Philippe Charmillot, Diakon
Schweiz

Philippe Charmillot: Auch die anderen Bistümer könnten das Papier «Heiliger Boden» unterschreiben

Papst Franziskus lebt einen pastoralen Ansatz: mehr Realität wagen – weniger Moral predigen. Das ist auch ganz im Sinne von Diakon Philippe Charmillot (58). Er vertritt die Schweiz an der Weltfamiliensynode in Rom. Und hofft, dass das Pastoralpapier «Heiliger Boden» künftig schweizweit gilt.

Raphael Rauch

Warum leiten Sie die Schweizer Delegation an der Weltfamiliensynode?

Philippe Charmillot*: Bischof Markus Büchel ist innerhalb der Schweizer Bischofskonferenz für die Familienpastoral zuständig. Er ist allerdings verhindert. Daher wurde ich gebeten, die Schweizer Delegation zu koordinieren. Ich bin seit August im Kanton Jura und im Bernerjura für die Familienpastoral zuständig und freue mich sehr auf die Reise.

Mit wem fahren Sie nach Rom?

Charmillot: Wir sind eine sehr kleine Delegation: Aus der Deutschschweiz nimmt ein Ehepaar aus Münsingen BE mit seinen zwei Kindern teil. Aus dem Bistum Lugano kommt ein Ehepaar mit, das für die Familienpastoral im Tessin zuständig ist. Und aus der Westschweiz reist meine Kollegin aus Genf an, die dort für die Familienpastoral verantwortlich ist. Und ich als Vertreter der Jura-Pastoral. Wir reisen am 21. Juni nach Rom und bleiben bis zum Angelus, also bis zum 26. Juni.

«Wir erleben gerade neue Zeiten in der Kirche.»

Worauf freuen Sie sich besonders?

Charmillot: Wir erleben gerade neue Zeiten in der Kirche. Die Arbeit von «Amoris laetitia» trägt Früchte. Hinzu kommt der synodale Prozess. Ich hoffe, in Rom viel von dieser Aufbruchstimmung zu spüren. Ich freue mich auf ein buntes, dynamisches Familienfestival und auf den Austausch mit Menschen aus aller Welt.

Was bedeutet Ihnen das Leitwort des Weltfamilientreffens: «Die Liebe in der Familie: Berufung und Weg zur Heiligkeit»?

Charmillot: Wir hatten im Bistum Basel einen sehr intensiven synodalen Prozess. Klar wurde: Viele Menschen fühlen sich nicht gehört. Ich denke besonders an Alleinerziehende, Geschiedene oder LGBTQ. Doch auch sie leben in gelingenden Beziehungen. Ich möchte niemandem absprechen, unterwegs auf dem Weg zur Heiligkeit zu sein.

«Das Pastoralpapier ‹Heiliger Boden› stellt die Menschen ins Zentrum und nicht das Kirchenrecht.»

Der Titel «Weg zur Heiligkeit» erinnert mich an das Pastoralpapier «Heiliger Boden» der Bistümer St. Gallen und Basel.

Charmillot: Ich bin froh, dass das Papier inzwischen auch ins Französische übersetzt wurde. Ich finde es exzellent. Es atmet den Geist von «Amoris laetitia» und stellt die Menschen ins Zentrum – und nicht das zuweilen eng ausgelegte Kirchenrecht. Ich finde es schade, dass die anderen Schweizer Bistümer das Papier bislang nicht unterschrieben haben – aber das kann ja noch kommen.

«Die Geburt von Kindern in Regenbogen-Familien fordert die Gesellschaft und die Kirche heraus.»

In der Schweiz gilt ab dem 1. Juli die «Ehe für alle». Ist auch eine Regenbogenfamilie eine Familie?

Charmillot: Ja klar, im etymologischen Sinne. Aber die Geburt von Kindern in solchen Paaren fordert die Gesellschaft und die Kirche heraus.

Was wird in Rom inhaltlich geboten?

Charmillot: Es gibt viele Programmpunkte. Es kommen 2000 Delegierte aus über 120 Ländern. Ein thematischer Schwerpunkt ist der Dialog zwischen Jung und Alt in Kirche und Familie. Aber es geht auch um die Herausforderungen durch Digitalisierung, Liebe, Sexualität und Migration. Ich denke, wir können viel lernen – aber auch unsere Erfahrungen aus der Schweiz einbringen.

* Philippe Charmillot (58) ist Diakon des Bistums Basel und im Jura-Pastoral für die Familienpastoral zuständig. Das 10. Weltfamilientreffen in Rom beschliesst das von Papst Franziskus ausgerufene «Amoris-laetitia-Familienjahr». Das Aktionsjahr befasste sich mit dem 2016 von Franziskus veröffentlichten Schreiben zu Ehe und Familie.


Philippe Charmillot, Diakon | © zVg
12. Juni 2022 | 17:21
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