Lutherdenkmal in Wittenberg
Vatikan

Papst zum Reformationsgedenken: beten statt debattieren

Rom, 30.10.16 (kath.ch) Kurz vor seiner Reise zum ökumenischen Reformationsgedenken nach Schweden hat Papst Franziskus sich in einem Interview zu Protestantismus, Reformation und Martin Luther geäussert. Darin dämpft er Erwartungen, mit diesem historischen Ereignis könnten konkrete Schritte einer weiteren theologischen Annäherung verbunden sein.

Thomas Jansen

Papst Franziskus bekräftigt er in dem Gespräch mit dem Chefredakteur der schwedischen Jesuiten-Zeitschrift «Signum» sein ökumenisches Credo: Überlasst die lehrmässigen Unterschiede den Theologen und konzentriert euch auf das gemeinsame Gebet und Werke der Barmherzigkeit.

Nähe tut allen gut

«Meine Hoffnung und meine Erwartung ist, mich meinen Brüdern und Schwestern weiter anzunähern», sagt Franziskus zum Reformationsgedenken. Nähe tue allen gut. Konkreter wird der Papst in dem Interview nicht.

Überlasst die lehrmässigen Unterschiede den Theologen

Über Fortschritte im theologischen Dialog zwischen Katholiken und Protestanten äussert sich Franziskus zurückhaltend. Nach der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der katholischen Kirche von 1999 sieht er offenbar derzeit wenig Chancen für eine Überwindung der noch bestehenden Differenzen.

Es bleiben Differenzen

Eine Herausforderung sieht er etwa beim Verständnis von Kirche und Amt. Er rechne damit, dass es nach diesem «grossen Schritt nach vorne» nicht leicht sein werde, weiter voranzukommen, so der Papst. Versuchen müsse man es dennoch.

Zu konkreten Themen im evangelisch-katholischen Dialog vermied Franziskus bereits in den vergangenen Monaten eine direkte Stellungnahme. Vor zwei Wochen war er in einer Audienz für eine ökumenische Luther-Pilgergruppe aus Ostdeutschland der Frage nach einem gemeinsamen Abendmahl ausgewichen.

Ein grosser Schritt nach vorne wird nicht leicht

Auch die Frage nach einer Geste zur Rehabilitierung Luthers anlässlich des Reformationsgedenkens beantwortete er im Juni lediglich mit allgemeinen Ausführungen über den Reformator.

Ökumenischen Enthusiamus im Gebet pflegen

Angesichts der schwierigen Lage des theologischen Dialogs empfiehlt der Papst Christen ihren ökumenischen «Enthusiasmus zu verlegen»: hin zum gemeinsamen Gebet und Werken der Barmherzigkeit. Sie sollten zusammen Armen, Kranken und Strafgefangenen helfen.

Nur an einer Stelle spricht der Papst das gemeinsame Abendmahl in dem Interview kurz an. Da erinnert er an seinen Besuch in der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom im November vergangenen Jahres. Die Frage eines Kindes und jene einer Frau nach dem gemeinsamen Kommunionempfang hätten ihn «sehr beeindruckt». Dies seien «gute und tiefe Fragen» gewesen. (cic)

Lutherdenkmal in Wittenberg | © KNA
30. Oktober 2016 | 09:29
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Keine grundlegend neuen Aussagen

Was der Papst in dem Interview über Luther sagt, geht in der Sache nicht über Benedikt XVI. hinaus. Luther habe in einer «komplexen Situation einen Ausweg» gesucht. Seine Reform sei dann jedoch zu einem «Zustand der Trennung» erstarrt statt zu einem fortwährenden Prozess der gesamten Kirche zu werden, so Franziskus. Was man von den Lutheranern lernen könne, sei sich die fundamentale Bedeutung der Heiligen Schrift und einer immerwährenden Reform für die Kirche bewusster zu machen. Den eigentlich heiklen Punkt, in welchem Verhältnis Schrift, Tradition und kirchliches Lehramt zueinander stehen, spricht er im Interview nicht an.

Neues oder zumindest Ungewohntes findet sich hingegen in den Randbemerkungen, da wo es mehr um Persönliches und Atmosphärisches geht. So äussert sich Franziskus begeistert über die Ansprache der schwedischen Bischöfin Antje Jackelen, die er im Mai 2015 zu einer Audienz im Vatikan empfing. Johannes Paul II. empfing Bischöfinnen grundsätzlich nicht, sein Nachfolger Benedikt XVI. empfing sie zwar, ein offizielles Foto von der Begegnung durfte es jedoch nicht geben. Es war daher kein Zufall, dass die vatikanische Tageszeitung «Osservatore Romano»  zusammen mit dem interview auch einen Artikel von Jackelen veröffentlichte. (cic)