Papst Franziskus wird im Kongo bejubelt.
Vatikan

Papst beschwört Afrika zu Frieden und Versöhnung

Mit ungewöhnlich drastischen Worten redete Franziskus im Kongo und im Südsudan den Eliten ins Gewissen. Um auf das Leid von Millionen hinzuweisen, suchte er einen einzigartigen Schulterschluss mit anderen Kirchen.

Burkhard Jürgens

Mit einem eindringlichen Appell zu Versöhnung hat Papst Franziskus seine Reise in den Südsudan beendet. Man dürfe «nicht die Chance vergeben, Frieden zu schaffen», sagte er in seinen Abschiedsworten am Sonntag in der Hauptstadt Juba.

Papst Franziskus im Südsudan
Papst Franziskus im Südsudan

Die dreitägige Visite hatte das historisch beispiellose Format einer ökumenischen Friedensmission gemeinsam mit den Führern der anglikanischen und reformierten schottischen Kirche. Zuvor hatte der Papst die ebenfalls instabile und von millionenfachem Flüchtlingselend gezeichnete Demokratische Republik Kongo besucht.

Unterstützung der Weltkirche

Der 86-Jährige, der die seit längerem geplante Reise zuletzt aus gesundheitlichen Gründen aufschieben musste, wollte mit seiner Initiative auch die internationale Aufmerksamkeit auf die beiden Länder mit ihren seit Jahrzehnten schwärenden Krisen lenken. Er wolle «denen eine Stimme verleihen, die keine Stimme haben», sagte der Papst. Den Menschen sicherte er die Unterstützung der Weltkirche zu.

Papst Franziskus sitzt in seinem Rollstuhl vor einer traditionellen afrikanischen Marienfigur.
Papst Franziskus sitzt in seinem Rollstuhl vor einer traditionellen afrikanischen Marienfigur.

Auf beiden Etappen wählte der Papst gegenüber den staatlichen Gastgebern ungewöhnlich deutliche Worte. Im Kongo prangerte er Korruption und gewissenlose Ausbeutung der Rohstoffe des Landes an. Von Kongos Präsident Felix Tshisekedi, dessen Wahlsieg von 2018 vielfach angezweifelt wird, verlangte Franziskus eine «freie, transparente und glaubwürdige» Abstimmung bei den Wahlen im kommenden Dezember.

Hände weg von Afrika

Gegenüber Diplomaten in der früheren belgischen Kolonie verurteilte er einen «neuen Kolonialismus», der Afrika vor allem als Reservoir von Rohstoffen sieht: «Hände weg von Afrika! Die Erstickung Afrikas muss aufhören: Es ist kein Bergwerk, das ausgebeutet, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist.» Als Schattenseite der Wirtschaft verurteilte er die «Geissel der Kinderarbeit» und die «Sklavenarbeit in den Minen».

Tanz vor Papst Franziskus
Tanz vor Papst Franziskus

Zu einer Anklage unsäglicher Gewalt wurde ein Treffen mit Konfliktopfern aus dem Ostkongo, die vor dem Papst und Medien schilderten, wie sie verstümmelt, monatelang vergewaltigt oder zum Essen von Menschenfleisch gezwungen wurden.

Schluss mit dem Blutvergiessen

Auch im Südsudan redete Franziskus den politischen Verantwortungsträgern ins Gewissen: «Die künftigen Generationen werden die Erinnerung an eure Namen auf der Grundlage dessen, was ihr jetzt tut, ehren oder auslöschen», sagte Franziskus. «Im Namen Gottes» beschwor er sie, «Schluss» zu sagen zu Blutvergiessen, Gewalt und gegenseitigen Anklagen.

Ordensschwestern feiern die Ankunft von Papst Franziskus im Südsudan.
Ordensschwestern feiern die Ankunft von Papst Franziskus im Südsudan.

