Corrado Lorefice, Erzbischof von Palermo.
International

Nach Bootsunglück: Erzbischof kritisiert Innenminister scharf

Der italienische Innenminister hat Bootsflüchtlingen eine eigene Verantwortung beim Tod auf dem Meer zugeschrieben. Der Erzbischof von Palermo reagiert: Was vor der Küste Kalabriens passiert sei, sei kein Unfall, sondern Folge der italienischen und europäischen Politik.

Der Erzbischof von Palermo hat die Aussagen von Italiens Innenminister Matteo Piantedosi nach dem jüngsten Bootsunglück auf dem Mittelmeer scharf kritisiert. «Es ist an der Zeit, dass wir uns alle klar von jeder Darstellung distanzieren, die darauf abzielt, das schwächste Glied der Gesellschaft zu beschuldigen», so Erzbischof Corrado Lorefice in einer Erklärung auf der Website seines Erzbistums.

Was in Cutro geschehen ist, sei kein Unfall gewesen, sondern die natürliche Folge der italienischen und europäischen Politik der letzten Jahre.

Vorwürfe des Innenministers an Migrantinnen und Migranten

In der Nacht auf Sonntag war ein Schiff mit Migranten vor der Küste Kalabriens verunglückt. Bislang wurden 63 Ertrunkene geborgen, einige davon Kinder. Rettungskräften zufolge könnte die Zahl der Toten noch steigen. Innenminister Piantedosi (parteilos) äusserte in diesem Zusammenhang am Dienstag, dass Verzweiflung niemals Reisebedingungen rechtfertigen könne, die das Leben der eigenen Kinder gefährdeten.

Erzbischof Lorefice kritisierte die Aussage als «symbolischen Höhepunkt». Der Minister, «der seinen Eid auf die italienische Verfassung geleistet hat – dieselbe Verfassung, die vor allem die unverletzlichen Menschenrechte anerkennt und garantiert –, der die Schuld auf die Opfer abwälzt».

Erzbischof plädiert für humanitäre Korridore

Es sei notwendig, «die vielen noch offenen Fragen über den Schiffbruch von Cutro zu beantworten und jedes Missverständnis über die sehr ernste Verantwortung derjenigen auszuräumen, die den Schiffbrüchigen nicht zu Hilfe kommen und sie dem Tod auf See überlassen». Lorefice rief dazu auf, «endlich die lang ersehnten humanitären Korridore zu öffnen, das Asylrecht durchzusetzen und an der Integration zu arbeiten». (cic)


Corrado Lorefice, Erzbischof von Palermo. | © KNA
28. Februar 2023 | 18:09
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