In der Talksendung "Anne Will" ging es rund zu und her
Schweiz

Nora Illi lobt Zivilcourage der IS-Kämpfer

Zürich, 7.11.16 (kath.ch) Die letzte ARD Talk-Sendung «Anne Will» (6. November) hat im Netz heftige Kritik ausgelöst. Die Frauenbeauftragte des Islamischen Zentralrats (IZRS), Nora Illi, war vollverschleiert anwesend, sprach über die Freiheit der Frauen im Niqab und lobte die Menschen, die in den IS ziehen, für ihre «Zivilcourage».

Francesca Trento

«Für mich bedeutet der Niqab Freiheit und Selbstbestimmung», sagte Illi, selbst vollverschleiert, in der Fernsehsendung. Dagegen stellte sich der Islamismus Experte Ahmad Mansour, ebenso Gast der Sendung. «Das ist nicht Freiheit, das ist Unterdrückung», meinte er und wurde mit Publikumsapplaus belohnt.

Illi kritisierte das Burka-Verbot stark, das in der Schweiz eine grosse Diskussion ausgelöst hatte. «Muslime werden  durch solche Verbote aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Und da beginnt Radikalisierung», so Illi. Mansour entgegnete, dass sich verschleierte Muslime selbst ausgrenzen. Mit verschleiertem Gesicht habe man keine Identität. Identität aber brauche jemand, der sich in der Gesellschaft integrieren wolle, so Mansour weiter. Gemäss Illi ist die Vollverschleierung ein theologisches Zeichen. Die theologische Begründung dafür konnte sie Mansour jedoch nicht geben.

«Sie grenzen sich selbst aus»

In der Sendung war auch Sascha Mané anwesend, der seine Tochter 2015 an den Islamischen Staat (IS) verloren hatte. So war das Thema Radikalisierung von Jugendlichen und die Gründe dafür ebenso Thema. «Es ist unsere Aufgabe als Muslime, den Jugendlichen, die sich zu einem radikalen Islam hingezogen fühlen, einen Glauben anzubieten, der nicht zur Radikalisierung führt», so Mansour.

Dabei konnte der Islamexperte es nicht lassen, Illi explizit von seinem eigenen Islamverständnis auszugrenzen. «Wir sind hier vier Muslime, obwohl Sie (Illi) nicht zu meinem Islamverständnis gehören». Illi fühlte sich dadurch wieder abgewertet und ausgegrenzt und verglich Mansour mit den radikalen Muslimen, die ebenso alles für schlecht empfänden, was anders sei.

Es gibt keinen Islam, es gibt verschiedene Islamverständnisse

Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker und ebenso Gast in der Sendung, verstand Illi und ihre Anschuldigungen nicht, die Gesellschaft schliesse Muslime aus. «Sie machen sich Sorgen über die Ausgrenzung von Muslimen in Deutschland, wo sie Moscheen haben und in einem Land mit Religionsfreiheit leben? Wir müssten uns eher über Christen Sorgen machen, die die meist verfolgte Religionsgemeinschaft auf der Welt ist», so Bosbach.

Ins gelobte Syrien zu ziehen, als einziger Ausweg

Nora Illi, die sich und andere muslimische Frauen während der Sendung als Opfer darstellte, erzählte von einer jungen Frau. Diese habe sich in der Schweiz nicht akzeptiert gefühlt, weil sie wegen ihrem Kopftuch keine Lehrstelle gefunden und familiäre Probleme gehabt habe. Somit empfand sie «die Reise nach Syrien, ins gelobte Land, als einzigen Ausweg». Mansour platzte fast der Kragen: «Was genau ist ‘gelobt’ an Syrien?»

Bitterharte Langzeitprüfung hört sich an wie der Ironman!

Der Höhepunkt der Sendung, der die Anwesenden aufbrachte und auch den Aufruhr im Netz auslöste, war eine Nachricht von Illi, die sie auf der Homepage des IZRS veröffentlicht hatte.

Laut Illi zeigen die Menschen, die ins «gelobte» Land in den Krieg ziehen, «Zivilcourage». Und sie beschreibt den Krieg als «eine bitterharte Langzeitprüfung mit Hochs und Tiefs». Bosbach rief aufgebracht: «’Bitterharte Langzeitprüfung’ hört sich an wie der Ironman». Für Mansour und auch Mané war dies ein «ganz klarer Aufruf», nach Syrien zu ziehen. «Das kann man doch im öffentlichen Fernsehen nicht zeigen!», kritisierte Mansour die Sendung. Illi konnte sich nur mit Mühe gegen Anschuldigungen verteidigen. Sie versuchte ihre Worte so zu drehen, dass sie nicht als Aufruf zur Gewalt wirken sollten. Glauben schenkten ihr die Gäste der Sendung jedoch nicht.

In der Talksendung «Anne Will» ging es rund zu und her | © printscreen
7. November 2016 | 13:41
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Die Nachricht von Nora Illi auf der IZRS-Homepage

«Muslime sind – und da gibt es nicht schön zu reden – weltweit massivsten Repressionen ausgesetzt […] Kein Wunder also, dass die Versuchung riesig sein muss, aus diesem Elend auszubrechen, ja die Hijra (also die Einreise in ein islamisches Land) nach dem Vorbild des Propheten (saws) zu vollziehen um dann im gelobten «bilaad ash-Sham» (Syrien) gegen die Schergen Asads und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Daran ist aus islamischer Sicht auch gar nichts auszusetzen. Eine solche Überzeugung muss man, in den hiesigen Kontext übersetzt, als Zivilcourage hochloben.

Doch die so einfach scheinenden Narrative aus Facebook und Youtube können die brutale Kriegsrealität vor Ort nur für kurze Zeit überblenden. Bald schon wird einem angereisten Teenager klar sein, dass der Krieg nichts mit der einst in der geheizten Stube verklärten Wunschträumerei zu tun hat, sondern eine bitterharte Langzeitprüfung mit ständigen Hochs und Tiefs ist.» (ARD/ft)