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«Päpstliches Geheimnis» bei Missbrauchsfällen abgeschafft

Papst Franziskus hat das sogenannte «Päpstliche Geheimnis» bei der Verfolgung von Missbrauchsstraftaten abgeschafft. Mit dem Begriff werden strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der Kirche bezeichnet.

Eine am Dienstag veröffentlichte Instruktion nimmt kirchliche Strafverfahren zu sexuellen Handlungen unter Gewalt, Drohung oder Amtsmissbrauch, sexuelle Handlungen mit Minderjährigen, Besitz und Verbreitung von kinderpornografischem Material sowie Vertuschung von dem Siegel der besonderen Geheimhaltung aus.

Ermittlungen dürfen nicht behindert werden

Zwar unterliegen laut der Instruktion «Sulla riservatezza delle cause» (Über die Vertraulichkeit von Verfahren) entsprechende Vorgänge weiter einer besonderen Vertraulichkeit zum Schutz der Beteiligten und Betroffenen. Gleichwohl dürften dadurch Ermittlungen und eine etwaige bestehende staatliche Anzeigepflicht nicht behindert werden.

Schliesslich dürfen weder die Person, die einen Verdacht anzeigt, noch das mutmassliche Opfer und etwaige Zeugen durch eine Schweigepflicht gebunden werden. Die neue Instruktion tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Marx thematisierte die Geheimhaltungsvorschrift

Bereits beim Kinderschutzgipfel Ende Februar im Vatikan hatte unter anderem der Münchner Kardinal Reinhard Marx die Anwendung des «Päpstlichen Geheimnisses» bei kirchlichen Prozessen gegen Missbrauchstäter infrage gestellt. Als «Päpstliches Geheimnis» werden strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der katholischen Kirche bezeichnet. Ihre Verletzung steht unter Strafe. Der Geltungsbereich wurde 1974 neu geregelt. (cic)

Vatikan | © Pierre Pistoletti
17. Dezember 2019 | 12:41
Lesezeit: ca. 1 Min.
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«Päpstliches Geheimnis»

Als «Päpstliches Geheimnis» werden strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der katholischen Kirche bezeichnet. Ihre Verletzung steht unter Strafe. Der Geltungsbereich des sogenannten «secretum pontificium» wurde 1974 neu geregelt.

Heute werden vom «Päpstlichen Geheimnis» vor allem Vorgänge bezüglich der Ernennung neuer Bischöfe sowie die juristischen Verfahren nach Anzeigen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen geschützt. Es besagt: Der entsprechende Verwaltungsvorgang darf niemandem, der nicht unmittelbar an dessen Entstehung oder weiterer Bearbeitung beteiligt ist, offengelegt oder bekannt gemacht werden.

Entscheiden, ob etwas unter das Päpstliche Geheimnis fallen soll, können neben dem Papst auch die Kardinalpräfekten als Leiter vatikanischer Behörden sowie Päpstliche Gesandte.

Auch die geltende Norm aus dem Jahr 2001 mit dem Titel «Sacramentorum sanctitatis tutela» stellt Missbrauchsverfahren in Artikel 30 unter «Päpstliches Geheimnis». Darin heisst es: «§ 1. Die genannten Verfahren unterliegen dem päpstlichen Amtsgeheimnis. § 2. Wer immer das Amtsgeheimnis verletzt oder, sei es aus List oder aus schwerer Fahrlässigkeit, dem Angeklagten oder den Zeugen einen anderen Schaden zufügt, ist auf Antrag des Geschädigten oder auch von Amts wegen vom höheren Gericht mit angemessenen Strafen zu belegen.»

Kritiker des kirchlichen Umgangs mit Missbrauchsfällen hatten wiederholt das Päpstliche Geheimnis als eine Ursache für Vertuschung oder ungenügende Behandlung von Missbrauchsfällen bezeichnet. (cic)