Bus in Bogota
International

Papst zu Versöhnungsreise nach Kolumbien gestartet

Rom, 6.9.17 (kath.ch) Papst Franziskus ist am Mittwochvormittag zu einem Besuch in Kolumbien aufgebrochen. Exakt um 11.12 Uhr startete der Papst an Bord einer Sondermaschine der Alitalia vom römischen Flughafen Fiumicino nach Bogota. Wegen des Hurrikans Irma wird die Flugroute vermutlich leicht südwärts verlagert. In Kolumbien wird der Papst um 23.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf dem Flughafen von Bogota von Staatspräsident Manuel Santos erwartet.

Anschliessend soll Franziskus im offenen Papamobil knapp eine Stunde in sein Quartier in der Vatikanbotschaft fahren. Entlang der 15 Kilometer langen Strecke rechnen die Veranstalter mit Hunderttausenden Schaulustigen.

Im Mittelpunkt der 20. Auslandsreise und fünften Lateinamerikareise von Franziskus steht die nationale Versöhnung nach dem jahrzehntelangen blutigen Konflikt zwischen dem Staat und der linken FARC-Guerilla. Weitere Themen des bis Sonntag dauernden Besuchsprogramms in vier Städten sind der Einsatz der Kirche für die Armen, der Schutz bedrohter Naturräume, innerkirchliche Erneuerung, Menschenrechte und soziale Gegensätze in Kolumbien.

Franziskus ist nach Paul VI. (1968) und Johannes Paul II. (1986) der dritte Papst, der nach Kolumbien kommt. Neben grossen Gottesdiensten in der Hauptstadt Bogota, in Villavicencio, Medellin und Cartagena sind Begegnungen mit den Spitzen des Staates sowie mit Vertretern der Kirche Lateinamerikas geplant.

Erwartet wird auch, dass Franziskus zwei ermordete katholische Priester als Märtyrer seligspricht. Der Papst reist auf Einladung von Präsident Santos und den kolumbianischen Bischöfen in das lateinamerikanische Land. Eine Begegnung mit Vertretern der FARC ist offiziell nicht vorgesehen.

«Friede noch nicht lebendig»

Der Kolumbienbesuch werde vor allem pastoralen Charakter haben, betonte der vatikanische Chef-Diplomat, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, in einem «Radio Vatikan»-Interview unmittelbar vor Beginn der Reise. Nichtsdestotrotz steht der Besuch im Zeichen des begonnenen gesellschaftlichen Versöhnungsprozesses in dem südamerikanischen Land nach Jahrzehnten eines blutigen Konflikts mit der FARC-Guerilla.

Es sei «ein sehr spezieller Moment im Leben Kolumbiens», betonte Parolin. Der Papst wolle den angelaufenen Friedensprozess unterstützen. Es reiche schliesslich nicht, bloss irgendein Dokument zu unterzeichnen, so der Kardinalstaatssekretär: «Der Friede ist noch keine Gegenwart, ist noch nicht lebendig und wirklich, solange nicht wirklich eine innere Versöhnung im kolumbianischen Volk einsetzt.»

Franziskus hatte eine Visite in dem südamerikanischen Land für den Fall zugesagt, dass der Friedensprozess mit der Guerilla-Organisation FARC zu einem glücklichen Ende käme. Das entsprechende Abkommen passierte Ende vergangenen Jahres das Parlament in Bogota. Vor wenigen Tagen wurde auch eine Waffenruhe mit der kleineren Rebellengruppe ELN beschlossen. Der mehr als fünf Jahrzehnte dauernde Bürgerkrieg forderte Zehntausende Menschenleben, Millionen wurden zu Flüchtlingen

Aus Sicht des Vorsitzenden der Kolumbianischen Bischofskonferenz, Erzbischof Oscar Urbina Ortega, ist der Papstbesuch im Land massgeblich für die weitere Stabilität des noch jungen Friedensschlusses. Das mit der FARC geschlossene Abkommen sei in der Anfangsphase. Notwendig sei «eine gemeinsame Anstrengung von Kirche, Staat, verschiedenen Vereinigungen, Laien und Ordensleuten, von allen Kolumbianern und Kolumbianerinnen, sowie allen Menschen guten Willens nötig, um einen echten Versöhnungsprozess zu beginnen», so Erzbischof Ortega. Papst Franziskus sei in der Lage, Brücken zwischen den gegensätzlichen Positionen zu schlagen, die Kolumbien viel zu lange blockiert hätten.

