Papst Franziskus und der kongolesische Präsident Felix Tshisekedi
International

Papst spornt die Menschen im Kongo an

In ungewöhnlich politischen Ansprachen prangert Papst Franziskus in der Demokratischen Republik Kongo den Eigennutz der Eliten und neue Formen des Kolonialismus an. Für die Zukunft des Landes setzt er auf die Jugend.

Burkhard Jürgens

Mit einem Appell zum Einsatz gegen Korruption und Gewalt hat Papst Franziskus seinen Besuch im Kongo beendet. Den Bischöfen des von Konflikten gezeichneten Landes trug er zum Abschied am Freitag auf, «prophetische Stimme» zu sein, das Böse anzuprangern und den Bedrängten und Hoffnungslosen Mut zu machen. Zugleich mahnte er sie, keine politischen Rollen zu übernehmen.

Afrika als «Lunge der Weltkirche»

Zuvor hatte der 86-Jährige während seiner am Dienstag begonnenen Visite die junge Generation aufgerufen, die Zukunft in die Hand zu nehmen. In teils sehr politischen Ansprachen verurteilte Franziskus Eigennutz und Bestechlichkeit der Eliten. Die wachsenden Katholikengemeinden des afrikanischen Kontinents nannte er eine Lunge der Weltkirche. Er habe im Kongo «eine junge, dynamische, freudige Kirche» erlebt.

Die Auslandsreise, die Franziskus von Freitag bis Sonntag mit einem Besuch im Südsudan fortsetzt, ist die 40. seines Pontifikats. Mit Rücksicht auf sein Knieleiden, aber auch aus Sicherheitsgründen beschränkte der Papst seinen Aufenthalt im Kongo auf die Hauptstadt Kinshasa. Mit seiner Visite wollte er nach eigenem Bekunden die Aufmerksamkeit auf die weithin übersehenen Leiden und Hoffnungen Afrikas lenken. «Ich bin hierhergekommen, weil ich denen eine Stimme verleihen möchte, die keine Stimme haben», so der Papst wörtlich.

«Hände weg von Afrika!»

Papst Franziskus im Kongo

In einer Ansprache vor Diplomaten in der früheren belgischen Kolonie verurteilte er einen «neuen Kolonialismus», der Afrika vor allem als Reservoir von Rohstoffen sieht: «Hände weg von Afrika! Die Erstickung Afrikas muss aufhören: Es ist kein Bergwerk, das ausgebeutet, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist.» Als Schattenseite der Wirtschaft benannte er die «Geissel der Kinderarbeit» und die «Sklavenarbeit in den Minen».

Schilderungen von Gewaltopfern

Hart ins Gericht ging der Papst auch mit den ostafrikanischen Nachbarländern, die das grösste Land im Herzen Afrikas immer wieder mit grausamen Raubzügen überziehen und dabei vor schwersten Menschenrechtsverbrechen nicht zurückschrecken. In einem eigenen Treffen liess sich Franziskus von Gewaltopfern schildern, wie sie verstümmelt, monatelang vergewaltigt oder zum Essen von Menschenfleisch gezwungen wurden.

An die kongolesische Gesellschaft gewandt, tadelte er unter anderem Drogenkonsum, Okkultismus und Gewalt. Er geisselte die Habgier der Eliten ebenso wie die alles durchdringende Korruption. Im Beisein von Präsident Felix Tshisekedi, dessen Wahlsieg von 2018 vielfach angezweifelt wird, verlangte Franziskus für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im kommenden Dezember eine «freie, transparente und glaubwürdige» Abstimmung.

Junge sollen gegen «Krebsgeschwür der Korruption» antreten

In den meisten Reden wählte der Papst neben dem Gestus des grossen politischen Appells die ganz persönliche Ansprache an seine Zuhörer. Jugendliche, die ihn enthusiastisch feierten, ermutigte er, dem «Krebsgeschwür der Korruption» entschieden entgegenzutreten: «Lasst euch nicht von Einzelpersonen oder Gruppen manipulieren, die versuchen, euch zu benutzen, um euer Land in der Spirale von Gewalt und Instabilität zu halten, um es weiterhin ohne Rücksicht auf irgendjemanden zu kontrollieren. Sondern besiege das Böse durch das Gute: Seid ihr diejenigen, die die Gesellschaft verwandeln, die Böses in Gutes verwandeln, Hass in Liebe, Krieg in Frieden».

Dem Klerus redete er ins Gewissen, es sei «skandalös», wenn Priester oder Ordensleute mit der Verwaltung der eigenen Finanzen und Geschäften zum eigenen Vorteil beschäftigt seien, statt dem Evangelium zu dienen. Zugleich hätten sie zuerst selbst als «Zeugen der Geschwisterlichkeit» zu leben, die niemals im Krieg sind, und als «Zeugen des Friedens, die lernen, auch die Besonderheiten der Kulturen und der ethnischen Herkunft zu überwinden».

Südsudan ist instabiler

Im Südsudan erwartet den Papst eine noch instabilere Lage als im Kongo. Nachdem das Land sich vor einem Jahrzehnt nach einem langen Bürgerkrieg vom islamisch dominierten Sudan abgespalten hat, wird es immer wieder von Bürgerkriegen im Inneren durchzogen. Gemeinsam mit den Oberhäuptern der anglikanischen und der schottischen Kirche will der Papst in dem bis 1955 zum Britischen Weltreich gehörenden Land den Frieden predigen und für die Überwindung von Hass und Gewalt beten. (cic)


Papst Franziskus und der kongolesische Präsident Felix Tshisekedi | © KNA
3. Februar 2023 | 17:55
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