Marian Eleganti, Weihbischof im Bistum Chur
Schweiz

Münchner Generalvikar widerspricht dem Churer Weihbischof Eleganti

Chur/Würzburg, 18.10.18 (kath.ch) Trägt Homosexualität am Missbrauch in der Kirche die Hauptschuld? Diese Frage erörtern der Churer Weihbischof Marian Eleganti und der Münchner Generalvikar Peter Beer in der katholischen deutschen Wochenzeitung «Die Tagespost» (Donnerstag) konträr. Während Eleganti die Aussage bejaht, hält Beer dagegen.

Eleganti wiederholt in seinem Beitrag die von ihm in einem Video-Interview geäusserte These, dass es einen Zusammenhang gebe zwischen Missbrauch und Homosexualität unter Klerikern. In seinem Pro-Beitrag zur Titelfrage sagt er: «Wir wissen doch, dass homosexuell veranlagte Menschen sexuelle Präferenzen wie männliche Kinder (eine Minderheit!) und adoleszente, männliche Jugendliche oder meist jüngere Männer haben.»

Die Opferbilanz von sexuell übergriffigen Klerikern weise auf solche Präferenzen hin. Ohne eine homosexuelle Veranlagung blieben diese Übergriffe auf männliche, adoleszente oder erwachsene Jugendliche nicht wirklich erklärbar. Zugleich sei «uns allen klar, dass Sexualität per se – egal ob homo- oder heterosexuell – integriert und beherrscht werden muss und kann».

Machtmissbrauch gegenüber Schwächeren

Peter Beer, Generalvikar im Erzbistum München und Freising, argumentiert dagegen, der Missbrauch definiere sich durch Machtmissbrauch gegenüber Schwächeren. Dieser lasse sich weder auf eine bestimmte sexuelle Orientierung zurückführen noch auf eine solche beschränken. Die meisten Fälle im Verantwortungsbereich der Kirche seien bei Priestern festgestellt worden.

«Offensichtlich gelingt es nicht, die trotz Verpflichtung zu Enthaltsamkeit nicht einfach verschwundene Sexualität in eine kohärente Lebensform zu integrieren.» Dies könne «zu Verdrängungen führen, die sich irgendwann Bahn brechen und zu mehr oder weniger unkontrolliertem Ausagieren führen».

Ablenkung von Strukturproblemen der Kirche

Bei der Bewältigung der Missbrauchskrise sollte nicht eine bestimmte Gruppe von Menschen vorschnell zum Sündenbock gemacht werden, warnt der Münchner Generalvikar. Zu leicht könne damit von erheblichen Strukturproblemen der Kirche abgelenkt werden.

Zur Krise für die Kirche als Ganzes sei das Verbrechen des Missbrauchs dadurch geworden, wie Zuständige und Mitwisser mit ihm umgegangen seien, nämlich mit Verschweigen und Vertuschen. «Wenn man also nach den Schuldigen der Krise sucht, dann sollte man bei denen beginnen, die die Täter stoppen und die (weitere) Taten hätten verhindern können», so Beer.

Hilf- und Sprachlosigkeit

Beer nennt in diesem Zusammenhang «die Hilf- und Sprachlosigkeit gegenüber der Diskrepanz von theologischen Vorgaben und tatsächlicher Lebensführung, die Duldung von machtrelevanten Seilschaften, Amtsmissbrauch», aber auch «das geistlich-spirituelle Niveau innerhalb der Institution Kirche, deren Vertreter zum Teil offenbar keine allzu grossen Schwierigkeiten damit hatten, dass ihr persönliches Sprechen und Handeln nicht miteinander im Einklang waren». (kna/sys)

 

 

Marian Eleganti, Weihbischof im Bistum Chur | © Jacques Berset
18. Oktober 2018 | 12:43
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