Mit gelber Perücke und gereimter Fasnachtspredigt: Diakon Thomas Hartmann
Schweiz

Mit Reimen und farbiger Fasnachtsperücke: Die närrischen Predigten von Thomas Hartmann sind sehr beliebt

Seit 25 Jahren predigt Diakon Thomas Hartmann (60) an der Fasnacht in Reimform. Die Predigten des Gemeindeleiters der katholischen Pfarrei Heilig Chrüz in Oberrieden ZH sind bei den Gläubigen äusserst beliebt. Er würde sich generell wünschen, dass etwas mehr Humor in die Kirche einzieht: Das Leben sei schon ernst genug.

Wolfgang Holz

Herr Hartmann, wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, Fasnachtspredigten zu halten? Sind Sie ein echter Fasnächtler?

Thomas Hartmann: Persönlich eigentlich nicht so sehr. Aber ich bin in Franken in Deutschland in einer Gegend aufgewachsen, wo viel närrisches Treiben herrscht.

Thomas Hartmann, Diakon und Gemeindeleiter in Oberrieden
Thomas Hartmann, Diakon und Gemeindeleiter in Oberrieden

Zum Beispiel ist eine Nachbargemeinde, Veitshöchheim, mittlerweile eine Fasnachtshochburg mit Prunksitzungen und Büttenreden, die sogar im Fernsehen übertragen werden als «Fasnacht in Franken». Ich reime und dichte einfach sehr gerne – manchmal auch zu runden Geburtstagen von Verwandten. Als Seelsorger habe ich dann vor 25 Jahren als Pastoralssistent im luzernischen Ruswil 1999 meine erste Fasnachtspredigt gehalten.

Wie lang ist denn so eine Fasnachtspredigt, und was thematisieren Sie darin?

Hartmann: Eine Fasnachtspredigt dauert etwa zehn bis zwölf Minuten. Dazu setze ich eine farbige Perücke auf. Zuerst gehe ich stets auf den Bibeltext ein in Versform. Dann berühre ich Themen aus der Weltkirche und was so im Dorf vor sich gegangen ist. Ich baue am Ende des Gottesdienstes auch gerne einen Witz ein. Zum Beispiel: «Wer war der erste Verkehrssünder? Sie werden staunen: Es war Jesus von Nazareth. Der war mit zwölf Anhängern unterwegs.»

«Ich sehe beim Predigen, wie die Leute schmunzeln und lachen».

Der Witz gefällt mir gut. Werden Sie auch den Missbrauch in der Kirche thematisieren?

Hartmann: Ich bin mit meiner aktuellen Fasnachtspredigt noch nicht ganz fertig. Ich werde wohl nicht darum herumkommen, dieses ernste Thema auch irgendwie einzubauen oder mindestens anzudeuten. Eine Fasnachtspredigt ist immer eine längere Angelegenheit, weil ich diese ja nicht an einem Stück schreibe, sondern peu à peu. Letzten November habe ich damit begonnen. Wenn ich einen spontanen Einfall habe, baue ich den in die Predigt ein und reime weiter.

Jesus und seine zwölf Apostel.
Jesus und seine zwölf Apostel.

Wie sind denn die Reaktionen der Gläubigen?

Hartmann: Immer sehr gut. Ich bekomme viele positive Feedbacks von den Mitfeiernden. Und ich sehe beim Predigen, wie die Leute schmunzeln und lachen. Die Predigt stelle ich danach ins Internet, damit man sie noch nachlesen kann. Damit sich der Aufwand lohnt, trage ich die Predigt zweimal vor: Einmal kommenden Samstag in Thalwil in St. Felix und Regula, und am Sonntag dann in meiner Heilig Chrüz-Gemeinde in Oberrieden*.

«Es gibt ja jeden Sonntag eine frohe Botschaft zu verkünden. Ich denke, das gelingt mir ganz gut. Ich predige gerne.»

Könnte man nicht öfters solch lustige Predigten halten, wenn sie bei den Gläubigen so gut ankommen?

Hartmann: Das wäre sicher wünschenswert. Aber ich habe natürlich nicht die Zeit, jeden Sonntag eine Predigt in Reimform zu entwerfen. Andererseits bemühe ich mich jeden Sonntag, bei meinen Predigten in einen lebendigen Dialog mit der Gemeinde zu treten. Es gibt ja jeden Sonntag eine frohe Botschaft zu verkünden. Ich denke, das gelingt mir ganz gut. Ich predige gerne.

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Sollte man nicht mehr in der Kirche lachen?

Hartmann: Ich persönlich lache gerne. Und ja, die Kirche könnte vielleicht generell etwas lustiger und fröhlicher sein – das Leben ist schon ernst genug.

*Predigt in Reimen: Samstag, 10. Februar, 18 Uhr, katholische Kirche Thalwil. Sonntag, 11. Februar, 10 Uhr, katholische Kirche Oberrieden.


Mit gelber Perücke und gereimter Fasnachtspredigt: Diakon Thomas Hartmann | © zVg
3. Februar 2024 | 14:00
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