Michael Mann
Schweiz

Neuer Leiter der Zürcher Jugendkirche: «Kirche ist jung, frech, experimentell, tief!»

Zürich/St. Gallen, 11.8.15 (kath.ch) Die Zürcher Jugendkirche «Jenseits im Viadukt” bekommt einen neuen Leiter: Am 1. September tritt der Theologe Michael Mann die Nachfolge von Peter Kubikowski an. Im Interview mit kath.ch erzählt er, was ihn an der Jugendkirche in Zürich West reizt und wie er an seiner bisherigen Stelle bei «Safranblau«, einem ökumenischen Projekt in St. Gallen, junge Menschen für Kirche zu begeistern versuchte.

Sylvia Stam

Sie wechseln vom «Safranblau» ins «Jenseits» – warum?

Michael Mann: Das «Jenseits»fasziniert mich, ähnlich wie meine frühere Arbeitsstelle beim «Safranblau» in St. Gallen, weil hier mutige Christen mutige Schritte in die Zukunft gehen. Es sind ja unsere Behörden, die letztendlich Geld sprechen für Projekte. Ich bin dankbar, dass Kirche sich wandelt, offen ist, nicht nur mit der Zeit geht, sondern auch genau hinschaut, was junge Erwachsene heute brauchen.

Sie wechseln vom beschaulichen St. Gallen ins boomende Züri-West.

Mann: Zürich ist eine faszinierende Stadt von internationalem Ruf und mit viel Flair, international und vielseitig. Das zieht mich an! Ein vielseitiges kulturelles Angebot. Die kleinste Weltstadt, die ich kenne. An der Lage reizen mich der Boom, die Kreativität, das Multikulturelle. Ich finde es toll, dass das «Jenseits» sich genau hier platziert hat. Das ist City-Pastoral! Damit hat das «Jenseits» ja seine Vorreiterrolle eingenommen.

Welche Herausforderungen erwarten Sie als Leiter einer katholischen Jugendkirche in einer zunehmend säkular geprägten Stadt?

Mann: Ich finde Zürich nicht nur säkular, sondern auch multi-spirituell. Dort gibt es das ICF, Yogastudios haben ein hohes Niveau, Zen- und Meditationskurse werden an vielen Orten angeboten, dann eine starke reformierte Kirche, die durch klares Denken geprägt ist und die der Stadt ihren Stempel aufgedrückt hat, katholische Einwanderer aus Südeuropa und Südamerika. Muslime, Hindus, ein jüdisch gefärbtes Stadtviertel und weiss Gott was noch. Was mich erwartet? Viel Arbeit! Viel Neues. Viele Menschen.

Welche neuen Akzente möchten Sie im «Jenseits» setzen?

Mann: Das ist top secret. Das bespreche ich zuerst intern mit meinem Team.

Wie kann man heutigen jungen Menschen Kirche näher bringen?

Mann: Wir haben im «Safranblau» mit Erwachsenen gearbeitet, die meisten waren 20, 30 manche sogar noch älter. Jeder konnte mit uns zusammen Projekte entwickeln. Die Leute, die etwas entwickelt haben, hatten eine Ausbildung, ein Hobby und ein Bedürfnis nach Glaube. Daraus sind ganz verschiedene Workshops oder Events entstanden, zum Beispiel eine Kletter- und Mediationsreise, ein Bierbraukurs, weil doch die Mönche eine lange Brautradition haben, oder ein Fotowettbewerb zum Thema Spiritualität und Alltag. Ich denke, es lief viel über die persönliche Beziehung von meinem Kollegen Kurt Pauli und mir zu den Menschen. Wir waren für sie da, als Freund, Berater, Sinnstifter, Seelsorger.

Welches ist Ihre prägendste Erinnerung ans «Safranblau»?

Mann: Die Reise mit dem Mountainbike in die Wüste, nach Israel. Dort haben wir Friedensaktivisten auf beiden Seiten (israelisch und palästinensisch Anm. d. Red.) getroffen, die religiösen Orte besucht, Inputs gegeben zur persönlichen und spirituellen Entwicklung und so kam eine phantastische Dynamik zustande. Die Mischung aus Krieg, Frieden, Abenteuer, Stille, Gebet, Partylive in Tel Aviv und Stille am Jordan war einmalig. Das hat den jungen Erwachsenen unheimlich Eindruck gemacht.

Und Ihre grösste Schwierigkeit?

Mann: Es ist Knochenarbeit, die Kirche zu vermarkten. Jung, frech, experimentell, tief, auf der Sinnsuche helfen, das alles sind wir. Aber kann das möglich sein? Macht Kirche wirklich solche Angebote? Das fragen sich viele. Die Vorurteile sitzen tief. Wir haben immer dann kirchenferne Leute überzeugen können, wenn wir erst mal ein überzeugendes Angebot machten und etwas später durchblicken liessen, dass wir ja von der Kirche sind. (sys)

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Michael Mann (43) ist katholischer Theologe, Yogatrainer, Kommunikationstrainer und Teamentwickler. Per 1. September wird er die Leitung der Zürcher Jugendkirche «Jenseits im Viadukt» übernehmen. Davor war er vier Jahre Seelsorger bei «Safranblau» in St. Gallen, einem ökumenischen Projekt, das mit Events, Workshops und Reisen Menschen zwischen 18 und 30 Jahren ansprechen möchte.

Michael Mann | © 2015 zVg
11. August 2015 | 17:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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