Teppich in einer Moschee
International

Muslimische Frauenrechtlerin: Liberale Muslime haben Angst

Berlin, 23.6.17 (kath.ch) Die Gründerin der liberalen Berliner Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, Seyran Ates, sieht liberale Muslime in Deutschland unter Druck. «Die meisten Muslime haben Angst», sagte sie der «Welt» (Freitag). Moderne Muslime müssten befürchten, aus der eigenen Community bedroht und beschimpft zu werden. Die Frauenrechtlerin selbst erhält seit der Moscheegründung nach eigener Aussage Morddrohungen. Die Schweizer Musliminnen Saïda Keller-Messahli und Elham Manea sind Mitbegründerinnen der neuen Moschee.

Die Fatwa-Behörde in Ägypten und die türkische Religionsbehörde Diyanet hatten die Berliner Moschee als «unislamisch» kritisiert. Dem widersprach Ates: «Wir machen nichts Unislamisches. Wir machen nur etwas gegen die Tradition.» Im Hause des Propheten Mohammed sowie in Mekka, der heiligsten Stätte der Muslime, hätten Frauen und Männer gemeinsam gebetet. «Und die Tradition, dass Männer und Frauen getrennt sind, ist etwas, was Männer später erfunden haben.»

Männlicher Machtkampf

In der Nachfolge Mohammeds habe es einen «enormen Machtkampf» gegeben, so Ates weiter. Männer hätten den Islam gespalten: «in sunnitisch, schiitisch, alevitisch und weitere Strömungen. Auch heute noch gibt es diesen Machtkampf zwischen einzelnen Rechtsschulen und Lesarten. Und es ist ganz klar ein männlicher Machtkampf.»

Kritik äusserte die Publizistin an einer fehlenden Unterstützung aus der Politik, die ihrer Einschätzung nach ein «falsches Bündnis» eingegangen sei. Viele verhandelten nur mit konservativen Muslimen; die liberalen Verbände seien «aus der Islamkonferenz rausgekickt worden». Ates: «Das ist schade. Wir bieten uns als Dialogpartner weiter an.»

Gebet ohne Kopftuch

Ates hatte die Moschee am vergangenen Freitag eröffnet. Mitbegründerinnen und Gesellschafterinnen sind auch die Schweizer Musliminnen Saïda Keller-Messahli und Elham Manea.

Die Moschee soll Sunniten, Schiiten und Anhängern anderer islamischer Glaubensrichtungen offenstehen. Frauen müssen beim Gebet kein Kopftuch tragen und können auch als Vorbeterin fungieren. Sie fühle sich in den anderen deutschen Moscheegemeinden als Frau diskriminiert, begründete Ates ihr Projekt. Als Räumlichkeit hat sie einen Raum in der evangelischen Johanniskirche im Stadtteil Moabit gemietet. (kna)


 

Teppich in einer Moschee | © Sylvia Stam
23. Juni 2017 | 11:41
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