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Prozess: Ex-Kaderbanker und Adullam-Sektenführer soll Millionen erschwindelt haben

Ein 44-jähriger Ex-Kadermitarbeiter einer Grossbank, Sektenführer und Generalstabsoffizier soll seine Geschwister, einen Vorgesetzten, eine Arbeitslosenkasse und ein Mitglied der Sekte Adullam um total 4,8 Millionen Franken geprellt haben. Nun droht ihm eine Freiheitsstrafe von acht Jahren.

Der 44-Jährige stand am Mittwoch in St. Gallen vor Kreisgericht. Die Anklage wirft ihm gewerbsmässigen Betrug, Veruntreuung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung, Steuerbetrug und weitere Delikte vor. Die Staatsanwältin forderte eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und eine Busse. Das Urteil wird später bekanntgegeben.

Vorzeitiger Strafvollzug

Der Beschuldigte befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug. Nach seiner Freilassung soll er gemäss Anklage für fünf Jahre mit einem Berufsverbot für jegliche Tätigkeit in der Finanz-, Immobilien- und Treuhandbranche belegt werden. Laut einem psychiatrischen Gutachten besteht Rückfallgefahr.

Luxuriöser Lebensstil

Der Beschuldigte soll zwischen 2007 und 2019 auf betrügerische Art mit Darlehen, Geldanlagen und Immobilien jongliert und so seinen luxuriösen Lebensstil finanziert haben. So kaufte er einen Flügel für 115’000 Franken, ein Cello für 30’000 Franken, einen teuren Diamantring und zwei historische Militärflugzeuge.

«Hochstapler-Manier»

Sein Bruder, seine Schwester, sein Schwager und weitere Bekannte vertrauten dem Karriere-Banker über Jahre hinweg immer wieder grosse Geldsummen an. Statt diese wie versprochen anzulegen, verprasste der Beschuldigte einen grossen Teil des Geldes. Laut der Staatsanwältin handelte er «in Hochstapler-Manier».

Er habe seine Familienangehörigen «ausgesaugt wie ein Vampir». Obwohl er bis zu 323’000 Franken im Jahr verdiente, habe er mit seiner Familie «massiv über die Verhältnisse» gelebt. Als ihn die Bank 2018 fristlos entliess, fand er in Paris eine neue Anstellung.

Illegal Arbeitslosengeld

Gleichzeitig bezog er in der Schweiz illegal Arbeitslosengeld. Im Juni 2019 wurde der Beschuldigte festgenommen. Er zeigte sich teilweise geständig und anerkannte Forderungen der Geschädigten von insgesamt 3,14 Millionen Franken. Eine Liegenschaft, ein Flugzeug und der Flügel wurden verwertet. Laut Anklage blieb aber immer noch ein Gesamtschaden von 1,6 Millionen.

Betrugsabsicht verneint

Auf die Fragen des Gerichts antwortete der Beschuldigte eloquent und rechtfertigte sich wortreich. Er habe den Fehler gemacht, privates und fremdes Geld zu vermischen, gab er zu. Doch habe er nie die Absicht gehabt, andere zu betrügen. Er habe immer für die ihm anvertrauten Gelder gerade stehen wollen.

Der Verteidiger forderte Freisprüche in allen wichtigen Punkten. Der Beschuldigte werde zu Unrecht als «Monster» dargestellt. Er habe im Beruf und in der Armee Karriere gemacht und sich vielseitig engagiert. Seine Investments seien erfolgreich gewesen, und er habe genug verdient, um seinen Lebensstandard zu finanzieren.

Sekte Adullam

Zu den Geprellten gehört auch ein vermögendes Mitglied der christlich-fundamentalistischen Sekte Adullam. Der Vater des Beschuldigten hatte die Glaubensgemeinschaft im Toggenburg gegründet. Seit dem Tod des Vaters 2016 soll der Beschuldigte der Führung von Adullam angehören. (sda)


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20. April 2022 | 17:32
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