Die oberste deutsche Katholikin Irme Stetter-Karp und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, bei der Eröffnung Katholikentags
International

Reden und Rock: nachdenklich-fröhlicher Auftakt des Katholikentags

Mit einem Abend der Begegnung hat der 102. deutsche Katholikentag in Stuttgart begonnen. Beim feierlichen Auftakt sprachen die Vorsitzende des Zentralkomitees der Katholiken Irme Stetter-Karp und der deutsche Bundespräsident Frank Walter Steinmeier.

Christoph Scholz und Anna Fries

Gleich zum Auftakt hat der 102. Katholikentag in Stuttgart gezeigt, was das Motto «leben teilen» bedeuten kann. Der «Abend der Begegnung» war vor allem ein fröhliches Willkommensfest, für die bis zu 30’000 Gäste, die bis Sonntag in der Landeshauptstadt erwartet werden. Die gastgebende Diözese Rottenburg-Stuttgart lud bei angenehmen Temperaturen zu einem kulturellen und kulinarisch-bunten Abend in der Innenstadt ein. Unbeschwertes Wiedersehen nach mehr als zwei Jahren Pandemie.

Katholikenschal und Ukraine-Schal

Endlich wieder ein Präsenz-Katholikentag, jubilierte die neue Vorsitzende des Zentralkomitees der Katholiken, Irme Stetter-Karp, bei der Eröffnung im Schlossgarten vor rund 6000 Besuchern – eine vergleichsweise überschaubare Menge. So zeugten eher die vielen weissen Pavillons in Parks und Strassen zwischen Schloss und Bahnhof vom Katholikentreffen als die Besucher mit dem lachsfarben Katholikentagsschal. Einige trugen zudem einen blau-gelben Schal der Solidarität mit der von Russland angegriffenen Ukraine.

Schals in den Nationalfarben der Ukraine bei einem Gebet zur Eröffnung des Katholikentags
Schals in den Nationalfarben der Ukraine bei einem Gebet zur Eröffnung des Katholikentags

Glauben und Zuversicht

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zitierte zum Auftakt seiner Rede Hölderlins Strophen aus «Stuttgart»: «Voll ist die Luft von Fröhlichen jetzt und die Stadt […] ist / Rings von zufriedenen Kindern des Himmels erfüllt». Allerdings stimmte er auch auf die herausfordernden, ja bedrückenden Themen ein, die die Debatten des Katholikentages prägen werden: vom Überfall auf die Ukraine bis zum innerkirchlichen Reformprozess. Die Welt «braucht das Zeugnis eines Glaubens, dessen Zuversicht immer noch ein Stück grösser ist als Verzagtheit», ermutigte der bekennende Protestant seine katholischen Mitchristen.

Einige trafen eher zufällig auf die Veranstaltung. Kevin zog die Musik auf der Hauptbühne im Schlossgarten an, die Steinmeier-Rede liess ihn bleiben. Er fand es «cool», dass Menschen auch im Vorbeigehen am Katholikentreffen teilnehmen können.

Ökumenisches Musikpotpourri

Das galt besonders für den «Abend der Begegnung», wo es «(fast) grenzenlos schwäbisch ökumenisch» wurde – zumindest beim gleichnamigen Musikpotpourri auf der Marktplatz-Bühne. Die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben intonierten ein «Willkommen in Stuttgart», die Bläserkantorei spielte Fetziges und der Gospelchor der Evangelischen Kirche in Stuttgart Besinnliches. Gesungene Ökumene, von der sich viele zufällige Besucher noch mehr wünschten.

Die Bühne auf dem Kronprinzenplatz war hingegen fest in der Hand der katholischen Jugend. Unter dem Motto «Crown Festival – Music, Food, Fun» gab es Swing, Jazz und Rock. Das freie Gymnasium Sankt Meinrad aus Rottenburg am Neckar stellte eigene Kompositionen vor und das Mädchengymnasium Sankt Agnes aus Stuttgart Singer und Songwriter. Grossen Zuspruch fand ein Mitsing-Projekt auf dem Schlossplatz zu Händels «Halleluja».

Für mehr Frauenrechte

Marie-Anna Ellmer erhofft sich vom Katholikentag «gemeinsam mit anderen Glaube und Gemeinschaft zu spüren». Mit der Institution und der kirchlichen Haltung etwa zur Frauenfrage hadert sie hingegen, will aber «für mehr Rechte kämpfen». Jürgen und Marita Kutschmann gehören zu den Stammgästen. Seit 20 Jahren haben die Osnabrücker keinen Katholikentag verpasst. Das Event lasse «erleben, wie offen die Kirche sein kann». Unter dem Motto «Dem Himmel ein bisschen näher» steht denn auch eine Bläserperformance im Schlossgarten mit traditioneller Volksmusik.

Zu den 130’000 Katholiken im Südwesten gehören aber immer mehr Mitglieder aus den 18 Gemeinden anderer Muttersprachen, nicht zuletzt die Ukrainisch griechisch-katholische Gemeinde, die sich besonders um Kriegsflüchtlinge aus ihrer Heimat kümmert. So waren auch kroatische Chormusik, albanische Folklore oder Liebeslieder aus Italien zu hören.

Kaiserstatue verhüllt

«Wir können alles. Ausser Hochdeutsch», lautete einst ein Werbeslogan von Baden-Württemberg. Auch feiern, könnte man an diesem Abend hinzufügen – nur der alte Kaiser Wilhelm blieb aussen vor. Die Statue auf dem Kaiserplatz war rot verhüllt: ein später Protest gegen das Koloniale Kaiserreich. (kna)

Die oberste deutsche Katholikin Irme Stetter-Karp und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, bei der Eröffnung Katholikentags
26. Mai 2022 | 09:42
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