Land im Wandel

Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos sagte im Vorfeld, der Papst komme «mit einer Botschaft der Versöhnung». Nach 53 Jahren Konflikt werde es Zeit brauchen, Frieden zu schaffen. «Kolumbien ist nach dem Frieden mit der FARC kein Paradies auf Erden», so der Friedensnobelpreisträger.

Dass der Friede mit der FARC nicht das einzige wichtige Thema im Land ist, hebt auch der Apostolische Nuntius in Bogota, Erzbischof Ettore Balestrero, hervor. «Kolumbien macht im Moment einen grossen Transformationsprozess durch, es wird städtischer und weniger ländlich», sagte er gegenüber «Radio Vatikan». Auch nach dem Friedensschluss mit der FARC gebe es weiterhin viel Gewalt, Kriminalität und Drogenhandel, gleichzeitig erlebten die Menschen eine rasante wirtschaftliche Entwicklung. «Aus kirchlicher Sicht ist jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung aller nötig, und dazu bräuchte es auch eine grössere Kohärenz zwischen Glauben und tatsächlichem Leben bei den Kolumbianern», sagte Balestrero.

Bogota aufgehübscht

«Bogota ist bereit, den Papst zu empfangen», gab unterdessen der Bürgermeister der kolumbianischen Hauptstadt, Enrique Penalosa, vor Ankunft des Papstes zu Protokoll. Für den Chef der Stadtverwaltung der 8-Millionen-Metropole ist der Besuch eine besondere Herausforderung, denn Franziskus wird nach seinen Ausflügen nach Villavicencio (8. September) und Medellin (9. September) stets nach Bogota zurückkehren. Die Route vom Militärflughafen CATAM in die Stadt wurde eigens aufgehübscht. Rund 6.000 Schlaglöcher wurden auf den chronisch überstrapazierten Strassen ausgebessert.

Davon profitiert auch die Bevölkerung: Im Parque Simon Bolivar, wo am Donnerstag rund 800’000 Menschen zu einem Freiluftgottesdienst erwartet werden, sorgen 32 Grossbildleinwände dafür, dass die Besucher einen guten Blick haben. Das Podium, auf dem der Papst zu sehen sein wird, misst 1800 Quadratmeter – das grösste in der Geschichte der Stadt. Die insgesamt 450 Laternen wurden ausgetauscht, elektrische Leitungen erneuert. Das kommt auch künftigen Rockkonzerte zugute, die hier normalerweise stattfinden.

Zehntausende Sicherheitskräfte

Franziskus wird ganz nah dran sein an den Bogotanos; die Nuntiatur liegt inmitten eines Wohnviertels gleich neben den grossen Verkehrsachsen. Das sorgt auch für ein gesteigertes Sicherheitsaufgebot. Wie immer verzichtet der Papst auch in Kolumbien auf Panzerglas. Das Papamobil besitzt einen Glasaufbau als Wetterschutz, der aber nach drei Seiten offen ist. Dafür sorgen 36’000 Sicherheitskräfte für einen Rundumschutz. Allein in Bogota sollen es exakt 14’411 Polizisten und 3’600 Armeeangehörige sein, die für einen sicheren Ablauf sorgen.

Dazu kommen noch mal 7’600 Freiwillige, die die Logistik unterstützen. Laut Behördenschätzungen wird der Papst von insgesamt 4,5 Millionen Menschen am Strassenrand oder bei den Freiluftgottesdiensten begrüsst werden. Für die Hauptstadt hat der Event auch grosse wirtschaftliche Bedeutung. Penalosa rechnet vor, dass Touristen umgerechnet 50 Millionen Euro in die Kassen spülen werden. Viele Hotels sind ausgebucht; aus dem Umland haben sich zahlreiche Menschen per Bus auf die Reise nach Bogota gemacht, um den Papst zu sehen. Um den ohnehin chaotischen Verkehr einigermassen in den Griff zu bekommen, gibt es tageweise Fahrverbote. (kap)

Bus in Bogota | © Andrea Moresino
6. September 2017 | 12:21
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Papst zu Kolumbien: «spezielle Reise»

Es sei eine «etwas spezielle Reise», mit der er Kolumbien vor allem helfen wolle, auf seinem Friedensweg voranzugehen, sagte Papst Franziskus auf dem Flug nach Bogota vor mitreisenden Journalisten. Zugleich lud Franziskus zum Gebet für das Nachbarland Venezuela ein. Dieses müsse zu einer «guten Stabilität» und zu einem Dialog mit allen finden, sagte er.