Paul Martone - hier im Vatikan
Schweiz

Paul Martone: «Es wird Missbrauch betrieben mit dem Missbrauch»

Dass momentan der Katholizismus «verteufelt» und die Kirche für alles verantwortlich gemacht werde, kritisiert Paul Martone. Die Medien spielten dabei eine entscheidende Rolle. Sie müssten sich dreimal an die Brust schlagen und sich ihrer Verantwortung stellen, so der Walliser Priester.

Jacqueline Straub

Das Ansehen der Kirche liegt am Boden, schreibt Paul Martone in einem Kommentar im «Walliser Bote». Wer in den vergangenen Wochen die Presse verfolgt habe, frage sich vielleicht, «ob wir uns als Kirche nicht besser ‹abmelden›, schweigen und Busse tun sollten». Denn die Ausmasse an sexuellem Missbrauch haben das Selbstverständnis der Kirche und das Vertrauen in sie erschüttert.

V.l.: RKZ-Präsidentin Renata Asal-Steger, Bischof Joseph Bonnemain, Beat Müller, Medienverantwortlicher der Universität Zürich und die Projektleiterinnen Marietta Müller und Monika Dommann an der Medienkonferenz zur Missbrauchsstudie.
V.l.: RKZ-Präsidentin Renata Asal-Steger, Bischof Joseph Bonnemain, Beat Müller, Medienverantwortlicher der Universität Zürich und die Projektleiterinnen Marietta Müller und Monika Dommann an der Medienkonferenz zur Missbrauchsstudie.

«Dass Leute die Kirche aus Protest verlassen, geschockt über die Grösse dieser Untaten, ist manchmal verständlich, auch wenn jeder einzelne Austritt sehr zu bedauern ist. Hoffnung lässt sich nicht verordnen oder gar befehlen, doch lassen wir uns die Hoffnung nicht nehmen, lassen wir uns nicht lähmen», schreibt der Walliser Priester.

In seinem Kommentar ermutigt er die Lesenden, diese jetzige Herausforderung anzunehmen, «die genauso Gottes Zeit ist, wie andere Zeiten der Kirchengeschichte auch». Nun müsse man sich auf Christus und seine Lehre zurückbesinnen. Die Kirche sei eine Gemeinschaft von Sündern, «die in geradezu peinlicher und schmerzhafter Weise versagen kann». Trotz allem sei sie auch eine «heilige» Kirche, weil Gott sie begründet hat. «Gottes Liebe ist immer stärker als die menschlichen Schwächen», so Paul Martone.

Sünder, Heilige und Helden

Er erinnert, dass der Katholizismus grösser sei als Priester und Päpste. Die Kirche habe gesündigt, aber auch viele Heiligen und Helden hervorgebracht. «Ich bin trotz allem stolz, diesem gesinnungsstarken und glaubensfrohen Verein anzugehören, besonders in Zeiten, in denen Grundüberzeugungen der modernen Gesellschaft gerade mal bis zur nächsten Frühjahrsmode halten», so der Mediensprecher für den deutschsprachigen Teil des Bistums Sitten.

Pauschalverurteilungen gegen Kirchenmenschen

Dennoch bringt Paul Martone auch Kritik an. «Langsam scheint es mir aber auch: Es wird Missbrauch betrieben mit dem Missbrauch.» Das Thema Missbrauch in der katholischen Kirche müsse seit Wochen und Monaten dazu herhalten, «Abneigung gegen die Kirche zu schüren».

Weiter schreibt er, dass der Katholizismus verteufelt werde und Pauschalverurteilungen stattfänden. «Es werden alle Priester oder Ordensleute sexueller Vergehen verdächtigt. Deshalb meint man, die Kirche jetzt zwingen zu müssen, Massnahmen zu ergreifen, selbst wenn das nur durch das Vorenthalten von rechtlich zugesicherten Beiträgen geht, wie es etwa die Kirche in Luzern gerade tut.»

Kundgebung für eine Kirche ohne Missbrauch, vor der Luzerner Synode vom 8. November 2023
Kundgebung für eine Kirche ohne Missbrauch, vor der Luzerner Synode vom 8. November 2023

Trotz Krisensituation könne nicht jeder Vorwurf gegen die Kirche gerechtfertigt werden. «Es ist wichtig zu differenzieren sowie der Wahrheit, die frei macht, eine Chance zu geben», schreibt Paul Martone.

Der Priester ärgert sich zudem über die «Scheinheiligkeit bestimmter Medien», die die Kirche als «Sündenbock» brauchen, um eine grundsätzliche gesellschaftliche Debatte über Gründe und Hintergründe zu umgehen. Konkret nennt er Medien, die auf der Titelseite die Kirche anklagen, aber gleichzeitig «mit viel nackter Haut den Star des Tages» präsentieren und in denen Sexanzeigen zu lesen sind, «diese Medien sollten sich auch dreimal an die Brust schlagen und sich ihrer Verantwortung stellen».

Alte Mutter mit Falten

Auch an die Fernsehsender richtet sich sein Gastkommentar. Er empört sich über jene Sender, die «breit und mitunter genüsslich über Missbrauchsfälle in der Kirche berichten und gleich danach in Filmen sexuelle Perversionen aller Art zur Unterhaltung anbieten».

Paul Martone vergleicht die Kirche mit einer «alten Mutter mit vielen Runzeln und Falten», die man nicht schlägt, sondern, wenn sie kränkelt, noch mehr liebt. Die Kirche soll nicht als «böse Stiefmutter» gesehen werden, sondern eher als eine «etwas schrullige Mutter, aber eben als meine Mutter». Dadurch könne wieder ein Klima des Vertrauens und des Gebets entstehen.


Paul Martone – hier im Vatikan | © Oliver Sittel
27. November 2023 | 12:15
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!