Martin Dudle-Ammann
Schweiz

Martin Dudle: «Daniel Sarbach betreibt eine massive Machtpolitik und will den Pfarrer loswerden»

Der Streit im Kirchgemeinderat von Hergiswil ist eskaliert und könnte vor Gericht landen. Jetzt meldet sich Martin Dudle-Ammann zu Wort. «Es gibt einen kleinen Kern, der die aktuelle, kirchliche Ausrichtung bis aufs Blut bekämpft», sagt der ehemalige Präsident der Kirchgemeinde. Und: «Es braucht einen Rücktritt von Daniel Sarbach, damit Hergiswil einen Neuanfang machen kann.»

Charles Martig

Sie sind im Mai 2022 als Kirchgemeindepräsident von Hergiswil abgewählt worden. Was sind die Gründe dafür?

Martin Dudle-Ammann: Ich konnte wahrscheinlich meine Inhalte zu wenig unters Volk bringen. Ich hatte die Situation unterschätzt. Vor einem Jahr bin ich davon ausgegangen, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen mir, dem Pfarrer und dem Kirchenrat Beweis genug ist, um wieder gewählt zu werden. Da hat mein Gegner Daniel Sarbach offensichtlich den besseren Wahlkampf geführt.

Tempi Passati: Wahlkampfplakat am Bahnhof in Hergiswil.
Tempi Passati: Wahlkampfplakat am Bahnhof in Hergiswil.

Es gab Vorwürfe wegen Ihrer Plakatkampagne und einer Wahlempfehlung durch den reformierten Pfarrer. Was bleibt davon bei Ihnen zurück?

Dudle: Bei mir bleibt ein innerer Friede. Der Wahlkampf ist vorbei. Rückblickend bin ich der Meinung, dass ich mit offenem Visier gekämpft habe. Möglicherweise waren die Plakate etwas zu viel für Hergiswil. Aber so ist halt eben der Wahlkampf.

Warum äussern Sie sich jetzt in diesem Interview zum Kirchenstreit in Hergiswil?

Dudle: Ich habe den Eindruck, dass kath.ch sehr einseitig über den Konflikt berichtet hat. Deshalb möchte ich auch die andere Seite darstellen. Ich melde mich jetzt ausschliesslich bei kath.ch, um eine Ausgewogenheit zu erreichen.

Warum ist die Kirchgemeinde in Hergiswil so stark zerstritten?

Dudle: Das muss man etwas relativieren. Die Mehrheit der Bevölkerung in Hergiswil ist sehr zufrieden mit der Kirche. Es gibt einen kleinen Kern, der die aktuelle, kirchliche Ausrichtung bis aufs Blut bekämpft. Die Unruhe kommt aus einer kleinen Oppositionsgruppe.

Feuer unterm Dach in der katholischen Kirche St. Nikolaus in Hergiswil: Der Kirchgemeinderat ist zerstritten.
Feuer unterm Dach in der katholischen Kirche St. Nikolaus in Hergiswil: Der Kirchgemeinderat ist zerstritten.

Wie schätzen Sie die Arbeit von Daniel Sarbach in seinem ersten Amtsjahr als Kirchgemeindepräsident ein?

Dudle: Daniel Sarbach hat die Versprechen, die er abgab, überhaupt nicht eingehalten. Er hat versprochen, dass in den Kirchenrat Ruhe eintreten würde. Aber es war noch nie so schlimm wie jetzt. Das Betriebsklima im Rat ist vergiftet. Auch inhaltlich sehe ich keine Verbesserungen. Die angebotenen Formate in der Kirche sind immer noch die gleichen wie in den letzte acht Jahren unter meinem Präsidium.

«Es war noch nie so schlimm wie jetzt»

Welche Themen sind das, die immer noch aktuell sind?

Dudle: Wir haben eine Strategie entwickelt, wie die Kirche wieder besser zugänglich gemacht werden kann, zum Beispiel durch neuartige Formate wie Volkskirche oder Abenteuerland Gottesdienst. Das war uns wichtig. Auch der Zugang zur Jugend war wichtig.

Die katholische Kirche St. Niklaus in Hergiswil NW heute (Mai 2023): Die Bäume kommen nach der Umgestaltung weg.
Die katholische Kirche St. Niklaus in Hergiswil NW heute (Mai 2023): Die Bäume kommen nach der Umgestaltung weg.

Zudem hat sich in der Arbeit nach Innen bis im Frühjahr 2022 viel bewegt. Wir haben ein Kommunikationskonzept erarbeitet, ein Mitarbeiterhandbuch eingeführt und lebten nach einem aktuellen Leitbild. Zudem wurde die wichtige Diakoniestelle geschaffen und das Konzept der musikalischen Leitung etabliert. Während dem vergangenen Jahr gab es keine Fortschritte mehr, weil sich der Kirchenrat und das Pfarreiteam mit sich selbst beschäftigt hat.

«Daniel Sarbach hat jedoch sehr schnell sein wahres Gesicht gezeigt.»

Wieso gibt es das Zerwürfnis zwischen dem Kirchgemeinderat und Daniel Sarbach?

Dudle: Der Kirchgemeinderat hat sich alle Mühe gegeben, die Mitarbeit in Gang zu setzen. Selbstverständlich hatte der Rat keine Freude, dass ich nicht mehr Präsident bin. Das gehört zur Demokratie. Aber der Wille zur Zusammenarbeit war vorhanden.

