Kuppel des Petersdoms
Vatikan

Mit seiner Kurienreform schreibt Papst Franziskus Kirchengeschichte

Rom, 9.2.15 (kath.ch) Mit seiner geplanten Kurienreform schreibt Papst Franziskus Kirchengeschichte. Zum vierten Mal nach 1588, als Sixtus V. der römischen Kurie ein formales Gefüge gab, erlässt ein Papst eine Konstitution für die römische Zentralverwaltung. Wann die neuen Richtlinien erscheinen, die die Konstitution «Pastor bonus» von 1988 ersetzen, und an denen ein eigener Kardinalsrat (K9-Rat) arbeitet, ist unbekannt. Ebenso wenig weiß man, wie einschneidend die Veränderungen sein werden. Sicher ist nur, dass die Reform nicht vor 2016 fertig sein soll. Es handelt sich um ein Mammutprojekt.

Johannes Schidelko

Von den Anfängen an waren die Päpste bei ihrem Dienst für die römische Kirche auf Mitarbeiter und Unterstützung angewiesen, etwa auf Notare oder Schreiber. Zunächst betrauten sie Priester oder Diakone mit bestimmten Aufgaben, machten sie zu Legaten. Zur Behandlung größerer Belange, für Lehr- oder Rechtsfragen, riefen sie
die Bischöfe der römischen Kirchenprovinz gelegentlich zu Synoden oder Römischen Konzilien ein.

Seit dem 16. Jahrhundert gibts permanente Ressorts

Mit Beginn des zweiten Jahrtausends wuchs die Bedeutung der Kardinäle, denen seit 1059 die Papstwahl vorbehalten ist. Schrittweise verloren die Römischen Synoden an Wichtigkeit. Ab dem 12. Jahrhundert behandelten die Päpste alle Angelegenheiten der Kirche gemeinsam mit den Kardinälen in Konsistorien. Bis die gewachsenen Aufgaben schließlich eine Arbeitsteilung verlangten. Mit der Konstitution «Immensa aeterni Dei» richtete Sixtus V. permanente Ressorts ein, 15 Dikasterien, bestehend aus Kardinälen. Die Konsistorien wurden wieder weniger wichtig.

Nach dem Ende des Kirchenstaates 1870 und dem Ersten Vatikanischen Konzil (1870/71) unterwarf Pius X. im Jahr 1908 die Kurie einer umfassenden Revision. Er reduzierte mit dem Dokument «Sapienti consilio» die Zahl der zwischenzeitlich auf 30 angewachsenen Kongregationen, machte aus der furchteinflößenden «Inquisitions-Kongregation» die «Kongregation des Heiligen Uffiziums» und reaktivierte die Rota als Kirchengericht. Die Strukturen blieben fast 60 Jahre weitgehend unverändert. Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) und seiner Öffnung zur Welt kamen viele neue Aufgaben auf die Kirche zu, für deren Begleitung der Papst neue Behörden brauchte.

Viele neue Räte nach dem Konzil

Erste strukturelle Veränderungen gab es bereits vor dem Konzil. 1960 wurde ein «Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen» errichtet. Bald folgten Sekretariate für die Nichtchristen sowie für die Nichtglaubenden. Anfang 1967 wurden dann ein «Rat für die Laien» und eine «Kommission Gerechtigkeit und Frieden» ins Leben gerufen. Im Sommer 1967 legte Paul VI. mit der Konstitution «Regimini Ecclesiae» die Grundlagen für eine systematische Kurienreform. Den Kongregationen schaltete er das Staatssekretariat vor, und gliederte ihm das «Außenministerium» an. Die Kongregationen wurden formal gleichberechtigt. Die «Kongregation des Heiligen Ufficiums» hiess jetzt Glaubenskongregation. Die bisherige Konsistorialkongregation wurde zur «Kongregation für die Bischöfe», die Konzilskongregation zur Kleruskongregation. Die Kongregationen für Zeremonien und für die Dombauhütte wurden heruntergestuft.

In den folgenden Jahren entstanden viele neue Behörden: Das Komitee für die Familie, der Rat «Cor unum», Kommissionen für Migrantenpastoral, für Medien und für die Interpretation der Konzilsdekrete. In den 1980er Jahren kam eine Kommission für die Krankenpastoral hinzu sowie ein Kulturrat, der später mit dem Nichtglaubenden-Sekretariat verbunden wurde. Als letzte Behörde gründete Papst Benedikt XVI. im September 2010 den «Rat zur Förderung der Neuevangelisierung».

Diese Kurienreform von Paul VI. sollte nach einer mehrjährigen Erprobungsphase revidiert werden. Johannes Paul II. vollzog dies 1988 mit dem Dokument «Pastor bonus» – und mit wenig Änderungen: Das Staatssekretariat wurde weiter aufgewertet, die drei Gerichtshöfe und die neun Kongregationen blieben wie bisher. Die bisherigen Kommissionen, Sekretariate und Komitees wurden in den Rang von Päpstlichen Räten erhoben – zuletzt waren es zwölf. Diese Konstitution will Franziskus jetzt mit Hilfe des K9-Rates reformieren und neu fassen. (cic)

Kuppel des Petersdoms | © Bernard Bovigny
9. Februar 2015 | 12:25
Lesezeit: ca. 2 Min.
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K9-Rat tritt zu achter Konferenzrunde zusammen

Rom (kath.ch) Der mit der Vorbereitung der Kurienreform beauftragte Kardinalsrat (K9-Rat) ist am Montag zu seiner achten Konferenzrunde zusammengetreten. Bis Mittwoch beraten die neun Kirchenvertreter, unter ihnen der Münchener Reinhard Marx, über neue Strukturen für die vatikanische Zentrale. Der K9-Rat war im April 2013 genau einen Monat nach der Papstwahl gegründet worden, um die Kurienkonstitution «Pastor bonus» aus dem Jahre 1988 zu überarbeiten und neuzufassen.

Während des Vorkonklaves hatten etliche Kardinäle unzureichende Strukturen im Vatikan-Apparat für Pannen im Pontifikat von Benedikt XVI. (2005-13) verantwortlich gemacht. Dazu zählten sie insbesondere den Diebstahl und die Veröffentlichung vertraulicher Papstdokumente (Vatileaks-Affäre) und den Skandal um den Holocaustleugner Richard Williamson, der vom Vatikan aufgrund mangelnder interner Kommunikation teilrehabilitiert worden war.

Aus den Beratungen des K9-Rats ist bereits die Gründung eines vatikanischen Wirtschaftsrates und einen Wirtschaftssekretariats hervorgegangen. Bei den nächsten Sitzungen stehen weitere Diskussionen über die vatikanischen Dikasterien, insbesondere über die Päpstlichen Räte und das Staatssekretariat an. Die Arbeiten an der Kurienreform sollen mindestens bis 2016 dauern.

Bei einem Konsistorium will Papst Franziskus am Donnerstag und Freitag das Kardinalskollegium über die bisherigen Planungen zur Kurienreform informieren und die Meinung seines obersten Beratungsgremium dazu einholen. (cic)