung der Religionsfreiheit in der Schweiz. Grund: Aufgrund dreier Gesetzesänderungen zu den Nachrichtendiensten, dem Asylgesetz und dem Zivilgesetzbuch sei der Schutz der Arbeit von Geistlichen gefährdet ebenso wie die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen.

«Grundsätzlich funktioniert zwar die Arbeitsteilung, nach der der Bund die religiösen Freiheitsrechte der einzelnen Person schützt und die Kantone die institutionalisierten
Religionsgemeinschaften regeln, zuverlässig. Jedoch weist das Konstrukt der religionspolitischen Arbeitsteilung eine systemische Schwachstelle auf. Denn die Regelungen der institutionellen Belange der Religionsgemeinschaften haben Auswirkungen auf die Art und Weise, wie eine Person von ihren religiösen Freiheitsrechten Gebrauch machen kann.

Genau auf dieser Schnittstelle hielt jüngst eine Quasi-Religionspolitik auf Bundesebene durch die Hintertür Einzug. Konkret geht es um die bundesrechtliche Regelung der religiösen Seelsorge in gleich drei aktuellen Gesetzesvorlagen.

So unterschiedlich die Gesetzesvorlagen im Einzelnen sind, stimmen sie darin überein, dass der Gesetzgeber auf Bundesebene sein religiöses Desinteresse aufgibt und unter bestimmten Umständen auf die religiösen Überzeugungen und Betätigungen der Person zugreifen will. Zu diesem Zweck sollen die geistlichen Geheimnisträgerinnen und – träger entweder als Informationsquellen nachrichtendienstlich genutzt und zur Kooperation mit staatlichen Behörden verpflichtet werden können. Oder die religiöse Seelsorge soll funktional in den Dienst staatlicher Sicherheits- und Ordnungsaufgaben gestellt werden.»

Das schreibt Rita Famos, Pfarrerin und Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), in einem Gastkommentar der «NZZ». (woz)


Rita Famos | © Christian Merz
20. Juni 2023 | 10:30
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