Provokation ist Pflicht: Madonna und Britney Spears küssen sich 2003 bei den MTV Video Music Awards.
Porträt

Like a Prayer: Skandal-Katholikin Madonna wird 65

Madonna ist eine der erfolgreichsten Musikerinnen der Welt. Aufgewachsen ist sie in einer katholischen Familie. Glaube, Kirche und Papst sind wichtige Themen ihres künstlerischen Schaffens. Gleich drei Mal sei sie exkommuniziert worden. Sie selbst sieht sich als «gute Katholikin».

Paula Konersmann

Ein schwarzer Jesus, Küsse zwischen einer Tänzerin und einem Heiligen, Stigmata und brennende Kreuze: Das Musikvideo zu «Like a Prayer» sorgte 1989 für einen der grössten Skandale der Popmusik. 30 Jahre später, als Madonna den Hit beim Eurovision Song Contest präsentierte, wurden auch Gasmasken sowie Flaggen von Israel und Palästina zu Bühnenrequisiten.

Sexy-katholisch: Madonna weiss zu provozieren.

Reine Provokation? Oder ein Anlass für ernsthafte Auseinandersetzung? Immer wieder sorgt die Künstlerin für Skandale – zuletzt allerdings eher für Sorge. Nach einer Infektion, die im Krankenhaus behandelt wurde, musste sie Konzerttermine verschieben. Am Mittwoch wird sie 65 Jahre alt.

Von Michigan nach New York

Geboren in Michigan, wuchs das Mädchen mit dem bürgerlichen Namen Madonna Louise Ciccone mit strenggläubigen Eltern und sieben Geschwistern auf. Mit fünf Jahren verlor sie ihre Mutter – eine Erfahrung, die sich in jenen ruhigeren Songs spiegelt, die von der Suche nach Geborgenheit handeln – freilich eher nicht die Lieder, denen Madonna ihren Erfolg verdankt. Schon auf der Highschool-Theaterbühne erfolgreich, beschloss sie, nach der Schule als Tänzerin zu arbeiten.

Provozierten wegen ihrer religiösen Mehrdeutigkeit: Madonnas Lieder

In New York bekam sie Anfang der 1980er Jahre erste Engagements und veröffentlichte erste Songs, darunter den Discohit «Everybody» und «Holiday», der ihr erster Top-10-Erfolg werden sollte. 1984 erschien «Like a Virgin», das auch dank des Musikvideos zum Skandal und gleichermassen zum Erfolg wurde: Darin zeigte sich die Sängerin in einem alles andere als züchtigen Brautkleid und mit baumelnden Kruzifixen als Schmuck, tanzte lasziv auf einer venezianischen Gondel.

Eine authentische Verwandlungskünstlerin

Wie auch andere Künstler dieser Generation und dieses Formats wurde Madonna zur Verwandlungskünstlerin, inszenierte sich unter anderem als Marilyn Monroe («Material Girl», 1985), als Fetisch-Ikone («Erotica», 1992) und schliesslich als Mystikerin («Ray of Light», 1998). Als Schauspielerin schlüpfte sie in so unterschiedliche Rollen wie das unabhängige 80s-Girl («Desperately Seeking Susan», 1985), den Baseball-Vamp («Eine Klasse für sich», 1992) oder Evita Peron («Evita», 1996).

Blockbuster-Erfolg: Madonna als Eva Peron in «Evita» (1996).

Stets balancierte die Musikerin zwischen Provokation und augenzwinkernder Pop-Inszenierung – und mitunter liess sie echtes Interesse an ernsthaften Themen durchblicken. So wandte sie sich mit der Geburt ihrer ersten Tochter 1996 der jüdischen Kabbala-Mystik zu. Später adoptierte sie mehrere Kinder aus Malawi.

Hass-Liebe zur katholischen Kirche

An der katholischen Kirche arbeitete Madonna sich indes weiterhin ab. Empörung riefen unter anderem Auftritte bei ihrer Europa-Tournee 2006 hervor, als sie sich in Jesus-Pose am Kreuz und mit Dornenkrone zeigte. 2008 sorgte sie bei einem Konzert in Rom für Aufsehen, indem sie «Like A Virgin» für Papst Benedikt XVI. sang. «Ich widme dieses Lied dem Papst, weil ich ein Kind Gottes bin», sagte sie damals mit ironischem Unterton.

Im vergangenen Jahr wandte sie sich mit einem Tweet direkt an Papst Franziskus: Darin bezeichnete sie sich als «gute Katholikin» und bat das Kirchenoberhaupt um ein Beichtgespräch. «Seit meiner letzten Beichte sind einige Jahrzehnte vergangen», so die Sängerin. «Wäre es möglich, sich eines Tages zu treffen, um einige wichtige Dinge zu besprechen?» Sie sei bereits dreimal von der katholischen Kirche exkommuniziert, also aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen worden. Dies empfinde sie als unfair.

Madonna würde nach «ein paar Jahrzehnten» mal wieder beichten – am liebsten direkt beim Papst.

Ernstere Töne schlug die Musikerin zuletzt an, wenn Debatten um ihr Alter als Künstlerin – und als Frau – aufkommen. Die Welt weigere sich, «Frauen jenseits der 45 zu feiern» und bestrafe diese gar, «wenn sie weiterhin willensstark, fleissig und abenteuerlustig sind», kritisierte Madonna nach ihrem Auftritt bei den Grammys im Frühjahr. Medien und auch manche Fans hatten sich darüber mokiert, dass sie kaum wiederzuerkennen sei. Sie werde sich nie dafür entschuldigen, wie sie aussehe, betonte die Künstlerin – und sie hoffe, dass Frauen nach ihr es leichter haben würden.

Zuletzt veröffentlichte sie mit Sam Smith den Song «Vulgar». Ein Titel, der bei Madonna bisweilen Programm war – wie sie schon aus Anlass der Debatten um «Like a Prayer» erklärte: «Kunst sollte kontrovers sein, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.» (kna)


Provokation ist Pflicht: Madonna und Britney Spears küssen sich 2003 bei den MTV Video Music Awards. | © Keystone/ Julie Jacobson
16. August 2023 | 07:16
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