Immer mehr Schweizer gehören keiner Konfession mehr an
Schweiz

Neue Statistik: Konfessionslose sind erstmals die grösste Bevölkerungsgruppe in der Schweiz

Gemäss Erhebung des Bundesamts für Statistik haben Personen ohne Religionszugehörigkeit im Jahr 2022 erstmals die Zahl der Katholikinnen und Katholiken in der Schweiz überholt. Konfessionslose sind im Schnitt eher jung und männlich. Rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung hält sich noch für spirituell und religiös oder glaubt an eine höhere Macht.

Wolfgang Holz

Die neusten Resultate zu den Religionen aus der Strukturerhebung des Bundesamtes für Statistik wirken ernüchternd. Mit einem Anteil von 34 Prozent hat nämlich die Bevölkerung ohne Religionszugehörigkeit in der Schweiz 2022 erstmals die Katholikinnen und Katholiken (32 Prozent) überholt.

Konfessionslose: Seit 2010 mit Plus von 13 Prozent

Während diese Religionsgemeinschaft genau wie die Evangelisch-Reformierten in den vergangenen Jahren stetig kleiner geworden ist, verzeichnete die Gruppe ohne Religionszugehörigkeit eine Zunahme von über 13 Prozentpunkten seit 2010.

Damit ist dies erstmals die grösste Gruppe in der Schweiz, welche anteilsmässig die Katholikinnen und Katholiken überholt. Mit 32 Prozent bilden diese neu die zweitgrösste Gruppe vor den Angehörigen der evangelisch-reformierten Landeskirche (21 Prozent) und anderen Religionsgemeinschaften (13 Prozent). Dabei handelt es sich hauptsächlich um andere christliche sowie islamische Glaubensgemeinschaften (je 6 Prozent).

Personen ohne Religion eher jung und männlich

Laut der Statistik des Bundesamts hat in den vergangenen 50 Jahren der Anteil der Bevölkerung ohne Religionszugehörigkeit in der Schweiz kontinuierlich zugenommen. Während 1970 nur ein Prozent keine Religionszugehörigkeit hatte, wuchs dieser Anteil bis zur Jahrtausendwende auf 11 Prozent.

Auf dem Land ist Konfessionslosigkeit noch geringer ausgeprägt als in der Stadt: Der Kirchenmännerchor aus Savognin und Ministranten aus Davos feiern das Calixtus-Fest.
Auf dem Land ist Konfessionslosigkeit noch geringer ausgeprägt als in der Stadt: Der Kirchenmännerchor aus Savognin und Ministranten aus Davos feiern das Calixtus-Fest.

Bis 2010 fand eine knappe Verdoppelung auf 20 Prozent statt. Und 2022 gehörte mit 34 Prozent bereits über ein Drittel der Bevölkerung ab 15 Jahren keiner Religionsgemeinschaft mehr an. Personen ohne Religionszugehörigkeit sind durchschnittlich eher jung, unter den 25- bis 34-Jährigen lag ihr Anteil im Jahr 2022 bei 42 Prozent. Insgesamt gehören mehr Männer keiner Religion an als Frauen (36 Prozent gegenüber 31 Prozent).

Jüngere haben laut Statistik häufiger keine Religionszugehörigkeit. Die Bevölkerung ohne Religionszugehörigkeit ist jünger als die übrige Bevölkerung. Personen ab 75 Jahren gehören nur zu 16 Prozent keiner Religion an, während ihr Anteil in der jeweils nächstjüngeren Gruppe stetig grösser wird – mit Ausnahme der jüngsten Altersklasse der 15- bis 24-Jährigen.

Auf dem Land mehr Konfessionelle als in der Stadt

In Basel-Stadt hat es neu die meisten Konfessionslosen in der Schweiz.
In Basel-Stadt hat es neu die meisten Konfessionslosen in der Schweiz.

Der Anteil der Personen ohne Religionszugehörigkeit variiert je nach Kanton. So gehört in Basel-Stadt (56 Prozent) und Neuenburg (53 Prozent) die Mehrheit der Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft an, in den Innerschweizer Kantonen Nidwalden (24 Prozent), Obwalden (22 Prozent) und Uri (19 Prozent) sind es vergleichsweise nicht einmal halb so viele. Am geringsten ist ihr Anteil im Kanton Appenzell Innerrhoden (15 Prozent).

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Generell ist die Bevölkerung ohne Religionszugehörigkeit in ländlichen Gebieten der Schweiz weniger stark vertreten als im städtischen Raum (28 Prozent gegenüber 36 Prozent).

In der Kindheit noch gläubig – danach Glauben verloren

Ergebnisse aus der vertiefenden Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur im Jahr 2019 zeigen, dass rund zwei Drittel der Personen ohne offizielle Religionszugehörigkeit in der Kindheit einer Religion angehörten. Etwa die Hälfte dieser Personen gehörte davor der römisch-katholischen Kirche und 40 Prozent der evangelisch-reformierten Kirche an.

Im Fall einer Krankheit spielt Religion und Spiritualität bei Betroffenen eine Rolle.
Im Fall einer Krankheit spielt Religion und Spiritualität bei Betroffenen eine Rolle.

Viele haben die Religionszugehörigkeit erst im Laufe ihres Lebens aufgegeben. Der Hauptbeweggrund für das Aufgeben der Religionszugehörigkeit ist, dass sie den Glauben verloren oder gar nie einen Glauben gehabt haben (15 Prozent bzw. 17 Prozent). Ein knappes weiteres Drittel war mit den Stellungnahmen der Religionsgemeinschaft nicht einverstanden.

Noch rund 30 Prozent spirituell und religiös

Doch es gibt auch noch Hoffnung. Denn knapp ein Drittel der Personen ohne Religionszugehörigkeit halten sich eher oder sicher für spirituell. So spielen Religion oder Spiritualität in bestimmten Situationen auch für Personen ohne Religionszugehörigkeit eine eher oder sehr wichtige Rolle – etwa in schwierigen Momenten des Lebens (28 Prozent) oder im Falle einer Krankheit (22 Prozent). Rund 30 Prozent unter ihnen glaubt zwar nicht an einen oder mehrere Götter aber an eine höhere Macht.


Immer mehr Schweizer gehören keiner Konfession mehr an | © zVg
27. Januar 2024 | 09:00
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