Neues Buch mit Papst Franziskus
International

Papst besuchte Psychoanalytikerin

Paris, 1.9.17  (kath.ch) Papst Franziskus hat Europa dazu aufgerufen, seine Wurzeln wiederzufinden. «Ich würde gerne eine Mutter Europa sehen», zitiert das französische «Figaro Magazin» aus einem Interviewbuch des französischen Soziologen Dominique Wolton, das am Mittwoch (6. September) erscheint.

Das Magazin veröffentlichte vorab einige Auszüge aus den Gesprächen mit dem Papst. Europa dürfe keine Angst haben und sich nicht verschliessen, so der Papst. «Im Moment hat Europa Angst.» Europa sei eine Geschichte der «kulturellen, multikulturellen Integration», betont Franziskus. Um die europäische Kultur heute zu definieren, seien die christlichen Wurzeln sicherlich wichtig, darüber hinaus aber auch die verschiedenen Sprachen und die Fähigkeit, zu integrieren.

In Frankreich, wo es eine Trennung zwischen Staat und Kirche gebe, müssten die Religionen auch als Teil der Kultur angesehen werden. Es sei eine «Dummheit» zu sagen, man dürfe ein Kreuz nicht sichtbar um den Hals tragen. Religionen seien keine «Unter-Kulturen», so Franziskus. «Der eine trägt ein Kreuz, der andere etwas anderes, der Rabbiner eine Kippa und der Papst eine Kappe», so Franziskus. Das sei eine «gesunde» Trennung von Staat und Kirche.

Kirche muss offensiv mit Missbrauch umgehen

Papst Franziskus betont weiter im Buch, dass die Kirche keine «defensive» Position beim Umgang mit Missbrauch einnehmen darf. Wenn ein Priester jemanden missbraucht habe, sei er «krank»,

Die Kirche müsse vermitteln, wie Missbrauch vorgebeugt werden könne, und ein Kind ermutigen, darüber zu reden, was passiert sei. In Frankreich hatte es im Jahr 2016 eine Welle von Anschuldigungen gegen Priester wegen Missbrauchs gegeben. Bischöfen wurde vorgeworfen, nicht reagiert zu haben, obwohl sie von Vorwürfen gewusst haben sollen.

Europa mitverantwortlich für Ursachen der Migration

Papst Franziskus macht Europa für die Ursachen von Migration mitverantwortlich. Viele Migranten kämen nach Europa, weil sie keine Arbeit hätten oder aufgrund von Krieg. «Wer macht den Krieg? Wer stellt die Waffen zur Verfügung? Wir», zitiert das französische «Figaro Magazin» Franziskus neuen Buch.

Die Afrikaner seien von europäischen Kolonialmächten ausgebeutet worden, so Franziskus. Heutzutage seien es internationale Firmen, die ganze Wälder in afrikanischen Ländern abholzten. Es müssten mehr Arbeitsmöglichkeiten in Afrika geschaffen werden; Firmen müssten dort investieren.

 Ehe ist Bund zwischen Mann und Frau

Im Buch bekräftigt Papst Franziskus seine Sicht auf die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau. «Wir können das nicht ändern. Das ist die Natur der Dinge.» Die Ehe sei ein «historisches Wort».

In der Geschichte der Menschheit, nicht nur in der Kirche, sei sie seit jeher zwischen Mann und Frau geschlossen worden. Ein Bund zwischen Menschen des gleichen Geschlechts solle «eingetragene Partnerschaft» genannt werden, so Franziskus.

Papst konsultierte jüdische Psychoanalytikerin

Der Papst hat in früheren Jahren eine jüdische Psychoanalytikerin konsultiert. «Sechs Monate lang bin ich einmal in der Woche zu ihr gegangen, um Licht in bestimmte Sachen zu bringen», heisse es im Buch. Er sei damals 42 Jahre alt gewesen, so Franziskus. Jorge Mario Bergoglio war damals Provinzial (Leiter) der argentinischen Provinz des Jesuitenordens.

Wegen welcher Probleme er beschlossen hatte, die Psychoanalytikerin aufzusuchen, enthüllte der Papst nicht. Es habe sich um einen Moment in seinem Leben gehandelt, in dem er diese Hilfe benötigt habe. Die Psychoanalytikerin habe ihm in dieser Zeit «sehr geholfen», sie sei eine «sehr gute» Person gewesen. Bevor sie starb, habe sie ihn angerufen und um einen «spirituellen Dialog» gebeten.

Das Interviewbuch «Politique et société, Pape François, rencontres avec Dominique Wolton» (Politik und Gesellschaft, Papst Franziskus, Begegnungen mit Dominique Wolton) erscheint am kommenden Mittwoch. Für das Buch hatte sich Wolton 12 Mal mit dem Papst getroffen und ihn zu seiner Vergangenheit sowie zu aktuellen Themen wie der Flüchtlingskrise, dem Islam und der Ehe befragt. (kna)

 

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1. September 2017 | 12:53
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