Der südsudanesische Präsident Salva Kiir Mayardit gab bei der Begrüssung des Papstes bekannt, die ausgesetzten Friedensgespräche mit bewaffneten Oppositionsgruppen fortführen zu wollen. Er nannte die Visite einen «historischen Meilenstein». Dabei erinnerte Kiir auch daran, wie Franziskus ihm und seinem früheren Rivalen Riek Machar 2019 im Vatikan die Füsse küsste, um sie zur Fortsetzung des Friedensprozesses zu bewegen. Diese spektakuläre Demutsgeste sei nicht umsonst gewesen, sagte Kiir.

Eindämmung illegaler Waffenimporte

Der Papst unternahm seine Versöhnungsmission gemeinsam mit Anglikaner-Primas Justin Welby und dem Moderator der Kirche von Schottland, Iain Greenshields. Der Südsudan ist als ehemaliger Teil des Britischen Weltreichs besonders mit der anglikanischen und reformierten Tradition des Christentums verbunden.

Eine Ordensschwester mit Kindern in einem Flüchtlingslager, Südsudan.
Eine Ordensschwester mit Kindern in einem Flüchtlingslager, Südsudan.

Mit Blick auf die schwierige Sicherheitslage im Südsudan verlangte Franziskus die konsequente Eindämmung illegaler Waffenimporte und Schutz für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sowie für Seelsorgerinnen und Seelsorger.

Einer der gefährlichsten Orte der Welt

Nach Worten der UN-Sonderbeauftragten für den Südsudan, Sara Beysolow Nyanti, die mit dem Papst an einem Treffen mit Flüchtlingen teilnahm, ist das Land «einer der gefährlichsten Orte für Helferinnen und Helfer» weltweit.

Toter bei Überfall im Südsudan, ca. 2012
Toter bei Überfall im Südsudan, ca. 2012

Die UN-Expertin sprach von «multiplen humanitären Krisen», die derzeit im Entstehen seien. Nach ihren Worten sind zwei Drittel der Bevölkerung erheblich unterversorgt oder mangelernährt; die Hungerkrise im Südsudan zähle zu den schwersten der Welt. Nach UN-Schätzungen leben zwei Millionen Menschen als Binnenvertriebene im Südsudan, 2,3 Millionen weitere sind in Nachbarländer geflüchtet.

Kinder müssen Wurzeln haben

Franziskus sagte, die Zukunft könne «nicht in Vertriebenenlagern liegen». Unzählige Kinder lernten nichts als Flüchtlingscamps kennen und wüchsen ohne Wurzeln in Heimat, Herkunft und Traditionen auf. Er warnte vor Ghettoisierung und einer Vertiefung ethnischer Gräben.

Papst-Messe in Kinshasa
Papst-Messe in Kinshasa

Nachdrücklich verlangte er Schutz und Respekt für Frauen und Mädchen. Frauen seien «der Schlüssel zur Umgestaltung des Landes» und brauchten entsprechende Chancen. Lob und Ermutigung fand der Papst für die wachsenden Katholikengemeinden Afrikas. Er nannte sie eine Lunge der Weltkirche.

Harte Worte an den eigenen Klerus

Den leidgeprüften Christinnen und Christen im Südsudan dankte er dafür, dass sie «das Salz der Erde in diesem Land» seien und für Versöhnung wirkten.

Papst Franziskus im Gespräch mit Sama Lukonde (r.), Ministerpräsident der Demokratischen Republik Kongo, auf dem Flughafen in Kinshasa.
Papst Franziskus im Gespräch mit Sama Lukonde (r.), Ministerpräsident der Demokratischen Republik Kongo, auf dem Flughafen in Kinshasa.

Im Kongo sagte Franziskus, er habe «eine junge, dynamische, freudige Kirche» erlebt. Zugleich richtete er harte Mahnungen an den eigenen Klerus. Es sei «skandalös», wenn Priester oder Ordensleute mit der Verwaltung der eigenen Finanzen und Geschäften zum eigenen Vorteil beschäftigt seien, statt dem Evangelium zu dienen. (cic)


Papst Franziskus wird im Kongo bejubelt. | © KNA
5. Februar 2023 | 14:39
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