Daniel Sarbach
Daniel Sarbach

Daniel Sarbach hat jedoch sehr schnell sein wahres Gesicht gezeigt. Von Anfang war sein Ziel, den Pfarrer Stephan Schonhardt loszuwerden. Dieses Ziel will er mit allen, auch unfairen, Mitteln erreichen. Und darum ist heute der Wille zur Zusammenarbeit nicht mehr vorhanden.

Finden Sie es richtig, dass der Fall jetzt vor Gericht enden könnte?

Dudle: Offensichtlich hat es keine andere Möglichkeit gegeben. Daniel Sarbach ist nach aussen sehr nett und vereinnahmend. Nach innen betreibt er eine massive Machtpolitik, spielt die Kirchenratsmitglieder und den Pfarrer gegeneinander aus, überschreitet seine Kompetenzen, hält sich nicht ans Kollegialitätsprinzip. Die Liste könnte ich verlängern. Der Kirchgemeinderat hatte keine andere Möglichkeit als Fakten zu schaffen. Mit einem jetzt erstellten Rechtsgutachten geht es nun um Tatsachen. Das finde ich gut, denn jetzt geht es nicht mehr um das «Hörensagen». Es handelt sich um einen vernünftigen Weg.

«Ich habe Stephan Schonhardt immer als mutig und progressiv wahrgenommen.»

Wie stehen Sie zum Pfarrer Stephan Schonhardt?

Dudle: Ich habe Stephan Schonhardt als sehr offene Persönlichkeit erlebt. Er hat neue Sachen ausprobiert. Er hat sich eingebracht. Er hat eng mit dem Kirchenrat zusammengearbeitet.

Pfarrer Stephan Schonhardt während eines Gottesdienstes, 2021.
Pfarrer Stephan Schonhardt während eines Gottesdienstes, 2021.

Ich habe Stephan Schonhardt immer als mutig und progressiv wahrgenommen. Er hat jedoch immer die katholische Seite vertreten. Das habe ich immer sehr geschätzt: Der Ausgleich zwischen Neuem und dem, was er dem Bischof versprochen hat.

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Dudle: Bei Pfarrer Schonhardt ist die Messe nicht besser oder schlechter als bei anderen, guten Pfarrern. Sein Markenzeichen: Er predigt zum Teil frei, geht unters Volk. Das ist ein Zeichen von wunderbarer Offenheit, aber immer im katholischen Sinne. Ich verstehe nicht, warum ihm das vorgeworfen wird.

Braucht es in Hergiswil einen neuen Pfarrer, um die Situation zu beruhigen und einen Neuanfang zu machen?

Dudle: Es braucht überhaupt keinen neuen Pfarrer . Es gibt eine kleine Gruppe von zehn Personen, die eine Fundamentalopposition gegen den Pfarrer betreibt. Diese Gruppe will den Pfarrer weghaben. Die Mehrheit der Bevölkerung steht jedoch hinter ihm.

«Hergiswil braucht überhaupt keinen neuen Pfarrer.»

Muss der Kirchenrat ausgetauscht werden?

Dudle: Nein, der Kirchgemeinderat hat in den vergangenen Jahren gut gearbeitet und sich wieder aufgerappelt. Es handelt sich um eine Person, die gehen sollte. Das ist der Präsident: Daniel Sarbach. Er bringt Unfrieden, er ist untragbar in diesem Gremium. 

«Daniel Sarbach bringt Unfrieden, er ist untragbar in diesem Gremium.»

Haben Sie selber Ambitionen, wieder Kirchgemeindepräsident zu werden?

Dudle: Nein, Jesisgott, das habe ich jetzt hinter mir!

Der Pfarrer hat seine Missio vom Bistum Chur. Ist der Konflikt von Hergiswil ein Problem zwischen Bistum und Kirchgemeinde? Gibt es ein Problem im dualen System?

Dudle: Ich schätze das duale System sehr. Ich finde es eines der besten, das es gibt. Oder noch präziser gesagt: Das duale System ist das beste aller schlechten Systeme. Das ist nicht das Problem von Hergiswil. Die Schnittstelle zwischen kirchlichem und weltlichem Bereich funktioniert hervorragend. 

Wenn das so hervorragend funktioniert, warum versagt dann diese Schnittstelle in Hergiswil?

Dudle: Es funktioniert nur dann nicht, wenn ein Präsident des Kirchenrats dem Pfarrer erklären will, wie er die Kirche führen oder die Messe gestalten soll. Das geht die weltliche Seite nichts an. Es darf einem Präsidenten nie in den Sinn kommen, dem Pfarrer zu erklären, wie er seine Messen halten soll. Umgekehrt soll auch der Pfarrer dem Kirchenrat nicht dreinreden, wie das Geld verwendet werden soll.

«Es muss ein Miteinander sein zwischen kirchlicher und weltlicher Seite.»

Was wünschen Sie sich für Hergiswil?

Dudle: Es muss ein Miteinander sein zwischen kirchlicher und weltlicher Seite. Und die gegenseitige Kontrolle ist gut, weil sie ausgleichend wirkt. Das System funktioniert, wenn ausgeglichene Persönlichkeiten im Rat vertreten sind. Es braucht einen Rücktritt von Daniel Sarbach, damit Hergiswil einen Neuanfang machen kann.


Martin Dudle-Ammann | © zVg
8. Juli 2023 | 11:00
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