Muslimische Zwangsheirat im Haus der Religionen: Jetzt spricht Evi Allemanns Direktion
Die Berner Religionsministerin Evi Allemann möchte SP-Bundesrätin werden. Nun muss sie sich mit einem heiklen Thema rumschlagen: Zwangsheirat und Missachtung des Primats der Zivilehe im Berner Haus der Religionen. Mindestens zwei Imame haben sich nicht an staatliches Recht gehalten.
Raphael Rauch
Toleranz und Offenheit: Das Haus der Religionen in Bern galt lange Zeit als Prestige-Projekt des interreligiösen Dialogs. Doch Recherchen von SRF zeigen: Imame verstossen im Haus der Religionen gegen Schweizer Recht. So sollen Zwangsheiraten stattgefunden haben. Und Paare sollen getraut worden sein, obwohl gar keine Zivilehe vorlag. Dies ist illegal, wie das Schweizerische Zivilgesetzbuch festhält: «Eine religiöse Eheschliessung darf vor der Ziviltrauung nicht durchgeführt werden.»
Mit den Vorfällen im Haus der Religionen muss sich nun auch die Berner Regierungsrätin Evi Allemann rumschlagen – mitten im Wahlkampf für den SP-Sitz im Bundesrat. Sie ist Berner Religionsministerin. Pikanterweise hat ihr Fachexperte für kirchliche und religiöse Angelegenheiten, David Leutwyler, früher das Haus der Religionen geleitet.
Jürg Schertenleib ist stellvertretender Generalsekretär der Berner Direktion für Inneres und Justiz. Er antwortete schriftlich auf die Fragen von kath.ch.
Was sagen Sie zu den Vorfällen im Haus der Religionen?
Jürg Schertenleib: Zwangsheirat ist ein Verbrechen, das von Amtes wegen durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden geahndet wird.
«Der Kanton Bern hat keine Aufsichtspflicht.»
Jürg Schertenleib, Direktion für Inneres und Justiz Kanton Bern
Gibt es Anhaltspunkte, dass der Kanton seine Aufsichtspflicht verletzt hat oder die Imame zu wenig betreut hat?
Schertenleib: Der Kanton Bern hat keine Aufsichtspflicht oder Betreuungsmöglichkeit von Imamen oder anderen Geistlichen.
Welche institutionellen Verbindungen gibt es zwischen dem Haus der Religion und dem Kanton Bern? Unterstützen Sie das Haus der Religionen finanziell?
Schertenleib: Es bestehen keine institutionellen Verbindungen zwischen dem Haus der Religionen und dem Kanton Bern. Die Direktion für Inneres und Justiz unterstützt das Haus der Religionen nicht finanziell.
Was machen Sie, damit so etwas künftig nicht mehr geschieht?
Schertenleib: Gefordert sind einerseits die Strafverfolgungsbehörden und andererseits der Verein «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» sowie der Muslimische Verein Bern.
Was bedeuten die Ereignisse in Bern für die Bundesratskandidatur von Evi Allemann? Gibt es auf nationaler Ebene Möglichkeiten, so etwas zu verhindern oder Regeln zu verschärfen?
Schertenleib: Aufgrund der bis jetzt bekannten Informationen lässt sich nicht beurteilen, ob die Fälle durch andere gesetzlichen Grundlagen auf nationaler Ebene hätten verhindert werden können.
«Evi Allemann distanziert sich von jeglicher Form von Zwangsverheiratungen.»
Jürg Schertenleib
Welche Mitverantwortung trägt Ihr Fachexperte für kirchliche und religiöse Angelegenheiten, David Leutwyler, der früher das Haus der Religionen geleitet hat?
Schertenleib: Es ist Aufgabe des Vereins «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» und der Strafverfolgungsbehörden, die Verantwortlichkeiten rund um die Zwangsverheiratungen abzuklären. Der Beauftragte für kirchliche und religiöse Angelegenheiten distanziert sich von jeglicher Form von Zwangsverheiratungen. Wie die heutigen Verantwortlichen hat er erst über die jüngste Medienberichterstattung davon erfahren.
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