Zölibat auf dem Prüfstein.
Schweiz

Pfarrer von Brigels möchte Beziehung zu einer Frau öffentlich leben

Brigels GR, 16.7.18 (kath.ch) Der Pfarrer von Brigels, Marcel Köhle, legt sein Amt wegen einer Beziehung zu einer Frau nieder. In der Zwischenzeit hat Bischof Vitus Huonder dessen Demission bereits angenommen. Der Kirchgemeindepräsident Sep Cathomas bedauert den Abgang und Zöfra-Gründerin Gabriella Loser Friedli weist auf die unsichere finanzielle Zukunft in solchen Fällen hin.

Fabio Paulitti

Der katholische Priester Marcel Köhle (geboren 1983) hat im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst vom 15. Juli seine Demission bekanntgemacht, wie es in der Stellungnahme der Kirchgemeinde Brigels heisst. Als Grund gab Köhle in seiner Abschiedsrede an, eine Frau kennengelernt zu haben, mit welcher er die Beziehung öffentlich leben möchte. Die ständige Auseinandersetzung mit dem Zölibat-Versprechen und der Frage, was er in seinem Leben wolle, haben ihn zu dieser Entscheidung geführt. Köhle hat seine Stelle in Brigels im vergangenen Jahr angetreten.

Der Bischof von Chur, Vitus Huonder, hat die Demission des Pfarrers mit sofortiger Wirkung angenommen, wie es in einer Medienmitteilung des Bistums (15. Juli) heisst. Zuvor habe der Bischof Gespräche mit Köhle und dem für Graubünden zuständigen Generalvikar Andreas Fuchs geführt. In der Mitteilung lässt das Bistum verlauten, dass es die Entscheidung Köhles bedauere. Die persönlichen Umstände, die den Geistlichen zu der Entscheidung geführt haben, werden vom Bistum nicht kommentiert.

Ein unerwarteter Abgang

Für Sep Cathomas, Präsident der Kirchgemeinde Brigels, kam die Demission unerwartet, wie er in seiner Mitteilung erklärt. Er bringt aber viel Verständnis für Köhle auf und bedankt sich für dessen Dienst in der Gemeinde.

Cathomas schreibt weiter, dass es nicht mehr möglich sein werde, das bestehende Seelsorgeangebot in der Pfarrei beizubehalten. Er hat aber flankierende Massnahmen angekündigt. Diese seien nur vorübergehend und geschähen in Zusammenarbeit mit den Seelsorgern und Pastoralassistenten der Pfarrei.

Kein Pfarrer mehr für Brigels?

Langfristig sehe es schwieriger aus, sagt Cathomas auf Anfrage. Er befürchtet, keinen Priester mehr für seine Kirchgemeinde zu finden. Auch andere Pfarreien in der Umgebung von Brigels fänden nur Priester in hohem Alter oder gar keinen Pfarrer. Es sei nun ein Treffen mit Generalvikar Fuchs geplant, bei dem eine langfristige Lösung für Brigels gesucht werden soll.

Köhle befindet sich laut Cathomas in einem zweiwöchigen Urlaub. Danach werde sein Name nicht mehr auf der Lohnliste der Kirchgemeinde zu finden sein. Die finanzielle Absicherung nach seiner Freistellung sei noch nicht besprochen worden. Dies geschehe aber im Gespräch mit Marcel Köhle.

Doppelte Kritik am Zölibat

In der Stellungnahme der Kirchgemeinde Brigels kritisiert Präsident Cathomas zudem das Zölibat. Es handle sich hier um ein Problem, das von der katholischen Kirche nicht weiter hinausgeschoben werden dürfe. Der Zwang zum Zölibat hindere immer mehr junge Männer, Priester zu werden.

Die Gründerin des Vereins «Vom Zölibat betroffene Frauen» (ZöFra), Gabriella Loser Friedli, bedauert die Demission Köhles, wie sie auf Anfrage sagte. Es sei schade, dass die katholische Kirche wieder eine Person mit viel Kompetenzen verloren habe. Sie erklärt, dass es für Priester schwierig sei, sich nach einer Freistellung finanziell abzusichern, da die Kirche einen solchen Fall des Zölibat-Bruchs gar nicht vorsehe.

Auf das staatliche Arbeitslosengeld könnten sich ehemalige Priester auch nicht stützen. Denn wenn man den Verlust des Arbeitsplatzes selbst verschuldet habe, könne man Arbeitslosengeld nur beschränkt beziehen. Es steht aber gemäss Loser Friedli dem zuständigen Bischof frei, den in den Laienstand versetzten Priester wieder in den Kirchendienst aufzunehmen.

Zölibat auf dem Prüfstein. | © KNA
16. Juli 2018 | 17:32
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